5 Tage Liebe (German Edition)
fest. Es ist das erste Mal, dass wir uns berühren.
„Alles okay?“
„Sicher.“
Mit immer noch weichen Knien versuche ich, etwas Stabilität in meinen Stand zu bringen, wobei ihre Hände auf meinen Schultern das irgendwie boykottieren. Sie mustert mein Gesicht, und ich hoffe wirklich, dass sie nicht besonders gut ist, darin zu lesen. Ich befürchte nämlich, dass ich zu viel verraten würde.
„Ist wirklich alles okay?“
Erneutes Nicken.
„Ich hab dich in der Menge vermisst.“
In meinem Kopf streiche ich die Worte „in der Menge“ und spüre mein Herz pochen. Sie hat mich vermisst? Hat sie wirklich etwas in der Menge erkennen können? Oder will sie nur höflich sein? Hat sie mein Gesicht gesucht?
„Ich hab mich lieber etwas zurückgehalten.“
„Konntest du von der Seite denn alles sehen?“
Sie wirft ihren Rucksack lässig über die linke Schulter und geht langsam los. Ich folge ihr. Bald heißt es Abschied nehmen. Ich gehe betont langsam.
„Klar. Ich hab die Jungs im Auge behalten. Es wurden keine Videos und Fotos gemacht, wie abgemacht.“
„Habs bemerkt, danke.“
„Sorry wegen Patrick. Du sagtest ja ohne Anfassen.“
Sie kichert kurz und schüttelt den Kopf.
„Das macht nichts. Es war nicht unangenehm.“
Wie schade eigentlich.
„Die meisten Kerle grapschen mir an den Po oder die Brüste. Das nervt. Patrick hat mich ja mehr gestreichelt.“
Ich will mich übergeben. Er hat sie gestreichelt, dabei wird er in wenigen Tagen heiraten. Fällt so etwas schon unter die Bezeichnung „fremdgehen“? Wenn ja, dann sollte ich lieber Melanie davon erzählen.
Wir treten zurück auf die Straße. Es ist für diese Jahreszeit nachts noch immer erstaunlich kalt. Ob der Frühling sich absichtlich so viel Zeit lässt? Ich spüre, dass mein Gehirn langsam wieder anfängt, normal zu denken. Zumindest sendet es extreme Signale an mich:
„Jonas, du Volltrottel! Sie ist eine tanzende Nutte, und du wirst sie in wenigen Minuten das letzte Mal sehen. Dann geht ihr Leben weiter und deines auch. Also hör auf, dich wie ein pubertierender Teenager zu benehmen!“
Natürlich hat mein Gehirn recht. Es hat immer recht. Es warnt mich immer davor, nicht betrunken gegen den Wind zu pinkeln oder Wetten einzugehen, bei denen es immer so endet, dass ich gelben Schnee essen muss. Ich höre nie auf mein Hirn, wieso sollte ich ausgerechnet jetzt damit anfangen?
„Hundertzwanzig Euro.“
Ich habe die Scheine genau abgezählt und lege sie ihr in die Hand, bedacht, ihre Haut nicht zu berühren, auch wenn ich nichts sehnlicher möchte als genau das.
„Danke. Ich muss sagen, das war wirklich mal wieder ein Job, der Spaß gemacht hat.“
Sie greift nach meiner Hand, hält sie fest und drückt sie einen Moment. So fühlen sich also 400 Volt im Körper an. Mein Blut rauscht in den Ohren und meine Lippen verziehen sich zu einem verdammt ehrlichen Lächeln, das wir Männer eigentlich nur nach dem Sex haben, wenn wir glücklich, befriedigt und entspannt sind. Maya schafft es mit einem Händedruck.
„Freut mich.“
Wieso ich die Hand nicht wieder loslasse, ist mir vollkommen klar, aber ihr vielleicht nicht. Deswegen lockere ich meine Finger nur sehr widerwillig.
„Ich besorge mir mal ein Taxi. War echt nett, dich kennengelernt zu haben, Jonas.“
Meine Chance. Jetzt oder nie.
„Taxi? Quatsch! Ich fahre dich heim, ist doch klar.“
Ein prüfender Blick. Ich halte den Atem an, dann ein Lächeln.
„Das wäre echt super nett von dir.“
Wo ist noch mal die Pausentaste fürs Leben? Wenn man kurz die Außenwelt anhalten und dann in aller Ruhe einen Siegestanz aufführen kann? Das wäre einer dieser Momente, da würde ich zu gerne die Zeit für nur sechzig Sekunden anhalten. Mehr Zeit brauche ich nicht, denn bereits nach dreißig Sekunden fangen meine Dance-Moves an, sich zu wiederholen.
„Absolut kein Problem.“
Während wir nebeneinander die Straße zu meinem Auto laufen, fühle mich wieder wie fünfzehn. Ich habe mich drinnen nicht verabschiedet oder gar erklärt, wohin ich gehe und mit wem. Ich bin einfach nur weg und laufe jetzt neben Maya in der kühlen Nacht.
Wieder trägt sie ihre Mütze und hat die Jacke zugeknöpft. Ganz bekleidet finde ich sie übrigens genauso erotisch wie halb nackt auf der Tanzfläche. Der Motor meines Autos stottert an jeder Ampel, es klingt fast so, als würde er seinen letzten Atemzug tun und dann auf der leeren Kreuzung verenden. Mich im Stich lassen! Ich bemerke
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