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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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an der Fensterscheibe zu trommeln. Dies war ein sicheres Zeichen seiner schlechten Laune, und wenn er an dieser litt, so bekam sie die bekannten Vorwürfe zu hören, aus denen sie sich aber nicht viel machte. Es gab ihr vielmehr Spaß, zu beobachten, mit welchen wunderbaren Einleitungen und Sprüngen er immer wieder auf das Heiratsthema kam.
    „Fürchterlicher Wind!“ brummte er verdrießlich.
    Sie antwortete nicht; darum fügte er nach einer Weile hinzu:
    „Fast ein Sturm!“
    Sie zog auch jetzt noch vor, zu schweigen; daher richtete er die direkte Frage an sie: „Nicht wahr, Resedilla?“
    „Ja“, antwortete sie einsilbig.
    „Ja? Was denn?“ fragte er, aufgebracht über die Kürze ihrer Antwort.
    „Nun, fürchterlicher Sturm.“
    „Gut! Und ebenso fürchterlicher Staub!“
    Sie antwortete abermals nicht; darum wendete er ihr das Gesicht zu und sagte:
    „Wenn du dir kein besseres Mundwerk anschaffst, wie willst du denn da mit deinem Mann verkommen, wenn du einmal heiratest?“
    „Eine schweigsame Frau ist besser als eine Plaudertasche!“ antwortete sie.
    Er hustete einige Male. Er fühlte sich geschlagen und war verlegen um die Fortsetzung des Gespräches. Darum fing er nach einer Weile abermals an. „Außerordentlicher Wind! Unendlicher Sturm!“
    Sie hielt diese geistreiche Bemerkung keiner abermaligen Antwort für wert. Er schüttelte den Kopf, trommelte an die Scheibe und sagte: „Und kein einziger Gast da!“
    Da sie auch hierauf keine Antwort hatte, drehte er sich ihr wieder zu und fragte: „Habe ich nicht recht? Oder siehst du etwa einen Gast hier in der Stube?“
    „Hältst du mich etwa für blind?“ lachte sie jetzt.
    „Na also! Kein Gast, gar keiner! Das ist schlimm für ein Mädchen, das sich nach einem Mann umzusehen hat! Oder hast du bereits –?“
    „Nein“, antwortete sie abweisend.
    „Nicht? Warum nicht?“
    „Ich mag keinen!“
    „Keinen! Hm! Dummheit! Ein Mann ist für ein Mädchen das, was für einen Schuh die Sohle ist.“
    „Man muß auf ihn treten, nicht?“ lachte sie.
    „Dummheit! Ich meine, man kann ohne ihn nicht laufen.“
    Aber trotz seiner Rechtfertigung fühlte er doch den Stich, den er erhalten hatte. Das wurmte ihn, und er sann darüber nach, wie er von neuem auf eine unbemerkte Weise auf sein Thema kommen könne, als ein Holzriegel draußen herabfiel, welchen der Sturm vom Dach gerissen hatte.
    „Hast du es gesehen?“ fragte er.
    „Was?“
    „Den Riegel da draußen?“
    „Ja.“
    „Nun ist ein Loch im Dach. Wer muß es reparieren, he? Ich, allein!“
    „Wer sonst? Doch wohl nicht ich?“
    „Du? Dummheit! Der Schwiegersohn! Denn seine Pflicht ist es, auf Ordnung zu sehen. Wo kein Schwiegersohn ist, da ist auch keine Ordnung. Verstanden?“
    Der gute Papa Pirnero war ein wenig sparsam, und der kleine Schaden, den ihm der Sturm verursacht hatte, ärgerte ihn. Wenn etwas derartiges vorlag, dann wurde er doppelt sprachfertig, und dann sprach er auch von Dingen, über welche er sonst sein gewöhnliches Schweigen zu beobachten pflegte. Darum fuhr er jetzt fort: „Aber ein ordentlicher muß es sein, Schwiegersohn nämlich! Nicht so ein abgerissener und zerlumpter wie der lange Kerl, der jetzt zuweilen kommt!“
    Er bemerkte gar nicht, daß ein leichtes Rot die Wangen der Tochter überflog. Dieser zerlumpte Kerl schien ihr denn doch nicht so ganz gleichgültig zu sein.
    „Du weißt doch, wen ich meine?“ fragte der Vater.
    „Ja“, antwortete sie.
    „Nun also, den nicht, den bringst du mir nicht. Ich bin Ambition gewöhnt, schon von meinen seligen Eltern her. Weißt du, was mein Vater war?“
    „Ja.“
    „Nun, was denn?“
    „Schornsteinfeger.“
    „Gut! Das sind Leute, welche hoch hinaus müssen. Und mein Großvater?“
    „Meerrettichhändler.“
    „Schön! Du siehst also ein, daß schon in ihm das Spekulationstalent gesteckt hat, durch welches ich zum reichen Mann geworden bin. Man kann eine Tochter gar nicht genug an eine solche Abstammung erinnern, das Vaterland und die Vaterstadt mit eingerechnet. Oder hast du etwa vergessen, aus welchem Land ich bin?“
    „Nein“, sagte sie, das Lachen verbeißend.
    „Nun?“
    „Aus Sachsen.“
    „Ja, aus Sachsen, wo die schönen Mädchen wachsen. So schöne gibt's nirgends, aber heiraten müssen sie, sonst werden sie schimmelig. Verstanden? Auch du bist nicht weit vom Stamm gefallen. Ich war ein hübscher Kerl, schon von meiner Mutter und Großmutter her, und darum kannst du dich auch sehen lassen,

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