50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
häßlich und abstoßend!
„Mich zwingen?“ lächelte sie. „Ich möchte den sehen, der mich zwingen wollte, das Weib eines Mannes zu werden, den ich nicht mag!“
„Jeder, jeder wird dich dazu zwingen!“
„Ah! Du wohl auch?“
„Ja, ich auch. Du bist die unsrige, und hast dich nach unseren Gebräuchen zu richten.“
„Die eurige?“ fragte sie. „Das sagst du wohl, aber es ist nicht so; ich bin nie die eurige gewesen!“
Ihre Stimme klang dabei so, als ob ihr vor irgend etwas graue. Langsam und stockend fuhr sie fort:
„Dein Bruder begehrte mich zwar zum Weib; aber er war alt, er konnte kein Herz erobern, und ich gehorchte nur meinem Vater, der ihm seinen Wunsch erfüllte, denn ich war gewohnt, dem Vater zu gehorchen, und es gab keinen, dem mein Herz gehörte. Nur darum wurde ich das Weib deines Bruders.“
„Das war ja sehr gnädig und barmherzig von dir gegen uns gehandelt!“ höhnte er. „Gibt es vielleicht jetzt einen, dem dein Herz gehört?“
„Hast du danach zu fragen?“
„Vielleicht ja!“
„Oh, laß das bleiben! Denn obwohl ich deines Bruders Weib wurde, so konnte ich ihn dennoch nicht lieben, und ich blieb ihm fremd, wie er mir. Nie hat er mich berühren dürfen. Daraus magst du erkennen, daß ich nicht die eurige bin. Ich werde nur dem gehören, dem mein Herz gehört. Gibt es hier so einen Mann, so wird er euer Scheik sein; gibt es keinen, so bleibe ich ledig und eure Anführerin oder, wenn ihr das nicht wollt, gehe ich nach Hause zu den Zelten meines Stammes.“
Falehd antwortete nicht. Erst nach einer Weile fragte er:
„Aber du schläfst!“
„Oh, ich glaube, sehr wach zu sein.“
„Nein, du schläfst, denn du träumst. Das, was du soeben sagtest, kannst du nur im Traum gesagt haben. Du magst meinem Bruder erlaubt haben oder nicht, dich zu berühren, so bist du doch jetzt eine Angehörige der Beduinen des Stammes der Sallah, und bei uns gilt das Gesetz, daß eine Witwe dem nächsten Verwandten ihres verstorbenen Mannes gehört. Der nächste Verwandte meines Bruders bin aber ich, und du wirst also mein Weib sein!“
„Niemals!“
„Ah! Du liebst mich nicht?“ lachte er.
„Ich hasse dich!“
„Das stört mich nicht. Du wirst mich noch lieben lernen, denn ich werde dich anders behandeln als mein Bruder. Er war nur stolz darauf, daß du sein Weib hießest; ich aber werde dafür sorgen, daß du es auch wirklich bist.“
„Das wird nie geschehen!“
„Sogar sehr bald. Ich komme ja eben, um dir zu sagen, daß heute abend die Versammlung der Ältesten zusammentreten wird, um über diese Frage zu entscheiden. Das Jahr ist vorüber, und der Entscheidung dieser Versammlung mußt du dich fügen.“
„Lieber sterben!“
„Weshalb? Du wirst in meinen Armen die glücklichste der Sterblichen sein. Ja, man muß dich mir zusprechen. Nur ein Kampf auf Leben und Tod könnte dich zum Weib eines andern machen. Und glaubst du, daß es jemals einen geben könnte, der es wagen möchte, mit mir, mit Falehd zu kämpfen?“
„Ich weiß es, daß du mit deiner Stärke prahlst; aber Allah ist mächtig, er kann einem Knaben die Kräfte eines Riesen geben.“
„So wollen wir abwarten, ob er es tut. Nach dem Gebrauch des Stammes muß ich, wenn du mir zugesprochen wirst, drei Tage lang warten, ob sich jener findet, der mit mir kämpfen will. Fürwahr, ich würde mich freuen, wenn sich einer meldete, denn ich würde ihn zermalmen, daß selbst die Fetzen seiner Seele nicht mehr zu finden wären. Am vierten Tag bist du dann mein Weib, und niemand kann daran das geringste ändern, selbst du nicht. Es wird wahrlich Zeit, daß der Stamm wieder einen Scheik bekommt. Die Zeiten sind ernst. In wenigen Wochen wird sich über Ägypten das Geschrei des Krieges erheben, und auch unsere Tapferen werden nach dem Nil ziehen, um dem Vizekönig zu zeigen, was sie vermögen.“
„Ihr wollt gegen ihn kämpfen?“
„Was sonst? Ist er unser Freund?“
„Ist er etwa euer Feind?“
„Er ist der Feind aller Söhne der Wüste. Er hat ihnen ihr Land genommen; er fordert Steuern und Tribut, und er läßt den Fellah, der dies nicht bezahlt, von seinen Arnauten peitschen. Heute aber ist ein Abgesandter des Sultans gekommen, des eigentlichen Beherrschers des Landes; ein Gesandter des Sultans von Rußland ist schon längst hier. Beide werden an der Versammlung der Ältesten mit teilnehmen, und die ehrwürdigen Männer werden den Krieg gegen den Vizekönig beschließen. Das ist sicher und
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