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50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste

Titel: 50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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in demselben Augenblick, in dem du die Königin berührtest, deinen Kopf zerschmettert. Du warst klug, zurückzuweichen.“
    Das Gesicht des Riesen nahm einen beängstigenden Ausdruck an. Es war, als ob ein Panther sich auf sein Opfer stürzen wolle. Er rief heiser:
    „Und das sagst du mir – mir – mir?“
    „Ja.“
    „Hund und Sohn eines …“
    „Halt! Kein Wort weiter und keine Bewegung!“
    Falehd hatte wirklich Tarik packen wollen; der mutige Jüngling aber hatte blitzschnell sein Gewehr ergriffen, einen Seitensprung getan und den Lauf auf die Brust des Riesen gerichtet. Den Finger am Drücker, rief er drohend:
    „Du sagtest das Schimpfwort Hund. Wen meintest du?“
    Der Riese schwieg, denn es gibt für den Beduinen keine größere Beleidigung, als ein Hund genannt zu werden. In diesem Fall ist der Beleidigte berechtigt, den Beleidiger sofort zu töten, ohne die Blutrache fürchten zu müssen. Falehd erkannte, daß er hier trotz seiner Körperstärke nichts machen könne. Er wußte, daß im Fall der Bejahung Tarik augenblicklich losdrücken werde, doch sein Stolz bäumte sich auch dagegen auf, sich zu einer feigen Lüge zwingen zu lassen.
    „Wen meintest du?“ wiederholte Tarik.
    „Geht das dich etwas an?“ wich Falehd aus.
    „Ja, denn ich war es, in dessen Gegenwart du das Wort aussprachst. Ich habe nicht lange Zeit zu warten. Also antworte! Meintest du mich?“
    Und als der Gefragte auch jetzt noch mit der Antwort zögerte, fügte Tarik hinzu:
    „Antwortest du nicht, so muß ich das Wort auf mich beziehen. Also, hast du mich gemeint? Eins – zwei –“
    „Halt! Nein! Dich nicht!“ stieß der Riese hervor.
    „So gehe ruhig weiter!“
    Tarik nahm zwar das Gewehr von der Backe, trat aber vorsichtig noch zwei Schritte zurück, damit er nicht durch einen schnellen Sprung Falehds in die Gewalt desselben geraten und waffenlos gemacht werden konnte.
    „Ja, ich gehe!“ sagte dieser, tief Atem holend, und langsam stieg er die Stufen hinab.
    „Er kocht vor Grimm!“ raunte einer der auf den Stufen Sitzenden Tarik zu.
    „Er hat aus Angst gelogen, er, der stärkste des Stammes! Seine Ehre ist dahin!“ antwortete dieser.
    „Ja, seine Ehre ist dahin. Morgen werden es alle Frauen und Kinder wissen, daß Falehd die Unwahrheit sagte, weil er sich vor dem Sohn des Blitzes fürchtete. Allah hat ihn verlassen!“
    Auf der Treppe und am Eingange der Ruine war es ruhig geworden. Desto lebhafter aber ging es unten im Zeltlager und draußen vor demselben her.
    Die Herden wurden zusammengetrieben und rund um dieselben Feuer angezündet, um die wilden Tiere abzuschrecken. Das Abendgebet war, während Falehd sich bei Badija befand, gesprochen worden; es wurde schnell dunkel, und auch vor den Zelten des Lagers brannte ein Feuer nach dem anderen auf.
    Dann kam ein Mann langsam die Ruinenstufen herauf. Er hatte ein langes, an einer Schnur hängendes Brett in der einen Hand und einen Hammer in der andern. Dieser Mann war der Muezzin, der Gebetausrufer, der auch alle sonstigen Verkündigungen und Veröffentlichungen zu besorgen hatte. Er blieb nicht auf der obersten Stufe stehen, sondern kletterte möglichst hoch an den Quadern des alten Gebäudes empor, um recht weit gehört zu werden. Dann hielt er das Brett frei an der Schnur und schlug mit dem Hammer dreimal an dasselbe. Das gab einen eigentümlich melancholischen, aber doch weithin dringenden Ton.
    Sofort trat im Lager die größte Ruhe ein. Und nun ertönte die Stimme des Ausrufers von der Höhe herab:
    „Hört, ihr Gläubigen, ihr Männer! Gesegnet seien die Weisen und gebenedeit die Klugen! Allah gibt dem Alter die Kenntnis und dem grauen Kopf alle Wissenschaft. Sie werden kommen und sich um das Feuer setzen, einen Rat zu halten zum Wohl des Stammes und zum Segen der Angehörigen. Allah öffne ihre Augen! Friede sei mit allen!“
    Das waren die allbekannten Worte, mit denen verkündigt zu werden pflegte, daß der Rat der Alten zusammentreten werde. Der Ausrufer stieg langsam und würdevoll wieder nieder, und nun flammte auf dem großen Zeltplatz ein Feuer empor, das denselben vollständig beleuchtete, und von allen Seiten kamen diejenigen herbei, die zur Versammlung gehörten, um an diesem Feuer Platz zu nehmen. Jeder andere mußte in angemessener, ehrerbietiger Entfernung bleiben.
    Tarik lehnte oben auf der Plattform der Treppe. Er hatte die Arme auf einen einzeln stehenden Steinquader gelegt und blickte hinab auf die Zelte, die, vorn von der Flamme

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