49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
auch dir ein Rätsel bleiben.“
„So zwingst du mich zu der weiteren Bitte, nicht nach mir zu fragen.“
„Ach, das ist eine Bitte, die ich kaum zu erfüllen vermag.“
„Wenn deine Liebe so groß ist, wie du sagtest, so wirst du mir diesen Wunsch erfüllen.“
„Gut! Also auch das verspreche ich dir. Ich werde nicht nach dir fragen; aber wenn es kommen sollte, daß man von dir erzählt, so werde ich sehr aufmerksam zuhören.“
„Dagegen kann ich nichts tun. Und nun laß uns von diesen Dingen schweigen. Allah hat uns diesen Abend geschenkt. Er ist der einzige, der uns gehört. Wir werden uns höchstwahrscheinlich niemals wiedersehen, und so wollen wir ihn feiern als die erste und letzte Gabe, die der Himmel unserer Liebe gewährt.“
Sie schlang beide Arme um ihn und legte den Kopf an seine Brust. Er fühlte die herrliche, königliche Gestalt so warm, so eng an sich geschmiegt; er fühlte das regelmäßige Heben und Senken ihres Busens, und ihr Atem stieg würzig zu ihm auf. Unwillkürlich mußte er der Worte des persischen Dichters gedenken:
„Es weht wie würz'ger Sumatra
Dein Hauch mir um die Wangen,
Und leise schleicht dein Arm sich nah',
Mich liebend zu umfangen.“
Es war ihm so unbeschreiblich um das Herz, das vor süßer Wonne und bitterem Weh hätte zerspringen mögen. Er drückte sie fest, fest an sich und flüsterte ihr zu:
„Mein Himmel, meine Seligkeit! Und nach dieser Seligkeit soll ewiges Entsagen, ewige Verdammnis folgen? Ist das möglich? Das kann Allah nicht wollen.“
„Er will es!“
„Er will es nicht! Ein Gott kann nicht so grausam sein; er kann seine Freude nicht haben an dem Elend der Wesen, die aus seiner allmächtigen Hand hervorgegangen sind. Wer das behauptet, lästert Gott!“
„Schweig jetzt! Schweig und laß dich lieber küssen!“
Sie näherte ihre Lippen den seinigen; er aber wich zurück und sagte:
„Ich habe vorhin gelobt, dich nicht zu küssen, bis ich dich als mein Eigentum errungen habe.“
„Ich entbinde dich dieses Gelöbnisses.“
„Wirklich? Du Liebe, du Süße!“
„Ja. Und wenn du mich nicht küssen magst, so wirst du es mir doch nicht verwehren, dir zeigen zu dürfen, wie lieb ich dich habe.“
Sie zog seinen Kopf zu sich herab, und ihre Lippen vereinigten sich, als wollten sie Tod oder Leben aus der Schale der Liebe trinken.
Und währenddem leuchteten hinter ihnen zwei Augen in phosphoreszierendem Glanz. Sie sahen es nicht. Der, welchen Gökala einen Teufel genannt hatte, war leise wie ein Gedanke herbeigeschlichen, um ihr Gespräch zu belauschen. Er lag in unmittelbarer Nähe des Baumes, hart an der Bank, und konnte jedes Wort vernehmen. Er hatte die Hand am Griff seines Dolches. Die Eifersucht wühlte in seinem Herzen; aber sein Kopf behielt die Oberhand. Stach er den Nebenbuhler nieder, so konnte Lärm entstehen und Gökala ihm entwischen; im Boot aber hatte er beide fest und sicher.
„Also heute zum letzten Mal!“ sagte Steinbach. „Wie traurig das klingt! Weißt du, was es heißt, zu scheiden auf Nimmerwiedersehen?“
„Ich weiß es, und wenn ich es nicht wüßte, so würde ich es fühlen. Wie schwer, o wie schwer wird es dem Herzen, vom Liebsten auf der Welt zu lassen!“
„Es gibt im Land der Deutschen ein Lied mit einer traurig-innigen Melodie. Dieses Lied spricht davon, daß es in Gottes Rat bestimmt ist, daß man scheiden muß vom Liebsten, was man hat – “
„Obwohl doch nichts im Lauf der Welt
Dem Herzen, ach, so sauer fällt,
Als scheiden, ja scheiden!“
fiel Gökala ihm in die Rede.
Da fuhr er vom Sitz auf, sie, die ihre Arme um ihn geschlungen hatte, mit sich emporreißend.
„Wie, du sprichst Deutsch?“
„Du wohl auch?“ fragte sie, ganz erschrocken, daß sie unter dem Eindruck ihrer Gefühle nun doch einen Teil ihres Geheimnisses gelüftet hatte.
„Ja“, antwortete er. „Bist du vielleicht gar eine Deutsche?“
„Nein, nein!“
„O Gökala, der Ton, in dem du dieses doppelte Nein ausrufst, sagt mir, daß du doch wohl eine Deutsche bist. Die Verhältnisse zwingen dich, es nicht einzugestehen; aber deine Aussprache ist so, daß ich mich nicht irremachen lassen kann. Trotz der wenigen Worte, die ich hörte, kann ich bereits behaupten, daß du die Aussprache einer Hannoveranerin hast.“
„Du irrst, du irrst! Aber sag, bist du ein Deutscher?“
„Ja; ich will es dir nicht verschweigen, denn ich weiß, daß du dieses Geheimnis bewahren wirst.“
„Warum trägst du dann orientalische Tracht?
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