44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
antwortete der junge Mann.
„Allein?“
„Ganz allein.“
„Mit welcher Waffe?“
„Mit der Büchse, welche der berühmte Häuptling der Mixtekas mir lieh. Er ist Zeuge.“
Da wandte sich der Alte an ‚Büffelstirn‘ und sagte:
„Der Häuptling der Mixtekas ist Zeuge von dem Kampf mit dem Bären, denn die Tatzen desselben liegen zu seinen Füßen. Er mag uns erzählen, was er gesehen hat!“
‚Büffelstirn‘ erzählte mit kurzen Worten das Vorkommnis, vermied aber dabei alles, was den jungen Mann kränken konnte. Als er geendet hatte, erhob sich ‚Bärenherz‘ und sagte:
„Der Sohn des ‚Fliegenden Pferdes‘ hat den Grizzly erlegt; er hat dazu eines einzigen Schusses bedurft; das ist mehr, als wenn er zwanzig feige Söhne der Comanchen getötet hätte; sein Herz ist stark, seine Hand fest und sein Auge sicher, er verdient, aufgenommen zu werden unter die Schar der Krieger. ‚Bärenherz‘ will, daß sein junger Bruder einen Namen erhalte.“
Das war sehr schmeichelhaft für Vater und Sohn, denn beide hatten als Beteiligte kein Recht, den Antrag zu stellen, welchen ‚Bärenherz‘ jetzt ausgesprochen hatte. Er erhielt allgemeinen Beifall. Der Besieger des Bären stand noch immer aufrecht am Feuer. Sein Auge glänzte vor Stolz und Freude, und er sagte:
„‚Bärenherz‘, mein Bruder, ist berühmt unter den Berühmten; seiner Rede verdanke ich es, daß ich einen Namen haben werde. Wann soll das Fest des Namens gefeiert werden?“
„Sobald die Söhne der Apachen heimgekehrt sind in ihre Wigwams“, antwortete der Alte.
„Darf einer, der keinen Namen hat, gegen die Hunde der Comanchen ziehen?“
„Nein.“
„Aber ich will jetzt ‚Bärenherz‘, meinen Freund, nach Mexiko begleiten; darum soll man mir bereits morgen einen Namen geben!“
„Das ist nicht Sitte; aber die Tatzen des Bären gehören dem Häuptling der Mixtekas, er ist unser Gast und mag entscheiden, wann er einen Namen für dich hat.“
Da sagte ‚Büffelstirn‘:
„Diesen Namen habe ich bereits. Mein junger Freund hat den Grizzly überwunden, und darum soll er Grizzly-tastsa, der ‚Grizzlytöter‘ heißen. Ich werde ihm morgen diesen Namen geben, und wenn mein Bruder, das ‚Fliegenden Pferd‘, erlaubt, so soll ‚Grizzlytöter‘ mit uns nach Mexiko reiten, um sich die Seele des Comanchen zu holen, nachdem er sich die Haut des Bären genommen hat.“
Dieser Vorschlag des berühmten Häuptlings war abermals eine ehrenvolle Auszeichnung für den jungen Apachen und wurde darum sofort angenommen.
Damit war die Beratung beendet, aber noch lange saßen die Männer beisammen, um sich in ihrer ernsten, ruhigen Weise über den beabsichtigten Kriegszug auszusprechen. Einige aber brachen trotz der Dunkelheit nach der Schlucht auf, um den von ‚Büffelstirn‘ getöteten Stier und den abgezogenen Bären herbeizuschaffen. Es geschah dies durch Schleifen, welche man aus freier Hand fertigte und an die man mittels Lasso die Pferde spannte.
Darauf trat die nächtliche Stille ein. ‚Büffelstirn‘ schlief im Zelt ‚Bärenherzens‘, und das Lager war von Posten bewacht, welche sich stündlich abzulösen hatten.
Am anderen Morgen wurde die Feier der Namensgebung vorgenommen, bei welcher die beiden gebratenen Bärentatzen eine Hauptrolle spielten. ‚Grizzlytöter‘ erhielt die beste Büchse seines Vaters und als Häuptlingssohn das Recht, eine Adlerfeder in seinem Haarschopf zu tragen. Am Nachmittag begannen die Kriegsmalereien. Es waren gegen zweihundert Krieger, welche bei Anbruch des Tages abziehen sollten, und sie alle hatten vollauf zu tun, ihre Kleider und Waffen mit den Trophäen früherer Siege zu schmücken.
Als diese Schar am anderen Morgen das Lager verließ, wurde sie von den übrigen eine Strecke lang begleitet, und erst nach der Trennung formierte man den bekannten, indianischen Zug, ein Reiter hinter dem anderen. Der älteste Krieger erhielt das Kommando über die Schar; ‚Büffelstirn‘, ‚Bärenherz‘ und ‚Grizzlytöter‘ aber ritten im Galopp davon, um eine halbe Tagereise vor den ihrigen die Gegend zu erkunden und für die nötige Sicherheit zu sorgen.
Da man die offene Prärie nicht benutzen durfte, so führte der Zug in das Gebirge und über die verschiedenen Stufen desselben empor auf die Hochebene; dies gab einen Aufenthalt, eine Verspätung, welche man aber der Vorsicht halber keineswegs umgehen konnte, und erst am fünften Tag nach dem Aufbruch wurde die Wüste Mapimi erreicht, und zwar
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