52 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 04 - Arizona
kann.“
„Das ist eben meine Ansicht, Sam. Seht Euch die Ufer an. Sie sind mit dichten Dogwoods besetzt, deren Äste und Zweige bis in das Wasser niederhängen, besonders das rechte Ufer. Diese Zweige können sehr leicht den Eingang eines solchen Bayous verdecken. Wir sind vom Boot aus gesehen worden. Die Kerle haben ein Bayou in der Nähe gehabt und haben sich hier versteckt, um uns in aller Gemütlichkeit vorüberzulassen!“
„Kehren wir um!“ rief da der Lord kurz entschlossen. „Maschinist, holla, wenden!“
„Halt!“ fiel jedoch Steinbach ein. „Nicht so schnell, Sir! Ehe wir wenden, haben wir uns zu überlegen, was geschehen soll.“
„Was geschehen soll? Nun, wir kehren um und suchen das Bayou.“
„An welchem Ufer sollen wir es suchen?“
„Das werden wir schon sehen, wo es ist.“
„Nein, denn wir haben es aufwärts auch nicht gesehen. Es liegt eben so versteckt und verdeckt, daß es ganz besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Sam, was meint Ihr, an welchem Ufer wird sich das Bayou befinden?“
Der Dicke betrachtete sich die rückwärts liegenden Ufer.
„Auf dem rechten“, antwortete er.
„Ich bin ganz derselben Ansicht. Aber welche Gründe habt Ihr zu Eurer Annahme?“
„Ich habe mehrere. Erstens ist dieses Ufer viel dichter bebuscht als das andere, ein Versteck ist also da eher möglich. Zweitens liegt es am Außenbogen der Flußkrümmung, das Wasser schneidet da also mehr ein und kann ein Bayou bilden. Drittens ist es nicht so felsig wie das andere, folglich kann das Wasser eine kleine Bucht ausnagen. Und viertens haben sich unsere Flüchtlinge jedenfalls mehr an das rechte Ufer gehalten, weil dieses die Grenze bildet, die sie überschreiten wollen.“
Bei dieser Begründung des pfiffigen Dicken kratzte sich der Lord hinter dem Ohre und sagte:
„Verteufelt, verteufelt! Das ist scharfsinnig! Wer kommt auf solche Gedanken!“
„Ich, wie Ihr gehört habt“, lachte Sam.
„Aber ich nicht!“
„Nein. Ich glaube Euch sehr gern, daß Ihr an einer solchen Berechnung ganz unschuldig sein würdet, trotzdem Ihr einen Waldläufer vorn am Bug des Dampfers habt.“
„O bitte, Master Sam! Wir befinden uns auf dem Wasser. Damit hat ein Waldläufer nichts zu tun.“
„Meint Ihr? Da befindet Ihr Euch in einem sehr bedeutenden Irrtum. In der Prärie und im Urwald gibt es zuweilen Wasser genug, mehr als Ihr jetzt hier seht. Ein Waldläufer muß sich auf dem Wasser ebenso zurechtfinden wie auf dem Land. Also, Master Steinbach, stimmt Ihr mir bei?“
„Ja. Ich wette, daß sich das Segelboot am rechten Ufer versteckt hat.“
„Nun gut, so kehren wir um und fahren rechts stromabwärts!“
„Nein, mein guter Sam. Das wäre verkehrt.“
„Ah! Warum?“
„Wir müssen am linken Ufer abwärts.“
„Wo sich das Versteck nicht befindet?“
„Ja.“
„Da entdecken wir es doch gar nicht!“
„Gerade dann entdecken wir es. Aber wenn der Dampfer rechts fahren wollte, so würden wir nichts entdecken.“
„Also ganz verkehrt. Ich verstehe das nicht.“
„Das würden sie wohl selbst in Herlasgrün nicht begreifen?“ lächelte Steinbach.
„Sicher nicht. Und dort gibt es doch Leute, die Haare auf den Zähnen haben.“
„So seht Ihr eben, daß auch gescheite Leute einmal eine falsche Ansicht haben können.“
„Könnt Ihr mir beweisen, daß die Eurige recht ist?“
„Ich werde es Euch erklären, und der Erfolg wird es beweisen und bestätigen. Ihr meint doch, daß das Bayou ganz versteckt liegt?“
„Ja.“
„Daß sich die Flüchtlinge drin verborgen halten?“
„Natürlich.“
„Wenn wir wiederkommen, und sie sehen uns nahe bei sich, was werden sie tun?“
„Gar nichts. Sie werden sich nur mäuschenstill verhalten.“
„Richtig.“
„Aber wenn wir auf der verkehrten Seite fahren –?“
„Sapperment, wird sie das freuen! Da werden sie uns sicher auslachen!“
„Also nicht so mäuschenstill sein?“
„Wohl nicht.“
„Na also! Da habt Ihr meine Gründe.“
Sam machte ein ganz verzweifeltes Gesicht und sagte:
„Ich bin sonst nicht auf den Kopf gefallen, dieses Mal aber langt mein Schädel nicht zu. Ich verstehe Euch nicht.“
„Und doch ist es so leicht.“
„Ich bleibe dabei, daß wir das Versteck, das am rechten Ufer liegt, nicht sehen, wenn wir uns am linken halten. Ihr müßt bedenken, daß der Strom beinahe eine halbe Stunde breit ist.“
„Ihr sollt es leicht begreifen. Der Dampfer schwimmt links, wir beide aber, nämlich Ihr und ich, wir
Weitere Kostenlose Bücher