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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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augenblicklich geweckt werden.“
    Sam schritt auf die betreffende Tür zu; aber der Kreishauptmann hielt ihn fest und rief:
    „Halt! Keinen Schritt weiter. Ihr geht schleunigst fort, sonst –!“
    „Sonst?“ fuhr Sam ihn drohend an. „Was ist sonst?“
    „Sonst weiß ich, was ich zu tun habe!“
    „Gott sei Dank! Endlich weißt du einmal etwas. Du siehst nämlich so aus, als ob du nie etwas wüßtest. Und bisher habe ich gefunden, daß sich das bestätigt.“
    „Willst du mich beleidigen?“
    „Dich? Du bist nicht der Kerl, mit dem ich mir die Mühe geben möchte, ihn eigens zu beleidigen! Mach, daß du mir aus dem Weg kommst!“
    Sam ließ den Gewehrkolben auf den Boden fallen, daß es krachte. Jim und Tim stießen ebenso wie er ihre langen Büchsen nieder. Jim war aber dabei einen Schritt nähergetreten und traf infolgedessen – wohl mehr absichtlich als zufällig – den Fuß des Kreishauptmanns so kräftig, daß dieser einen lauten Schmerzensschrei ausstieß und einen Luftsprung machte, den ein Bajazzo gar nicht besser hätte fertigbringen können.
    Nun riß der Rittmeister seine Tür auf und stürzte hervor, grimmig fragend:
    „Was ist denn das für ein Höllenspektakel? Hat man denn keine – Donnerwetter! Wieder diese Kerle!“
    „Ja, wir sind es wieder“, lachte Sam. „Hoffentlich sind wir willkommen?“
    „Ihr! Was wollt ihr abermals?“
    „Dieses Mal kommen wir nicht wegen des Duells, sondern in einer rein militärischen Dienstangelegenheit.“
    „Dazu ist jetzt keine Zeit. Jetzt wird nichts expediert.“
    „So! Wann denn? Des Nachts steckst du im Feuerwerksgebäude und des Tags schläfst du. Wann soll man da seine Angelegenheit erledigen? Ich sage dir, wenn du uns nicht sofort anhörst, so geht ein Brief nach Irkutsk an den Gouverneur. Ich werde mir schon Gehör verschaffen! Machen wir es kurz. Hast du Zeit, oder soll ich den Brief schreiben?“
    Das Auftreten des kleinen Dicken war so selbstbewußt und imponierend, daß der Rittmeister es nicht wagte, nein zu sagen.
    „Kommt herein!“ befahl er.
    In diesem Augenblick ging eine andere Tür auf, aus der Gökala trat. Sam blieb unwillkürlich stehen, um sie zu betrachten. Sie war so gekleidet, daß man ihr ansah, sie wolle ausgehen. Der Dicke sagte sich, daß er noch niemals ein so herrliches Mädchen gesehen habe. Er ahnte sogleich, wer sie sei.
    „Was willst du, mein Töchterchen?“ fragte sie der Kreishauptmann, dessen Gesicht noch immer schmerzlich verzogen war von dem Kolbenstoß, den er erhalten hatte.
    „Ich will Karpala, die Prinzessin der Tungusen besuchen. Wir trafen uns heute früh draußen auf der Steppe. Sie hat mich eingeladen.“
    „Du kannst nicht zu ihr. Der Graf hat es verboten. Du darfst das Haus nicht verlassen.“
    Gökala blickte dem Kreishauptmann hoheitsvoll in das Gesicht und antwortete:
    „Mir hat niemand etwas zu befehlen, weder der Graf noch du. Ich gehe.“
    Dann tat sie einige Schritte vorwärts. Der Kreishauptmann aber stellte sich ihr in den Weg und antwortete:
    „Ich bin gezwungen, die Befehle des Grafen auszuführen. Ich bitte dich, in dein Stübchen zurückzugehen, sonst muß ich Gewalt anwenden.“
    Gökala erbleichte vor innerer Erregung.
    „So bin ich eine Gefangene?“
    „Ja.“
    „Dann bitte ich dich, zu Karpala zu senden. Sie mag die Güte haben, zu mir zu kommen.“
    „Auch das geht nicht an. Du darfst keine Besuche empfangen. Ich habe dich unter strenger Wacht zu halten und wundere mich, daß der Graf dir nichts darüber mitgeteilt hat. Handelst du unüberlegt, so hast du die Folgen zu tragen. Gehe jetzt wieder in dein Zimmer!“
    Mit diesen Worten öffnete der Kreishauptmann eine Tür, und soeben wandte sie Gökala mit einer stolzen Bewegung derselben zu, um einzutreten, als auch schon Sam an ihrer Seite stand und sie in deutscher Sprache fragte, während bis jetzt natürlich nur russisch gesprochen worden war:
    „Verzeihung! Ihr Name ist Gökala?“
    Bei diesen Lauten machte das schöne Mädchen eine Bewegung des größten Erstaunens.
    „Welche Überraschung!“ sagte sie, ebenfalls deutsch. „Sie sind ein Deutscher und kennen meinen Namen?“
    „Wie Sie hören.“
    „Woher?“
    „Da von später! Bitte, gehen Sie einstweilen in Ihr Zimmer. Sie sollen Karpala sehen und auch sprechen.“
    Da rief der Kreishauptmann:
    „Was ist das für eine Sprache? Was habt ihr miteinander zu sprechen? Ich darf das nicht dulden.“
    „Das war die Hottentottensprache“, lachte Sam. „Und

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