49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
deutlich gesprochen: Du sollst sie lieben und ernähren bis an das Ende deines Lebens, solange es dir beliebt und solange es dir gefällt.“
„Wenn es mir aber jetzt nicht mehr beliebt?“
„So laß dich scheiden!“
„Willst du das tun?“
„Wenn du es willst, ja!“
„Ich bitte dich darum!“
„So höre die Worte der fünfundsechzigsten Sure!“
Der Mullah faltete die Hände und rezitierte:
„Im Namen des allbarmherzigen Gottes! O Prophet, wenn ihr euch von einem Weib scheidet, so bedenkt wohl, was ihr tut. Ihr dürft euch von zwei Weibern scheiden, von mehr aber nicht, Vertreibt sie nicht aus euren Wohnungen, wenn sie sonst kein Obdach haben. Vielleicht erneuert Allah eure Liebe, so daß ihr beisammen bleibt. Soll sie aber wirklich fort nach reiflicher Überlegung, so tut es bald, und der Mund des Gesandten wird die Scheidung besiegeln. Sage mir, o Krüger Pascha, du Oberster der Leibtrabanten des Beherrschers, willst du von Haluja, deinem anvertrauten Weibe, geschieden sein?“
„Ja.“
„So sage die drei Worte: Sie kann gehen!“
„Sie kann gehen!“
„So bist du geschieden. Ich bezeuge es.“
Also war der gute Krüger Pascha in kürzester Zeit Bräutigam und Ehemann gewesen und jetzt wieder ein geschiedener Ehegatte. Er nahm dies in bester Laune entgegen und fragte den Scheik:
„Ist dein Dattelvorrat gut?“
„Ja.“
„Hast du Lagmi?“
„Viele große Krüge voll.“
„So gib deinen Männern Datteln zu essen und Lagmi zu trinken, zwei große Krüge voll, einen zur Feier der Hochzeit und einen zur Feier der Scheidung.“
Lagmi ist gegorener Dattelsaft; er schmeckt fast wie Wein und hat eine leise berauschende Wirkung, wenn man auch nicht sagen kann, daß er betrunken mache.
Die Botschaft, daß es Datteln mit Lagmi gebe, brachte im Lager große Freude hervor. Die Männer rückten zusammen und ließen es sich wohl sein. Der Tuareg aber aß und trank nicht mit. Sobald er von dem Scheik das Geld erhalten hatte, entfernte er sich.
Steinbach hatte noch kein solches Ehedokument gesehen, wie das von dem Mullah angefertigte. Er bat es sich von dem Oberst aus und betrachtete es bei dem Scheine des Feuers aufmerksam.
„Da steht Haluja“, sagte er. „Heißt sie nicht Hiluja?“
„Ja.“
„Es ist mir schon vorher aufgefallen. Auch der Tuareg sagte nicht Hiluja, sondern Haluja.“
„Er wird sich versprochen haben, und der Mullah hat es so nachgeschrieben.“
„Ich traue diesem Tuareg nicht.“
„Ich auch nicht; aber was könnte diese Verwechslung zu bedeuten haben? Nichts, gar nichts. Er hat sich versprochen.“
„Er wird doch nicht etwa auf den Gedanken kommen, während der Nacht Hiluja aus dem Zelt zu holen und mit ihr samt dem Geld zu entfliehen?“
„Das kann er nicht“, erwiderte der Scheik. „Nachdem du mir erzählt hast, was dir die alte Dienerin sagte, hege auch ich Mißtrauen gegen ihn. Ich werde von einem meiner Krieger Hilujas Zelt bewachen lassen. Er mag gehen; sie aber wird er zurücklassen müssen.“
Sie ahnten nicht, was geschehen war.
Der Tuareg hatte sein Zelt nicht aufgesucht, um in demselben zu bleiben, sondern war in das Frauenzelt getreten, das sein Gastfreund ihm überlassen hatte. Dasselbe war finster. Es brannte kein Licht.
Er bückte sich zur Erde. Dort lag ein langes, rundes Bündel, fast als ob ein Mensch in einen Teppich eingerollt sei. Er betastete dieses Bündel genau und entfernte sich dann wieder. Er wußte, daß kein Mensch dieses Frauenzelt betreten werde, daß er also nicht verraten sei.
Sich hinter den Zelten haltend, so daß ihn die Strahlen des Feuers nicht treffen konnten, schritt er hinaus in das Freie. Er nahm sich selber in acht, um von denjenigen, die bei den Herden wachten, nicht bemerkt zu werden. Als er die Tiere hinter sich hatte und nun wußte, daß er nicht gesehen werde, verdoppelte er seine Schritte. Dann blieb er stehen und stieß jenen halblauten, eigentümlichen Laut aus, den der in der Wüste lebende Bartgeier hören läßt, wenn er des Nachts einmal aus dem Schlaf erwacht und, noch halb träumend, seinen Standort wechselt. Sofort wurde der Ton erwidert, und dann schlich eine Männergestalt herbei.
„Endlich!“ flüsterte der Ankommende.
„Es ist sehr spät.“
„Ich konnte nicht anders.“
„Wann nimmt das ein Ende! Ich habe die größte Not, mich des Tages zu verbergen. Diese Hunde vom Stamm der Medscherdah schweifen überall umher.“
„Es ist die letzte Nacht.“
„Allah sei Dank! Hast du
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