50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
Tarik schnell, ehe Steinbach es verhindern konnte, nieder, küßte seine Hand und rief:
„Tausendmal Dank, millionenmal Dank! Ich werde für dich beten, solange ich lebe, und ich werde alle meine Kinder und Kindeskinder lehren, für deine Kinder und Kindeskinder zu beten!“
Steinbach antwortete lachend:
„Wir wollen jetzt unsere Nachkommen noch nicht so genau ausrechnen und auszählen. Bis jetzt sind wir nur die Urahnen ohne Nachkommen und ohne Frau. Eile, damit du recht bald die deinige erhältst! Ich wünsche dir, daß es in fünfzig Jahren einen Stamm der Beni Tarik gebe, der tausend Köpfe zählt!“
„O Allah, Allah, das ist zuviel, tausend Köpfe in fünfzig Jahren!“
Bei diesen Worten rannte Tarik davon. Er traf die beiden Schwestern nicht mehr an der Stelle, an der er sie verlassen hatte. Sie waren nach der Ruine gegangen, und er folgte ihnen nach, vor Glück und Seligkeit fieberhaft aufgeregt.
Unten verkündete der Muezzin den Ausgang des Kampfes. Die Veröffentlichung wurde mit allgemeinem Jubel aufgenommen, besonders auch aus dem Grund, weil niemand eine Wette verloren hatte, da faktisch kein Fehlschuß getan worden war. Man begann erst jetzt die Absichten Steinbachs klar zu durchschauen; man pries seine Weisheit, seine Stärke, seinen Mut, und selbst die Anhänger Falehds mußten mit einstimmen, um sich nicht mißliebig zu machen.
Als Tarik die Ruine erreichte, waren die Schwestern bereits im Innern derselben verschwunden. Er ging ihnen nach. Als er bei ihnen eintrat, entfernte sich Hiluja rücksichtsvoll. Sie sagte sich, daß diese beiden jetzt doch wohl am liebsten miteinander allein sein möchten, und sie hatte recht.
Badija und Tarik standen sich einander gegenüber, ohne sofort zu Wort zu kommen, er aber war noch verlegener als sie.
„Ich hörte noch unter der Tür die Schläge des Muezzins“, sagte Badija endlich. „Was wurde verkündigt?“
„Daß ich der Sieger bin.“
„Ich dachte es mir.“ Dann legte sie ihm die Hand auf die Schulter und fuhr fort: „Weißt du, was ich von diesem Masr-Effendi denke?“
„Er ist ein Held.“
„Er kommt mir noch viel mehr vor, nämlich wie ein Engel, den Allah uns vom Himmel gesandt hat, um uns die höchste Gnade und Barmherzigkeit zu erweisen. Du und Hilal, ihr hättet für mich gekämpft und wäret getötet worden. Masr-Effendi aber hat euch und mir das Leben gerettet, denn auch ich wäre gestorben. Tarik, hörst du, die Schläge erschallen wieder; es ist die Zeit des Nachmittagsgebetes. Laß uns vor allen Dingen hier miteinander niederknien, um Allah zu danken und zu preisen für seine unendliche Barmherzigkeit und ihn bitten, das ganze Maß seiner Liebe auszuschütten über unseren Retter, der sein Leben wagte, um uns vom schmählichen Tod zu erlösen!“
Sie knieten nebeneinander nieder und beteten, nicht laut, sondern still und inbrünstig. Der aber, zu dem sie beteten, hörte die Stimmen ihrer Herzen und sah die Aufrichtigkeit ihrer Wünsche. Welchen Namen man ihm auch geben möge, ob man ihn Herr, Gott, Manitou oder Allah nenne, er ist doch ein und derselbe, die ewige, unendliche Liebe, der Schöpfer und Vater aller Menschen, der nicht nach der Verschiedenheit der Bekenntnisse fragt, sondern nur das Herz und die Seele prüft. Vor ihm sind alle gleich, Christen, Juden, Türken, Heiden. Nicht das Bekenntnis tut es, nicht die Konfession, sondern der eine, große Gottesgedanke, von dem der Dichter sagt:
„So einigt er zu einem Strome
Die Menschheit all', von nah und fern,
Zu knien anbetend in dem Dome
Der Schöpfung vor dem einen Herrn.
Der Glaube nur kann triumphieren,
Der einen Gott und Vater kennt.
Die Namen sinken, und es führen
Die Wege all' zum Firmament!“
Es waren heilige Augenblicke, in denen die beiden da knieten und stilles Zwiegespräch mit Allah hielten. Und als sie sich erhoben und nun voreinander standen, fühlten sie sich erhoben und ergriffen, als ob sie einem Gottesdienst beigewohnt hätten. Die Weihe blieb noch über und auf ihnen, so daß es ihnen unmöglich gewesen wäre, jetzt von alltäglichen, profanen Dingen zu sprechen. Es gab vielmehr für sie nur einen großen Gedanken und ein großes, gewaltiges Empfinden: die Liebe. Badija reichte Tarik ihr kleines Händchen hin und sagte, glücklich lächelnd:
„Du bist der Sieger, ich gehöre dir!“
„Ich verstehe dich“, entgegnete Tarik vor Glück bebend, „und wage doch nicht zu glauben, dich zu verstehen. Wolltest du mir wirklich, wirklich das sein,
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