47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile
welchem Stamm sie gehören, da es unter der Zypresse zu dunkel ist. Es kann für uns gefährlich werden. Ich werde sie beschleichen.“
„Allein?“ fragte ‚Büffelstirn‘. „Zwei sind in einem solchen Fall besser als einer. Ich gehe mit. Schleiche du dich rechts um den Teich und ich links, so bekommen wir sie von zwei Seiten und treffen hinter ihnen zusammen.“
„Aber unsere Leute, was tun sie?“
„Sie warten, bis wir zurückkehren, und lassen sich bis dahin nicht sehen.“
Auf dieses Wort legten sich die Mixtekas nun auch zur Erde nieder, während ‚Büffelstirn‘ und ‚Donnerpfeil‘, geschützt durch hohes Gras und Buschwerk, nach verschiedenen Richtungen davonkrochen. – – –
Hätten sie geahnt, wen sie vor oder vielmehr hinter sich hatten, so hätten sie jedenfalls ganz andere Maßregeln ergriffen.
In der vergangenen Nacht nämlich kamen trotz der Dunkelheit zwei Reiter von Norden her auf die Hacienda zu. In einem kleinen Tal hielt der eine sein Pferd an und sagte:
„Hier werden wir wohl warten müssen.“
„Warum, Señor Pirnero?“ fragte der andere.
„Weil wir doch nicht wissen, wie es auf der Hacienda aussieht. Juarez ist in Bewegung und die Franzosen ebenfalls; da weiß man nicht, ob man Freunde oder Feinde dort trifft. Wir müssen den Tag abwarten, um dann ein wenig zu rekognoszieren, bevor wir uns sehen lassen können.“
„So werden wir auch auf ein Feuer verzichten müssen. Wie steht es mit Ihren Augen? Fühlen Sie noch Schmerzen?“
„Nein. Ihr Wundkraut hat geradezu Wunder getan. Das eine ist zwar zerstört, mit dem anderen aber kann ich bereits ebenso gut sehen wie vorher.“
„Das freut mich. Steigen wir also vom Pferd und warten wir den Morgen ab.“
Sie banden die Pferde an ein Gesträuch, um ihnen Gelegenheit zum Fressen zu geben und lagerten sich dann nahe dabei in das Gras. Da sie müde waren, so verzichteten sie auf eine Unterhaltung.
Es war nach Mitternacht und so still rundum, daß sie nahe daran waren, einzuschlafen, als sie auf einmal durch das Erschallen eines nahenden Hufschlags wieder aufgemuntert wurden.
„Wer mag kommen“, sagte derjenige, welchen der andere Pirnero genannt hatte. „Horch! Da kommt noch einer.“
Wirklich vernahm man jetzt die Hufschläge noch eines zweiten Pferdes. Sie griffen zu ihren Waffen und lauschten. Da bemerkten sie, daß derjenige Reiter, welcher ihnen am nächsten war, sein Pferd anhielt.
„Wer kommt noch?“ rief er nach rückwärts.
Sofort hielt auch der zweite Reiter sein Pferd an.
„Wer ruft da vorn?“ fragte er.
„Einer, der losschießen wird, wenn nicht gleich Antwort erfolgt.“
„Oho! Ich habe auch eine Büchse.“
Zu gleicher Zeit vernahm man das Knacken eines Hahnes.
„Antwort!“ rief der erste. „Was ist deine Losung?“
„Losung?“ fragte der zweite. „Ah, du sprichst von einer Losung. Da bist du ein zivilisierter Kerl und keiner von den verdammten Indianern.“
„Ich ein Indianer? Der Teufel hole die Rothäute! Du redest spanisch, wie die Weißen. Gehörtest du auf die Hacienda del Erina?“
„Ja.“
„Ein Vaquero wohl?“
„Nein. Ich gehöre zu Señor Cortejo.“
„Alle Teufel, da sind wir Kameraden!“
„So bist auch du ausgerissen?“
„Ja. Es ist mir Gott sei Dank gelungen, durchzuschlüpfen.“
„So brauchen wir einander nicht die Hälse zu brechen, sondern können zusammenbleiben.“
„Gewiß. Komm her!“
Der, welchen sein Kamerad Pirnero genannt hatte, war diesem kurzen Zwiegespräch mit der größten Spannung gefolgt. Jetzt trat er einige Schritte vor und sagte:
„Erschreckt nicht! Hier befinden sich auch noch Leute, aber Freunde von euch.“
„Donnerwetter!“ flüsterte sein Kamerad in warnendem Ton. „Was fällt ihnen ein. Die gehören ja zu diesem dummen Cortejo.“
Die beiden Männer waren im ersten Augenblick vor Überraschung wortlos geworden. Jetzt aber fragte der eine:
„Auch noch Leute hier? Wer seid ihr? Auch Flüchtlinge?“
„Nein.“
„Sapperlot, da muß man vorsichtig sein. Wie viele Köpfe zählt ihr?“
„Nur zwei.“
„Das glaube euch der Teufel! Wo kommt ihr her?“
„Vom Rio Grande del Norte.“
„Und wohin wollt ihr?“
„Nach der Hacienda del Erina.“
„Zu wem?“
„Zu meiner Tochter und zu euch.“
„Zu eurer Tochter? Wer seid Ihr denn?“
„Kennt ihr mich nicht an der Stimme? Ich bin ja Cortejo selbst.“
„Unsinn!“ flüsterte sein Kamerad. „Wir spielen da ein gewagtes Spiel.“
„Cortejo?“
Weitere Kostenlose Bücher