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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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welche Bewandtnis es mit Rodriganda hat.“
    „Das geht uns ganz und gar nichts an“, antwortete er ebenso kalt und gleichgültig wie vorher. „Werft ein Lasso über!“
    Sofort schnallte einer der Mixtekas sein Lasso von der Hüfte los und kletterte an dem Baum empor. Er legte den Riemen in die Gabel der beiden überhängenden Äste und kehrte dann, die Enden des Lasso mit den Zähnen haltend, wieder zurück.
    Auch ‚Büffelstirn‘ machte sein Lasso los und legte eine Schlinge.
    „So, jetzt kann es beginnen!“ sagte er.
    „Übt Barmherzigkeit!“ schrie sie, die Hände erhebend.
    „Barmherzigkeit gegen dich wäre ein Verbrechen“, antwortete er, während er sein Lasso mit dem einen Ende des anderen zusammenband.
    „Ich gestehe, daß jener Alfonzo nicht der Sohn des Grafen von Rodriganda, sondern der Sohn meines Oheims ist!“ rief sie, sich auf die Knie erhebend und vor Todesangst die Stellung einer Beterin annehmend.
    „Das wissen wir auch ohne dich! Komm her!“
    Er warf ihr die Schlinge über und zog ihr dieselbe unter den Armen zusammen. Es traten ihr vor Entsetzen die Augen weit aus den Höhlen.
    „O Gott, o Gott, gibt es denn kein Mitleid?“ rief sie mit kreischender, weithin schallender Stimme. „Ich werde alles, alles gestehen, sodaß ihr die ganze Grafschaft Rodriganda erhaltet!“
    „Sie gehört uns nicht; wir mögen sie nicht! Zieht an. Eins –“
    Sie begann, mit Händen und Füßen um sich zu schlagen.
    „Ich will nicht, ich will nicht, ich will leben bleiben, ich mag nicht sterben!“ schrie sie mit überschnappender Stimme.
    „Zwei – – –“, kommandierte der Häuptling.
    Da klammerte sie sich mit ihren gefesselten Händen an ihm fest und rief:
    „So sollst du mit mir sterben, Wüterich! Ich lasse dich nicht los!“
    „Drei – – –“, erschallte es aus seinem Mund.
    Er stieß sie von sich; zu gleicher Zeit zogen zwei der Mixtekas das Lasso an – ein fürchterlicher, entsetzlicher Schrei erscholl, und Josefa flog von der festen Erde fort und über das Wasser hin.
    Alle Rachen schnappten nach ihr, aber die Mixtekas zogen so schnell an, daß das Mädchen hoch genug kam, um nicht erreicht zu werden. Dann schwang sie schaukelartig am Lasso hin und her, erst in großen, weiten und dann in immer kleineren und engeren Schwingungen, bis sie still und bewegungslos am Riemen hing, gerade über den geöffneten Rachen der Krokodile, welche das Wasser zu Schaum peitschten und, miteinander kämpfend, in hundert Schnellungen und Sprüngen ihr Opfer zu fassen suchten.
    Helmers hatte bisher wortlos zugesehen.
    „Warten wir!“ sagte er jetzt. „Sie hat die Besinnung verloren.“
    „Soll ich sie untertauchen? Dann kommt sie sofort wieder zu sich!“ sagte einer der Mixtekas, welche das Lasso hielten.
    „Nein“, antwortete ‚Büffelstirn‘. „Dann würden die Tiere sie sofort erfassen, und sterben soll sie ja noch nicht.“
    „So sollen wir sie so hängen lassen, bis sie wieder zu sich kommt?“
    „Ja. Bindet das Lasso am Stamm fest, damit ihr es nicht zu halten braucht.“ Dies geschah. Und dann setzten sich die Männer in das Gras nieder, um den Augenblick des Erwachens in aller Gemächlichkeit zu erwarten.
    Sie hatten die Wasserfläche vor sich, in welcher jetzt die Reflexe der Sonne zu glitzern begannen. Das tat dem Auge weh. Ganz unwillkürlich wendete aus diesem Grund ‚Büffelstirn‘ den Blick seitwärts. Im nächsten Augenblick lag er lang am Boden.
    „Uff!“ sagte er halblaut und warnend.
    ‚Donnerpfeil‘ war als guter, erfahrener Präriejäger den Bewegungen des Häuptlings gefolgt; auch er hatte sich sofort, während die Mixtekas ruhig blieben, zur Erde niedergelegt.
    „Was ist es?“ fragte er.
    „Ein Indianer“, antwortete ‚Büffelstirn‘.
    „Wo?“
    „Da drüben unter der großen Zypresse.“
    Alle richteten ihre Augen nach dem bezeichneten Punkt. Wirklich, da stand ein Indianer, und gleich darauf trat ein zweiter zu ihm. Sie schienen die Mixtekas noch gar nicht gesehen zu haben.
    „Zieht das Weib schnell empor, damit sie von dem Laub verdeckt wird“, befahl ‚Büffelstirn‘.
    „Wollen wir sie nicht lieber herunterholen?“ fragte ein Mixteka.
    „Nein. Man müßte emporklettern, und das würde auffallen.“
    Josefa wurde emporgezogen und das Lasso dann wieder am Stamm befestigt. In diesem Augenblick trat ein dritter Indianer unter den Baum.
    „Es scheinen ihrer mehrere zu sein“, sagte ‚Donnerpfeil‘. „Man kann nicht erkennen, zu

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