50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
wollt mit dem, was mir gehört!“
„So mag der Muezzin kommen, um das Gebet des Todes über dich zu sprechen.“
„Verdammt sei der Muezzin samt all seiner Plärrerei! Ich mag ihn nicht!“
„So mußt du ohne Gebet und Testament sterben. Allah mag sich deiner Seele erbarmen! Wie willst du sterben? Durch mein Messer oder durch meine Flinte?“
„Du bist ein Hund. Du bellst, aber du beißt nicht.“
„Du irrst dich. Du meinst, daß ich dich begnadigen werde, ohne daß du bittest; das aber tue ich nicht. Da du weder durch Messer noch durch Kugel sterben willst, so werde ich tun, was mir beliebt. Du schimpfst auf mich, trotzdem ich dir mein Erbarmen zeige, du bist nicht wert, den Tod eines Kriegers zu sterben. Ich werde ich aufhängen lassen!“
Da bäumte sich der Riese trotz seiner Fesseln auf und brüllte:
„Hund und Vater eines Hundes! Durch den Strick stirbt kein tapferer Beduine!“
„Das ist wahr, du aber wirst durch ihn sterben, denn du bist nicht tapfer, du bist nur roh, du beleidigst den, der dich besiegt. Nicht einmal das Aufhängen bist du wert, du sollst also erdrosselt werden. Und da der Prophet sagt, daß die Seele keines Mannes, der durch den Strick stirbt, in den Himmel eingehe, so wirst du in der Hölle braten, wohin du mich gewünscht hast. Man hole mir einen Kamelstrick!“
Normann ging und brachte nach wenigen Augenblicken einen aus Dattelfasern gefertigten Strick.
„Legen Sie ihm denselben um den Hals!“ sagte Steinbach.
Normann folgte dieser Aufforderung.
Als der Riese den Strick an seinem Hals fühlte, machte er eine gewaltige Anstrengung, seine Fessel zu zerreißen, und schrie, als ihm das nicht gelang:
„Das darfst du nicht! Du darfst mich nicht erwürgen!“
„Ich werde dir gleich zeigen, daß ich es darf!“
Steinbach ergriff das eine Ende des Strickes, während Normann das andere noch in der Hand hielt.
„Willst du selbst den Henker machen?“ schrie Falehd.
„Ja. Es ist keine Schande, denjenigen zu töten, den man vorher besiegt hat. Also machst du kein Testament?“
„Nein!“ antwortete der Riese, der noch immer nicht glaubte, daß man es wagen werde, ihn zu töten.
„Du willst kein Sterbegebet?“
„Nein.“
„So fahre hin in allen deinen Sünden! Zieh an, da drüben! Eins – zwei – dr –“
Beide, Steinbach und Normann, stemmten die Füße ein, als ob sie an beiden Seiten des Strickes ziehen wollten, und zogen auch wirklich so weit an, daß sich die Schlinge fest um den Hals Falehds legte. Erst jetzt war dieser überzeugt, daß man Ernst mache, und so groß, wie vorher sein Selbstvertrauen gewesen war, so groß oder vielmehr noch größer war nun seine Angst. Entsetzt warf er sich mit dem Oberkörper empor und brüllte:
„Halt! Haltet ein!“
„Warum? Bittest du um Schonung?“
„Ja.“
„So tue es! Sprich das Wort aus, sonst gilt es nichts!“
„Aman, aman – Gnade, Gnade!“
„Gut! Das Leben sei dir geschenkt. Wir werden dich also losbinden.“
Steinbach bückte sich bereits, um dies zu tun, da aber ertönte es hinter ihm:
„Halt, noch nicht! So schnell darf man einem Besiegten das Leben nicht schenken. Zumal diesem hier nicht!“
Kalaf, der Alte, war es, der diesen Einspruch erhob.
„Er hat ja um Gnade gebeten!“ meinte Steinbach.
„Ja, das hat er, aber es fragt sich, ob er auch die Folgen dieser Bitte auf sich nehmen will. Er ist der Bruder des toten Scheiks, er hat sich für den Mächtigsten und Unüberwindlichsten gehalten, dem alles untertan sein muß; vielleicht glaubt er, daß wir aus lauter Angst und Respekt vor ihm gar nicht daran denken, ihn die Folgen seiner Gnadenbitte fühlen zu lassen. Daher will ich erst einige Worte mit ihm sprechen, ehe du ihm das Leben schenkst.“
Das von der Sonne verbrannte Gesicht des Riesen wurde erdfahl. Das war der sicherste Beweis, daß der vorsichtige Alte das Richtige gedacht hatte. Falehd hatte wirklich gemeint, daß er, der Angesehene und Gefürchtete, sich begnadigen lassen könne, ohne auch die Schande tragen zu müssen. Ja, vielleicht hatte er wohl gar gemeint, daß der Stamm überhaupt nicht zugeben werde, daß der stärkste seiner Krieger von Steinbach getötet und nun gar erdrosselt werden könne, wenigstens war dies aus seinem vorherigen Vorhaben sehr leicht zu ersehen. Jetzt erkannte er, daß weder das eine noch das andere der Fall sei. Er hatte keine Rücksicht, keinen Vorzug zu erwarten; diese Überzeugung trieb ihm mit aller Gewalt das Blut aus dem Gesicht in
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