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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den sie Don Ferdinande nannten. Ich glaube, der alte Pirnero sagte, daß dieser Señor ein Graf Rodriganda sei.“
    Da konnte sich der Lord nicht mehr länger halten.
    „Wunderbar, höchst wunderbar!“ rief er, seine Tochter fest in die Arme schließend. „Was werden wir alles erfahren, Amy!“
    Sie aber wandte sich mitten in der Umarmung mit dem Gesicht zu dem Jäger und fragte:
    „Gibt es sonst keinen mehr zu nennen, keinen?“
    „Noch einen, Miß, aber der ist nun auch der letzte.“
    „Wer ist es? Wer? Um Gottes willen, reden Sie.“
    „Das war ein sehr schöner, junger Mann, welcher trotz der Verschiedenheit der Jahre dem alten Grafen sehr ähnlich sah, ganz außerordentlich ähnlich.“
    Die Augen Amys öffneten sich fast unnatürlich weit. Ihr Busen wogte, und die Blässe des Todes breitete sich über ihr schönes Angesicht. Sie wollte sprechen, aber sie brachte vor Erregung kein Wort hervor.
    „Wie hieß dieser junge Mann?“ fragte der Lord.
    „Sternau nannte sich sogar mit ihm du. Ich glaube, er sagte Mariano zu ihm.“
    „Ma – ri – ano!“ hauchte Amy.
    Ihre Arme ließen aus der Umschlingung des Vaters los. Sie glitt an ihm nieder auf die Knie, schlang die Arme um die seinigen und brach in ein herzbrechendes aber erlösendes Schluchzen aus. Der Lord bog sich zu ihr herab, legte ihr die Hand auf das Haupt und sagte, während auch ihm die Tränen über die Wangen rollten:
    „Mein Kind, mein liebes, liebes Kind. Das ist eine große Erschütterung. Gebe Gott, daß du sie zu überwinden vermagst!“
    ‚Geierschnabel‘ schlich sich durch die halbgeöffnete Tür hinaus. Draußen spuckte er sein Priemchen über die ganze Breite des Decks hinweg in das Wasser des Stromes, zog aus der Tasche ein anderes Stückchen Kautabak, schob es langsam in den Mund und murmelte selbstgefällig:
    „Das hast du gut gemacht, Alter, ganz ausgezeichnet gut. Ich bin doch eigentlich ein kluger Kerl! Hätte ich die Nachricht mit einem Mal gebracht, so wäre Miß Amy in alle mögliche Ohnmachten gefallen oder gar vor Ärger über diese große Freude gestorben. Diese Frauen sind aus ganz anderem Holz wie wir, aber, hole mich der Teufel, dennoch steht mir auch das Wasser in den Augen. Ei, ei, ‚Geierschnabel‘, du bist trotz deiner riesigen Klugheit doch auch nichts weiter als eine alte Frau.“
    Er schritt auf dem Deck hin und her und spuckte rechts und links in das Wasser hinab, als könne er auf diese Weise seiner Rührung den geeignetsten Ausweg verschaffen, dann schlich er sich wieder zur Kajüte, vor deren Tür er stehen blieb, um zu warten, bis man ihn rufen werde.
    Drinnen ertönten halblaute Stimmen wie im Gebet, dann aber hörte er Amy fragen:
    „Wo aber ist ‚Geierschnabel‘?“
    „Hier bin ich, Mylady“, sagte er, schnell eintretend.
    „Wir müssen noch einige Fragen an Sie tun. Haben Sie über die genannten Personen weiter nichts erfahren, als was Sie uns mitteilten?“
    Er schob das Priemchen von einer Seite auf die andere, fuhr sich kratzend mit der Hand in die Haare und antwortete:
    „O, Mylady, ich kann keine Ohnmacht ersehen. Ich falle sonst gar selbst mit um!“
    „Ah, Sie wollten mich schonen?“
    „Ja, das wird vielleicht das Richtige sein, kalkuliere ich.“
    „Sie wissen also mehr?“
    „Möglich!“
    Da faßte sie ihn bei der rauhen Hand und bat im dringendsten Ton:
    „Sprechen Sie, sprechen Sie! Jetzt können Sie alles, alles, sagen, denn ich bin nun vorbereitet, alles zu hören.“
    „Auch von diesem Mariano?“ fragte er mit schalkhaftem Lächeln.
    „Auch von ihm“, antwortete sie errötend. „Aber warum sprechen Sie da gleich diesen Namen aus?“
    „Weil Señor Mariano das reine Pulver war, als ich sagte, daß ich ein Bote von Sir Henry Lindsay sei.“
    „Was sagte er?“
    „Hm, als er erfuhr, daß Miß Amy sich bei ihrem Vater befinde, da wollte er mit mir in mein Kanu, um mit nach El Refugio zu gehen.“
    „Warum brachten Sie ihn nicht mit?“
    „Weil mein Kanu nur für einen Mann gebaut ist, und weil die anderen ihn abredeten. So werden Sie ihn erst bei Juarez sehen, aber er hat mir so viele Grüße aufgetragen, daß ich glaube, ich habe unterwegs einige Millionen davon verloren. Es bleiben aber noch so viele übrig, daß man die ganze Erde damit tapezieren könnte.“
    „War er gesund? Wie sah er aus? Wie war er gekleidet?“
    „Er war gesund, er sah aus wie der Erbe eines gräflichen Hauses und war ganz so gekleidet wie es hier in Mexiko Sitte ist.“
    „Haben

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