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49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gleich in der Minute wiederkommen. Also, werden Sie es behalten?“
    „Ja“, antwortete der Gefragte, der abermals einen aufmunternden Stoß erhielt.
    „Schön! So verzeihen Sie meine Entfernung. Ich werde mich beeilen. Hier ist das Papier.“
    Er legte es dem Lord hin und ging. Kaum aber war er verschwunden, so wich hinter dem Engländer das Gitter, und eine Stimme sagte leise:
    „Komm herein! Schnell!“
    Gleich darauf wurde der Lord von einer Hand in die Öffnung gezogen und von da weiter bis in eine Stube, in der ein Licht brannte. Hier sah er seine beiden schönen Freundinnen wieder. In ihrer Gegenwart befand sich noch eine dritte, die ebenfalls nicht häßlich war.
    „Das hast du gut gemacht“, sagte Lea freundlich zu ihm. „Sieh her. Hier ist unsere Schwester. Gefällt sie dir?“
    „Ja, natürlich!“
    „Und darf auch sie mitkommen?“
    „Das versteht sich ganz von selbst.“
    „So gehen wir beide also auch mit. Komm jetzt hinaus in den Garten!“
    Lea führte den Lord hierauf durch eine Tür auf ein kleines, freies Plätzchen, in dem er trotz dem abendlichen Dunkel bald einen Baum bemerkte. Diesem verdankte jedenfalls das winzige Viereck den stolzen Namen eines Gartens. An diesem Baum lehnte ein länglicher Gegenstand. Lea deutete auf ihn und sagte:
    „Siehst du diese Leiter? Mit ihr werden wir heute entkommen. Nämlich hier nebenan ist der Garten des Nachbars. Wir steigen da hinüber, und dann trennt uns nur noch eine Mauer von einer engen Gasse.“
    „Ich kenne sie.“
    „Das ist gut. So brauche ich sie dir nicht zu beschreiben. In dieser Gasse erwartest du uns.“
    „Wann?“
    „Gerade um Mitternacht.“
    „Sehr wohl, ich werde mich pünktlich einstellen und hoffe, daß wir nicht gestört werden.“
    „Das fürchte ich nicht, denn du hast den Vater in sehr gute Laune versetzt. Er wird zeitig schlafen gehen.“
    „Allah gebe ihm eine angenehme Ruhe! Kinder, ihr könnt wirklich sehr froh sein, von eurem Vater fortzukommen.“
    „Warum?“
    „Der Kerl ist ein Nichtsnutz. Er ist es gar nicht wert, so schöne, gute und brave Kinder zu haben.“
    „Das verstehen wir nicht.“
    „Nun, seine Münzen sind keinen Para wert, und mit dem Himmelspapier hat er mich vollends über das Ohr gehauen. Aber ich haue ihm noch viel derber über das seinige, indem ich euch entführe. Der alte Schwindler soll sich morgen wundern, wenn er so plötzlich ein kinderloser Waisenvater geworden ist. Ich verdiene mir einen Gotteslohn, indem ich euch von ihm befreie.“
    „O Allah! Das haben wir nicht vermutet.“
    „Ja, ihr könnt nichts dafür. Also um Mitternacht?“
    „Ja. Du kommst doch gewiß?“
    „Ganz sicher.“
    „So kehre jetzt wieder zu deinem Sitz zurück. Er darf nicht ahnen, daß du fortgegangen bist.“
    Rasch geleiteten die Mädchen den Lord zurück und schoben das Gitter wieder hinter ihm zu. Es war wohl über eine halbe Stunde vergangen, als der Alte wiederkam.
    „Da bin ich endlich“, sagte er anscheinend ganz echauffiert. „Die lange Unterredung war sehr notwendig sonst wäre ich sicher eher zurückgekehrt. Wünschen Sie noch eine Pfeife?“
    „Ich danke, danke! Ich habe genug!“
    „Und die dreihundert Franken?“
    „Erhalten Sie sofort.“
    Der Lord stand rasch auf, bezahlte und schob das Packpapier in die Tasche, dann brachte ihn der Wirt in den Hausgang zurück und nahm dort sehr höflich und freundlich von ihm Abschied. Nun geleitete ihn die alte Schließerin an die Haustür, öffnete diese aber nicht, sondern legte ihm die Hand auf den Arm und fragte leise:
    „Wollen Sie mir nicht ein kleines Bakschisch geben?“
    Er griff sofort in die Tasche und erfüllte die Bitte. Sie aber schien nicht zufrieden zu sein. Kopfschüttelnd hielt sie das Geldstück an die Laterne.
    „Ein Frank, ein lumpiger Frank!“ sagte sie, verächtlich die Nase rümpfend.
    „Ist das etwa nicht genug für die kleine Mühe, mich da hinauszulassen?“
    „Oh, dafür wäre es schon genug, aber ich habe ja viel, viel mehr für Sie zu tun!“
    „Was denn zum Beispiel?“
    „Ich habe doch nicht bloß Sie hinauszulassen.“
    „Wen denn noch?“
    „Die drei Schwestern.“
    „Tausend Donner!“ sagte er erschrocken. „Was für Schwestern meinen Sie denn eigentlich, he?“
    „Sie können Vertrauen zu mir haben. Die Mädchen haben mir alles gesagt, da sie ohne meine Hilfe gar nicht hinaus in den Garten könnten.“
    „Ich verstehe Sie noch immer nicht.“
    „Oh, Sie verstehen mich sehr gut, das weiß ich

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