51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie
wunderbar, daß Ihr auf meine Spur geraten seid.“
„Pshaw! Ich bin ein Rafter.“
Steinbach sagte dies in einem ironisch-bescheidenen Ton. Der dicke Sam fiel sogleich ein:
„Das ist auch etwas Rechtes, ein Rafter zu sein!“
„Warum, Master Barth?“
„Ein Rafter ist nichts weiter als ein Holzdieb. Er verbindet sich mit andern Rafters zu einer Bande, die eine passende Stelle im Kongreßland oder in dem Besitztum eines andern aufsuchen, die besten Bäume niederschlagen, zu Flößen verbinden und stromabwärts bringen, um sie zu verkaufen. Kein einziger Baum, der ihnen auf diese Weise Geld einbringt, war ihr rechtmäßiges Eigentum. Sie sind Forstspitzbuben, Holz- und Wilddiebe, und zwar die gefährlichsten, die es nur gibt; denn wenn der rechte Eigentümer kommt, um ihr Treiben sich zu verbitten, so lachen sie ihn doch nur aus und schießen ihn unter Umständen gar ohne weiteres tot. Also rühmt Euch ja nicht etwa, ein Rafter zu sein, Landsmann. Wenn Eure Verwandten drüben in Sachsen, in Herlasgrün wüßten, daß Ihr ein solcher Kerl geworden seid, so drehen sie sich im Grabe um, noch ehe sie gestorben und begraben sind.“
„Macht die Sache nicht gar so schlimm!“
„Es ist so, wie ich sage. Übrigens treiben sich die Rafters nur in der Nähe der Flüsse herum. Sie brauchen ja das Wasser, um ihre Flöße zu transportieren. Kenner des Landes, Pfadfinder sind sie also nicht, und Spürnasen haben sie auch nicht. Ich begreife also gar nicht, wie Ihr sagen könnt, daß Ihr die Spur unseres Master Wilkins gefunden habt, weil Ihr ein Rafter seid. Zu einem ordentlichen Scout gehört doch mehr, als ein Rafter sein kann.“
„Ihr habt Euch da wirklich ganz in Zorn und Ärger hineingeredet!“ lachte Steinbach.
„Es ist auch danach. Ihr seid zwar ein Landsmann von mir, aber noch ein Neuling in der Prärie. Ihr habt weder ein Gewehr noch Pulver, Blei und Schrotbeutel. Ein Beil und ein Messer, das ist alles, was Ihr habt, und damit tut Ihr so dick, als ob Ihr die ganze Savanne zum Frühstück auffressen und den Mississippi dazu austrinken wolltet. Hier sind auch noch Leute, und von denen könnt Ihr etwas lernen. Merkt Euch das! Verstanden?“
„Ja, mein lieber Master Sam, Ihr habt recht. Ich bin ein bißchen unbescheiden gewesen. Der Mensch soll nicht dicker tun, als er ist. Ich will mir das in Zukunft abgewöhnen. Seid Ihr mit dieser Erklärung vielleicht zufrieden?“
„Ich muß wohl. Haltet aber auch Wort!“
Steinbach blinzelte ihn von der Seite an und sagte:
„Ich halte Wort, obgleich ich Eure Gedanken errate.“
„Das sollte Euch wohl schwer werden.“
„Leichter als Ihr denkt.“
„Oho!“
„Sie stehen Euch im Gesicht geschrieben. Man kann sie sehr leicht erraten, wenn man nur aufpaßt, nach welcher Seite Ihr immer schielt. Ein Rafter kann auch scharfe Augen haben, obgleich er ein Spitzbube ist.“
„Gerade Spitzbuben brauchen scharfe Augen. Was habt Ihr mit den Eurigen gesehen?“
„Daß Ihr immer hinüber zu der guten Frau Auguste schielt.“
„Hm! Das werde ich als ihr Schatz, Geliebter, Verliebter und Verlobter wohl dürfen.“
„Ganz gewiß! Aber was Ihr dabei denkt, das ist die Hauptsache.“
„Nun, was denke ich denn?“
„Ihr seid sonst ein ganz guter, lieber und friedfertiger Mann. Wenn wir unter uns gewesen wären, hättet Ihr sicherlich nicht so sehr auf die Rafters geschimpft, mich einen Neuling genannt und mir gesagt, daß ich von Euch noch lernen könne. Da aber Eure Gustel anwesend ist, muß der Knopfmacher dicke tun, damit sie ihn für einen großen Kerl hält.“
„Knopfmacher?“ brauste Sam auf.
„Ja. Wenn der Tauber der Täubin oder der Hahn der Henne den Hof macht, so spreizt er die Flügel aus, so weit er kann.“
„Verdammt! Was habt Ihr Euch um meine Flügel zu bekümmern?“
„Ich will Euch nur ebenso ein wenig ärgern, wie Ihr mich geärgert habt. Vielleicht könnt Ihr von mir auch noch etwas lernen.“
„Was denn zum Beispiel?“
„Das werdet Ihr noch merken.“
„Oho! Dicke tun, das kann ich von Euch lernen, weiter nichts. Aber das ist nicht notwendig, denn ich habe bereits so viel Fleisch unter der Haut, daß ich nicht noch Eure Weisheit brauche.“
„Schön! So will ich sie in Zukunft für mich behalten.“
„Daran werdet Ihr sehr wohl tun, liebes Männchen. Tretet erst die Prärie und den Urwald einmal so breit, wie ich es getan habe, dann könnt Ihr mitreden, jetzt aber noch lange nicht. So ein Nesthäkchen denkt ein großer
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