5 Tage Liebe (German Edition)
Angefangen hat alles mit Patrick, meinem besten Freund. Es war nur eine Frage der Zeit. Er war zarte fünfzehn Jahre alt, als er mir 1995 in der Schule mit ernster Miene verriet, dass er eines Tages Melanie Wächter heiraten wolle. Ich hielt das für kompletten Unfug, immerhin war Melanie für uns alle eine unerreichbare Göttin. Sie war hübsch, groß, hatte für ihr Alter perfekt geformte Brüste – zumindest meinten wir, das unter dem Strickpulli erkennen zu können – und Lippen, die einen von allem ablenken konnten. Nein, Melanie Wächter und mein bester Freund Patrick Häberlin? Das würde niemals Realität werden.
Hätte ich ahnen können, dass es Patrick so ernst damit meinte? Und dass er den Rest der Schulzeit damit verbringen würde, sie zu beeindrucken und ihre Aufmerksamkeit zu erhaschen?
Patrick und ich waren nette Jungs. Wir fielen nicht besonders auf. Wir waren nicht cool genug, aber auch keine einsamen Streber. Kategorie: harmlose Spinner mit gutem Herz. Aber reichte das, um Melanie Wächters Herz zu erobern? Ich hätte, das gebe ich zu, mein ganzes Hab und Gut (inklusive dem vollständig ausgefüllten Panini-Heft der Fußball-WM 1994 in den USA) gegen meinen besten Freund gewettet. Mit dieser Einstellung stand ich damals nicht alleine da.
Wie oft hatten wir vor den coolen Partys in der Kälte gefroren, weil wir nicht am Türsteher vorbeikamen, um Melanie zu einem der damals unheimlich angesagten Eurodance-Songs tanzen zu sehen. Ich hatte die Hoffnung schon lange vor Patrick aufgegeben, aber er hatte diese kindliche Naivität und das innige Gefühl, sie wäre die einzig Richtige für ihn. Für sie tat er einfach alles. Er belegte in der elften Klasse sogar das Nebenfach Spanisch, nur um mit ihr weitere zwei Stunden nachmittags in der Schule rumhängen zu können. Ich konnte nur müde den Kopf schütteln, wann immer Patrick einen neuen Versuch startete, um Melanies Herz zu erobern. Er war ein verliebter dummer Junge. Aber, das muss man ihm lassen, er war hartnäckig.
Zugegeben, manche würden ihn dumm nennen, bedenkt man das sehr eindeutige Angebot von Verena Schlaufer, ihm auf der Kursfahrt im Abschlussjahrgang nach Rom einen zu blasen – und zwar auf der Toilette der Jugendherberge. Alle, und damit meine ich wirklich alle, hätten dieses Angebot angenommen. Vielleicht war Verena nicht so hübsch wie Melanie, aber das war noch lange kein Grund, ein solches Angebot abzulehnen.
Patrick wusste genau: wäre er schwach geworden, dann hätte Melanie sicher davon erfahren, und dann wären seine Chancen bei ihr auf null gesunken. Nein, er würde sich aufheben, ihm wahrsten Sinne des Wortes, nur für Melanie.
Ich war nicht ganz so stark, weder mein Geist noch das Fleisch. Also nahm ich als zweite Wahl Verenas Angebot dankend an und wurde, was oralen Sex angeht, 1998 in Rom entjungfert. Für Patrick hatte ich in diesem Moment nur noch Mitleid, hatte er doch ein Highlight unserer Jugend verpasst. Die Tatsache, dass ich die zweite Wahl gewesen war, störte mich reichlich wenig. Blowjob ist schließlich Blowjob, oder nicht?
Ich hätte ihn ja verstanden, wenn er mit all seinen Aktionen auch nur einen kleines Stück näher an seine Traumfrau gekommen wäre; aber nichts ließ seine Hoffnung auf ein Date oder eine gemeinsame Zukunft auch nur im Geringsten realistisch erscheinen. Nein. Melanie ging in der gesamten Schulzeit mit nur zwei Jungs: Markus Bieber und Tobias Schmal. Beiden konnten weder Patrick noch ich das Wasser reichen.
Markus war Schülersprecher, Kapitän der Schulmannschaft im Handball, und hatte vor uns allen Bartwuchs. Er sah aus, wie man sich einen Beau in der Schule vorstellt. Vor allem aber umgab ihn diese Aura des Mysteriösen. Er war zu cool, und die Weiber liebten ihn. Er hatte in jeder Jahrgangsstufe einen Fanclub.
Tobias war der klassische Bad Boy. Er fuhr schon Vespa, als wir noch mit Scout-Rucksäcken aus dem Schulbus stolperten. Er rauchte, als wir noch Capri-Sonne mit Kirschgeschmack tranken und davon träumten, mit den Mädchen aus der Oberstufe zu knutschen.
Patrick war so weit von den beiden Jungs weg wie London von Tokio. Aber selbst, wenn ich ihm im Vollsuff klipp und klar ins Gesicht lallte, wie gering seine Chancen bei Melanie waren – er hörte nicht auf mich.
Auf einer Abi-Party schüttelte ich ihn so heftig, als wollte ich den alkoholischen Inhalt seines Magens zu einem Cocktail mixen. Aber Patrick lächelte nur, so wie er es immer tat, wenn er über
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