49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
fragte:
„Zu wem wollen Sie?“
„Zu Ali Effendi.“
„Was wünschen Sie von ihm?“
„Ich bin ein Freund von Seltenheiten und Altertümern und habe gehört, daß er eine Sammlung solcher Sachen besitzt.“
„Er liebt es nicht, um diese Zeit gestört zu werden. Was hat er davon, wenn alle Fremden kommen, um seine Sachen zu sehen, und dann wieder gehen, nachdem sie nichts als bloßen Dank gesagt haben!“
„Das will ich ja nicht tun. Zu solchen Fremden gehöre ich nicht.“
„Wollen Sie etwa kaufen?“
„Ja, wenn mir etwas gefällt.“
„So will ich es wagen, Sie einzulassen. Warten Sie da in dem Gang!“
Die Alte entfernte die Kette, verschloß die Tür hinter ihm und enteilte dann mit der Laterne, ihn im Finstern stehenlassend. Bald darauf war es ihm, als ob er laute, lachende Frauenstimmen vernehme.
„Das sind jedenfalls die Weiber!“ dachte er. „Es scheint also in den Harems zuweilen auch lustig herzugehen. Das erinnert mich an meinen Besuch bei dem Mädchenhändler Barischa in Konstantinopel. Da gelangte man auch durch so einen dunklen Gang nach dem Allerheiligsten.“
Man ließ ihn ziemlich lange warten. Endlich kehrte die Alte zurück, leuchtete ihm in das Gesicht und zeigte dabei ein Grinsen, von dem man nicht genau sagen konnte, ob es ein verunglücktes, freundliches Lächeln oder eine höhnische Schadenfreude bedeuten solle.
„Sie dürfen kommen!“
Bei diesen Worten deutete sie ihm mit der Hand an, daß er ihr folgen solle, und führte ihn nun aus dem Hausflur nach einem schmalen Seitengange, wo sie eine Tür öffnete und ihm winkte, einzutreten. Sie selbst blieb draußen und machte die Tür hinter ihm zu.
Der Lord stand in einer kleinen, viereckigen, weißgetünchten Stube, in der sich nichts, aber auch gar nichts befand als ein alter Tisch mit zwei noch viel älteren Stühlen. Er rückte sich einen derselben zurecht, setzte sich darauf und wartete. Auf dem Tisch stand ein Leuchter aus verrostetem Eisendraht, in dem ein stinkendes Talglicht brannte.
Nach einiger Zeit wurde eine zweite Tür geöffnet, und der Herr des Hauses trat ein. Er trug einen langen, fast am Boden schleppenden, großblumigen Kaftan und einen roten Fez. Er war alt, und der lang herabwallende, graue Bart gab seiner Erscheinung etwas Ehrwürdiges, was aber durch den stechenden Blick seiner kleinen Augen fast ganz wieder aufgehoben wurde.
„Achschamlar chajrola!“ grüßte er, indem er sich nicht verbeugte, sondern eine vornehme, fast herablassende Handbewegung machte.
„Was heißen diese Wort. Ich verstehe nur Französisch.“
„Bon soir!“
„Ah, guten Abend! Danke schön, Monsieur Ali Effendi! Verzeihung daß ich Sie störe! Ich habe von Ihren Kostbarkeiten gehört und wollte Sie bitten, mir einiges davon zu zeigen.“
„Eigentlich tue ich das nicht gern. Ich habe mein Geschäft aufgegeben.“
„Weiß es, weiß es! Aber unter Kunstkennern und Liebhabern ist das doch etwas anderes.“
„Ja, wenn Sie wirklich Kenner und Liebhaber wären –?“
„Ich bin es, ich bin es!“ beeilte er sich zu versichern.
Im stillen aber dachte er:
„Kenner bin ich allerdings, aber nur von Frauenschönheit, und Liebhaber auch, denn ich werde ihm seine Töchter entführen.“
Der Alte betrachtete ihn vorsichtig prüfend und nickte langsam mit dem Kopf, dann fragte er:
„In welchen Fächern sind Sie am besten zu Hause?“
„In allen.“
„Nun, so will ich Ihnen einmal einige alte Münzen zeigen, die höchst wertvoll sind.“
Darauf ging er wieder. Der Lord aber lehnte Hut, Regenschirm und Fernrohr in die Ecke und wartete geduldig. Als der Alte zurückkam, hatte er ein kleines, ledernes Beutelchen in der Hand, das er jetzt öffnete. Er nahm eine Münze hervor, die sehr sorgfältig in Seidenpapier eingewickelt war, entfernte das Papier und gab sie dem Briten.
„Das ist eine große Seltenheit. Kennen Sie dieselbe?“
Es war ein altes, französisches Fünfsousstück, doch mit so abgegriffenen, vielleicht auch mit Fleiß abgeschliffenen Flächen, daß absolut von der Prägung nichts mehr zu erkennen war. Der Engländer betrachtete und prüfte es aufmerksam.
„Ein altes, großes Kupferstück“, meinte er.
„Ja, aber woher und aus welcher Zeit?“
„Weiß ich wirklich nicht. Ich muß aufrichtig gestehen, daß mich meine Kenntnisse hier verlassen.“
„Nun, so hören Sie in Andacht und Ehrfurcht zu, daß dieses Stück zu den hundert Münzen gehört, die der Prophet Mohammed, den Allah segne, zum
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