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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Enttäuschung aus ihrem Gesicht zu lesen, und ihre Stimme klang kälter als vorher, als sie sagte: „So verzeiht, daß ich Euch mit meinen Fragen belästigt habe! So oft Ihr jetzt zu uns gekommen seid, habt Ihr so still und traurig dagesessen, daß es mich gedauert hat. In Eurem Auge ist es stets, als ob eine Träne hervorbrechen wolle.“
    „Ja, es mag zuweilen Menschen geben, welche eine ganze Flut von Tränen in sich tragen und doch zu stolz sind, dies merken zu lassen.“
    „O, ich habe es doch bemerkt. Und da dachte ich mir, daß Euch ein freundliches Wort vielleicht erfreuen würde. Es gibt Personen, die einem gar nicht fremd erscheinen können, Señor. Habt Ihr das noch nicht erfahren?“
    „Ja, doch erst hier bei Euch, Señorita.“
    Sie errötete. Er bemerkte es und fuhr daher entschuldigend fort:
    „Ihr dürft mir diese Worte nicht übelnehmen. Wenn sie Euch weh tun, werde ich gehen und nie wiederkommen.“
    „Nein, das dürft Ihr nicht, Señor!“ sagte sie rasch. „Es würde mir sehr angenehm sein, Euch etwas weniger traurig zu sehen, als bisher. Ihr sollt mir von Euch gar nichts sagen, aber Euren Namen möchte ich gern erfahren.“
    „Nennt mich Mason, Señorita.“
    „Mason? Ja, das ist ein französischer Name. Und Euer Vorname?“
    „Ihr wollt ihn auch noch wissen?“
    „Ja. Wir Frauen denken uns einen Mann gern bei seinem Vornamen und bringen die Bedeutung desselben mit den Eigenschaften des Trägers in Verbindung.“
    „Ich heiße Gerard.“
    „Gerard? Ah, gerade wie der ‚Schwarze Gerard‘, von dem mein Vater vorhin sprach. Ihr habt auch einen solchen schwarzen Bart, wie er ihn tragen soll. Aber könnt Ihr mir sagen, welche Bedeutung der Name Gerard hat?“
    „Er bedeutet der Kraftvolle oder der Verteidiger; so hat mir einst mein Lehrer gesagt.“
    „Der Kraftvolle? Ja, das paßt zu Euch. Und wer kraftvoll ist, der kann auch gut ein Verteidiger sein.“
    „Leider bin ich es nicht gewesen, sondern gerade das Gegenteil.“
    „Wie meint Ihr das, Señor?“
    Er blickte traurig hinaus in die Weite und antwortete: „Ich war Garotteur.“
    „Garotteur? Das verstehe ich nicht. Was bedeutet es?“
    „Ja, Eurem unschuldigen Sinn ist dies noch nie zu nahe getreten. So wißt denn, Señorita, daß in großen Städten, in denen Millionen beisammen wohnen, Hunderttausende des Abends kaum wissen, woher sie des Morgens Brot nehmen sollen. Noch schlimmer daran aber sind die Tausende, welche sich des Abends sagen: Wenn du dir nicht des Nachts dein Brot stiehlst, so mußt du morgen hungern. Diese sind die Sklaven des Verbrechens. Die meisten sind nicht ganz schuldig, und viele sind sogar unschuldig. Der Vater erzieht den Sohn und die Mutter die Tochter zum Verbrechen; ein Rechtsgefühl wird nicht entwickelt, und so leben diese Leute auf der Stufe des Fuchses oder des Löwen, deren Natur den Raub oder Diebstahl gebietet. Sie sind die Raubtierklasse des Menschengeschlechtes.“
    „Mein Gott, das muß doch sehr, sehr traurig sein!“
    „Trauriger als Sie denken.“
    „Und Ihr, Señor? Ihr wolltet doch wohl von Euch reden?“
    „Allerdings. Auch ich war ein solches Raubtier.“
    „Unmöglich!“ fuhr sie erschrocken auf.
    „Doch leider! Ich klage niemand an, doch gehorchte ich meinem Vater. Wir waren arm und lernten die Arbeit verachten. Mein Vater war schwach und stahl; ich aber war stark und garottierte; das heißt, ich ging des Nachts auf die Straßen, zog den mir Begegnenden mit einer Schlinge den Hals zusammen und leerte ihnen dann, wenn sie die Besinnung verloren hatten, die Taschen. Wir verführten auch meine Schwester. Sie widerstand uns und warf sich in den Fluß, um sich zu ertränken. Doktor Sternau, von dem vorhin Euer Vater sprach, sprang ihr nach und rettete sie.“
    „O mein Gott, wie ist dies doch so schrecklich!“ rief Resedilla.
    Sie war leichenblaß geworden. Da saß der Mann, der einzige, dem sie ihre Liebe hätte schenken mögen, und erzählte ihr, daß er ein Verbrecher sei. Warum diese fürchterliche Aufrichtigkeit? Sie schauderte an allen Gliedern.
    „Ja, schrecklich ist es“, sagte er mit jener Gleichgültigkeit, welche bereits das Schlimmste hinter sich weiß. „Aber es kam noch schlimmer. Kein ehrliches Mädchen hätte mich geliebt. Ich lernte jene Mignon kennen. Wir liebten einander, und ich gab ihr alles, was ich raubte. Dann lernte ich einst einen schlechten Menschen kennen; vielleicht erfahrt Ihr einmal, wer es gewesen ist. Er bot mir große Summen an, für

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