44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
zielte zwischen die Rippen auf die Herzgegend, drückte los und sprang in demselben Augenblick zur Seite, den zweiten Lauf fest auf das Tier gerichtet.
Dieses tat noch einen, zwei – fünf Schritte vorwärts, blieb dann stehen, stieß ein tiefes, röchelndes Brummen aus, wobei ihm ein dicker Blutstrom aus dem Rachen quoll, und brach dann zusammen.
„Das war gut!“ rief ‚Büffelstirn‘. „Der Bär ist gerade in das Herz getroffen. Mein Bruder hat ein sicheres Auge und eine feste Hand. Er hat nicht gezittert und wird einst ein berühmter Krieger werden. Er hat nun das Recht, einen Namen zu erhalten, und ich werde sein Freund sein, so lange der große Manitou mir das Leben schenkt!“
Der Apache hatte angesichts des furchtbaren Raubtieres nicht gezittert, jetzt aber bebte er vor Freude.
„Ist er wirklich tot?“ fragte er.
„Ja. Mein Bruder kann sich das Fell nehmen und den geräucherten Kopf als Siegeszeichen aufbewahren, als Erinnerung an die erste Heldentat, die er verrichtete.“
Der Apache gab ihm die Büchse zurück und kniete vor dem Bären nieder, in welchem in Wirklichkeit keine Spur von Leben mehr war. Dieser Wilde war mehr erfreut als mancher Weiße, der die Insignien des höchsten Ordens erhalten hat. Er machte sich sogleich daran, seiner Beute das Fell abzuziehen.
‚Büffelstirn‘ lud seine Flinte und schlich zu seinem Pferd, er band es los und ritt davon. Er wollte das Entzücken des Apachen nicht stören, und dieses war so groß, daß derselbe sich gar nicht um den Davonreitenden bekümmerte.
Als ‚Büffelstirn‘ den Rand der Prärie erreichte, war die Sonne bereits hinter dem Horizont verschwunden, in einer halben Stunde mußte es Nacht sein. Man sah die Apachen beschäftigt, die erlegten Büffel mittels des Lassos von ihren Pferden in die Nähe der Zelte schleifen zu lassen. Der Mixteka gab sich jetzt keine Mühe mehr, nicht gesehen zu werden, er sprengte gerade auf die Zelte zu, wo sich bereits einige hundert Krieger mit ihrer Beute versammelt hatten, und sprang dort vom Pferd.
Vor dem zweiten Zelt stand ein junger Häuptling mit drei Adlerfedern im Schopf. Es war ‚Bärenherz‘. Er trat auf ‚Büffelstirn‘ zu und streckte ihm die Hand zum Willkommen entgegen.
„Mein Herz hat sich gesehnt nach dir“, sagte er. „Ich danke dir, daß ich dich wiedersehe. Sei der Gast meines Zeltes und rauche das Kalumet mit meinen Brüdern.“
Die Krieger, welche im Kreise umherstanden, betrachteten mit Ehrfurcht den berühmten Häuptling der Mixtekas und bildeten eine Gasse, als ‚Bärenherz‘ ihn zu den beiden anderen Häuptlingen führte, welche vor dem Zelt des ‚Fliegenden Pferdes‘ saßen. Sie erhoben sich, obgleich der Alte den Mixteka bereits gesehen hatte, und reichten ihm die Hände. In kurzer Zeit brannte ein Feuer, viele Büffelrippen brieten über demselben, es wurden noch mehrere angebrannt, immer eins neben dem andern, und bald hatte sich ein Halbkreis von Feuern gebildet, in dessen Mittelpunkt die drei Häuptlinge mit dem Gast saßen. Das bratende Fleisch verbreitete einen Geruch, der auch dem verwöhntesten Gaumen Appetit gemacht hätte, und die Flammen warfen ihre Reflexe auf die Prärie, wo kein Krieger sich mehr befand und nur die feigen Präriewölfe hin- und herhuschten, angelockt von der Ausdünstung des vergossenen Büffelblutes.
Nur einer fehlte, der Sohn des ‚Fliegenden Pferdes‘. Sie alle wußten es, aber keiner sagte ein Wort. Es wurde überhaupt bei der Zubereitung des Mahles keine Silbe gesprochen. Die geselligen Zusammenkünfte und Vergnügungen der wilden Indianer werden überhaupt stets durch ein sehr angelegentliches Schweigen eingeleitet. Nur dann, wenn das Fleisch gar ist, hat der oberste Häuptling das Recht, die Unterhaltung zu beginnen.
Da plötzlich wurden aller Augen nach einer grotesken, fürchterlichen Gestalt gerichtet, welche langsam dahergeschritten kam. Es war der junge Apache. Er hatte dem Bären das Fell abgenommen, den Kopf aber darangelassen. Diesen Kopf hatte er sich auf den seinigen gesetzt, so daß ihn das Fell wie ein weiter, ungeheurer Mantel umgab. Der Bär war so groß gewesen, daß dieser Mantel eine Elle lang am Boden nachschleifte.
Am Feuer der Häuptlinge hielt er an. Er wunderte sich, den fremden Helfer bei ihnen sitzen zu sehen, verriet das aber durch keine Miene. Er hatte die beiden Tatzen des Bären in der Hand und legte sie vor ‚Büffelstirn‘ nieder. Das war eine ehrenvolle und für die anderen sehr
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