49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
Kannst du sie in dieser Finsternis sehen?“
„Nein.“
„Wie willst du ihnen also folgen, wenn du sie nicht siehst?“
„Wir hören sie!“
„Jetzt noch, nachdem sie einen solchen Vorsprung haben? Ich bitte dich, meinem Rat zu folgen. Wir warten, bis der Tag angebrochen ist.“
„Dann sind sie bereits über alle Berge!“
„Wir holen sie trotzdem ein.“
„Wo? Du weißt doch nicht, wohin sie sind.“
„Wir werden es erfahren, denn der Tag wird uns ihre Spuren zeigen.“
„Verstehst du es, die Fährten zu lesen?“
„Ja. Ich schwöre dir zu, daß sie uns nicht entgehen werden. Reitest du ihnen aber jetzt in der Dunkelheit nach, so wirst du mir die Fährte so verderben, daß ich sie gar nicht zu finden vermag.“
„Aber wie willst du sie einholen? Sie haben ja unsere schnellsten Pferde.“
„Ich sah heute auf eurer Weide einige der besten Hedschihns, die sind viel schneller als die schnellsten Pferde.“
Hedschihn heißt Reitkamel.
„Ja, wenn du die Verfolgung auf den Kamelen vornehmen willst, dann werden wir sie allerdings einholen, falls du die Spuren wirklich findest.“
„Ich finde sie. Also die Leute mögen hierbleiben, damit mir die Fährte der Diebe nicht verwischt wird. Sie mögen nur nachsehen, ob noch mehr fehlt, als nur der Schimmel und die graue Stute. Wo ist mein Diener?“
„Hier!“ antwortete der wieder vollständig nüchtern Gewordene, indem er näher trat.
„Erzähle mir nochmals, was du alles hörtest.“
Der Diener wiederholte seinen Bericht und fügte dann hinzu, daß die beiden Flüchtlinge nach Mehediah wollten, um dort Hiluja zu verkaufen.
„Da haben wir es!“ sagte Steinbach. „Jetzt wissen wir, wohin sie sind. Gibt es unter euch einen, der den Weg dahin genau kennt?“
„Ich“, antwortete der Führer. „Es gehen mehrere Wege, und ich kenne sie alle. Die Räuber haben ganz gewiß den kürzesten eingeschlagen.“
„Das ist auch meine Meinung. Am besten wäre es, wenn wir einen Umweg machen könnten, um ihnen voranzukommen und sie zu erwarten.“
„Das können wir. Die Kamele sind ja schneller.“
„Wer aber reitet mit?“
„Ich!“ antwortete der Scheik.
„Ich!“ sagte auch der Oberst.
„Ich, ich – “, riefen alle durcheinander.
„Das ist unmöglich!“ sagte jedoch Steinbach. „Wir dürfen uns nur der besten und schnellsten Reitkamele bedienen. Wie viele sind hier?“
„Echte, gute Bischarinkamele habe ich nur vier Stück“, antwortete der Scheik.
„So können auch nur vier Männer reiten.“
„Ist das genug?“
„Mehr als genug. Vier gegen zwei. Also wer? Der Führer und ich, das sind zwei.“
„Und ich natürlich!“ sagte der Scheik.
„Und ich auch natürlich!“ meinte der Oberst.
Steinbach machte eine Einwendung gegen letzteren. Er traute ihm die Fähigkeit zu einem so anstrengenden Ritt nicht zu, Krüger Pascha ließ aber keine Einrede gelten. So bat der Deutsche denn, die Kamele zu satteln und für Wasser und Proviant zu sorgen. Dann begab er sich zu der Dienerin, den Oberst mit sich nehmend, der noch gar nicht ahnte, wie sich diese Angelegenheit in Wirklichkeit verhielt.
„Eijentlich bin ich Sie böse!“ sagte er zu Steinbach auf deutsch.
„Warum?“
„Weil Ihnen mir nicht mitzunehmen jesinnt jewesen.“
„Ich hatte eine gute Absicht. Der Ritt ist anstrengend.“
„Soll ich mir nicht anstrengen, wenn es gilt, meiner jeschiedenen Ehefrau wiederzufinden?“
„Die finden Sie da draußen nicht.“
„Na, Ihnen sagten doch, daß uns sie einzuholen werde sicher sein.“
„Aber Ihre gestrige Frau Gemahlin ist nicht dabei.“
„Hiluja?“
„Die ist allerdings dabei, aber die war nicht Ihre Frau. Erinnern Sie sich noch, daß der Tuareg Haluja sagte?“
„Ja. Diesem Mullah hat auch so jeschrieben.“
„Nun, Haluja heißt die alte Dienerin, und diese haben Sie geheiratet.“
„Dienerin?“
„Ja.“
„Jott stehe mich bei! Ist ihr alt?“
„Sehr.“
„Häßlich?“
„Ziemlich.“
„Dann hole ihr das Teufel! Ihr ist noch da?“
„Ja. Sie steckt dort im Zelte. Kommen Sie!“
„Aber ich begreife noch gar nicht, wie es möglich sein kann, daß es möglich zu werden möglich jewesen ist!“
„Sie werden es bald begreifen. Dieser Tuareg hat Ihnen die Dienerin verkauft, die junge Herrin aber für sich behalten, um sie in Mehediah zu verkaufen und also abermals Geld zu lösen.“
„Na, denn mal rin in diesem Zelt! Wo ist ihr?“
Steinbach hatte inzwischen einem der Männer eine Fackel
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