49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
Warum gibst du dir den Schein, ein Türke zu sein?“
„Mein Beruf zwingt mich dazu.“
„Ah! Bist du etwa Diplomat oder Offizier?“
„Bitte, frage nicht weiter.“
„So hast auch du deine Geheimnisse?“
„Ja, obgleich sie nicht so traurig sind, wie die deinigen zu sein scheinen. Aber nun wirst du dich an deinen Vergleich zwischen Orientale und Abendländer erinnern. Glaubst du auch nun noch nicht, daß ich dir vielleicht zu helfen vermag?“
„Nein. Nun erst recht nicht.“
„Warum?“
„Wollte ich diese Frage beantworten, so würdest du ahnen, was du nicht wissen darfst. Jetzt ist es ganz sicher und bestimmt, daß wir scheiden müssen, scheiden auf Nimmerwiedersehen. O Gott, o mein Gott!“
Sie umschlang ihn stürmisch und schmiegte sich an ihn. Sie hatte ihre Wange an die seinige gelegt, und er fühlte, daß sie weinte.
„Weine nicht, Gökala“, bat er. „Das kann ich nicht ertragen. Deine Tränen könnten mich veranlassen, mein Wort zurückzunehmen. Bitte, sage mir, warum der Umstand, daß ich ein Deutscher bin, die Sicherheit, daß wir uns nicht wiedersehen werden, verdoppelt!“
„Du bist – du bist – “, schluchzte sie leise.
„Was? Was meinst du?“
„Du hattest Zutritt in das Serail; du durftest die Prinzessin sehen. Du bist jedenfalls ein hochgestellter Mann.“
„Nun, und wenn ich es wäre?“
„So wäre auch unter besseren Verhältnissen unsere Liebe eine unglückliche.“
„Das sehe ich nicht ein!“
„Dürftest du eine nicht Ebenbürtige zum Weib nehmen?“
„Was frage ich nach der Gleichheit des Standes, wenn ich nur dich habe! Und übrigens warst auch du bei der Prinzessin. Du wirst also wohl auch nicht das Kind obskurer Eltern sein.“
„Ich darf davon nicht sprechen. Aber eins muß und will ich dir sagen. Auch dies ist mir auf das allerstrengste verboten; aber meine Liebe zu dir ist so groß und selbstlos, daß ich dir das Schreckliche mitteilen will, um dich zur Entsagung zu bewegen, die dir dann viel, viel leichter fallen wird.“
„Ich entsage auf keinen Fall!“
„O doch! Du wirst!“
„Nein! Ich schwöre es!“
„Schwöre nicht, ehe du mich gehört hast!“ Sie hatte sich seinen Armen entwunden und stand hoch und stolz vor ihm; der Kaftan mit der Kapuze war ihr entfallen. In ihrem weißseidenen Gewand stach sie hell und deutlich von dem abendlichen Dunkel ab. Er konnte sie leuchtend erkennen, fast so, als ob es Tag sei. Er sah, daß ihr Busen sich unter der Gewalt ihrer Gefühle hob und senkte. Es mußte wirklich etwas Schreckliches sein, was sie sagen wollte. Darum bat er:
„Schweig Gökala! Ich mag es nicht hören!“
„O doch! Du sollst und du mußt es hören! Darfst du eine Ehrlose lieben?“
„Ehrlos?“ fragte er erschrocken. „Du und ehrlos?“
„Ja. Schau, wie entsetzt du bist!“
„Das Wort, welches du aussprichst, ist allerdings ein fürchterliches. Du ein ehrloses Wesen? Nein, nein; das ist nicht wahr; das kann ich unmöglich glauben!“
„Und doch ist es wahr!“
„Beweise es! Aber nein! Du kannst es nicht beweisen. Und selbst dann, wenn du es bewiesest, würde ich es nicht glauben. Ich würde vielmehr annehmen, daß du dich eines so entsetzlichen Mittels nur bedienst, um mir die Entsagung zu erleichtern.“
„Du würdest dich irren. Was ich sage, ist wahr.“
„Nein! Und wenn es alle sagen, wenn die ganze Welt es mir in die Ohren schreien würde, ich würde es nicht glauben. Du bist rein. Ein Auge, wie das deinige, kann unmöglich lügen. Wer mir sagen wollte, daß deine Seele befleckt sei von jenen Sünden, die – “
„O Gott, nein, nein, das nicht! Das meinte ich nicht!“ fiel sie rasch ein. „Ich kann schwören, daß noch nie die Hand eines Mannes mich berührte.“
Steinbach sah nicht, welch tiefe Glut sich ihres Gesichtes bemächtigt hatte. Er antwortete:
„Verzeihe! Ich konnte ja an nichts anderes denken. Was ist es denn, was du meinst?“
„Etwas ebenso Schlimmes.“
„Es kann nur dieses eine Schlimme geben.“
„Und doch gibt es ein zweites. Ich bin – Gott, Gott, wie schwer fällt es mir, das Wort zu sagen.“
„Bitte, verschweige es! Ich glaube an dich. Deine Selbstanklage vermag mein Vertrauen nicht zu erschüttern.“
„Es muß gesagt werden. Ich bin – Spionin.“
„Spionin? Oh, du Schlauköpfchen!“
„Du glaubst es nicht?“
„Nein, außer du gestehst es mir, daß du eine ganz gewaltige Diplomatin bist.“
„Nicht das bin ich, sondern eine gemeine Spionin. Ich
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