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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu dem Rittmeister zu verfügen.
    „Aber Väterchen“, meinte der Polizist. „Wie steht es denn mit dem Wodka, den du uns versprochen hast?“
    „Den erhaltet ihr.“
    „Und auch mein Geld?“
    „Zahlen werde ich erst dann, wenn die Sache in Ordnung ist.“
    „Du hast recht. Aber wir haben Durst. Sollen wir so lange warten? Das können wir nicht aushalten.“
    „So laßt euch einstweilen eine Flasche geben!“
    „Eine – eine einzige? Soll mein Weib verdursten und meine Tochter mit ihr?“
    „Ich denke, ihr habt genug, bis wir wiederkommen. Die Flaschen sind ja groß.“
    Sam deutete nach einem Tisch, auf dem eine ganze Anzahl gefüllter Bouteillen stand.
    „Groß?“ rief der Polizist. „Soll ich dir einmal zeigen, wie groß sie sind?“
    „Ja.“
    „Du bezahlst sie?“
    „Natürlich.“
    Der Polizist nahm eine der drei Flaschen vom Tisch, entkorke sie, setzte sie an den Mund und trank sie vollständig leer. Dann schnalzte er mit der Zunge, verdreht die Augen und rief:
    „Das ist ein Trank! Zwanzig solcher Flaschen in einer Stunde! Das wäre gerade, als ob man sich im Himmel befände!“
    „Ja, selig würdest du dann wohl sein. Aber ich will nicht grausam gegen euch sein. Nimm dir noch eine Flasche und gib auch deiner Frau und Tochter jeder eine!“
    Das ließ sich der Mann nicht zweimal sagen. Die Flaschen waren im Augenblick entkorkt. Er leerte seine zweite. Die beiden Frauen nahmen sich mehr Zeit; aber sie hatten auch ein solches Gefälle, daß sie voraussichtlich in fünf Minuten keinen Tropfen mehr hatten.
    Sam machte sich mit den Ratniki und Jim und Tim auf den Weg.
    Im Regierungsgebäude angekommen, sahen sie denselben Diener wieder. Er saß auf einer der Treppenstufen und aß Knoblauch. Als er sie erblickte, stand er auf und fragte, ihnen einen haßerfüllten Blick zuwerfend:
    „Was wollt ihr schon wieder?“
    „Dir eine Ohrfeige geben.“
    Bei diesen Worten holte Sam aus. Da tat der Mann einige Sprünge und verschwand durch die Hintertür. Er hatte ja erfahren, daß mit diesen fremden Männern nicht zu scherzen sei!
    Das Kommen derselben wurde auch anderweit bemerkt. Die Frau des Kreishauptmanns trat eben zufälligerweise aus ihrem Zimmer, sah die Männer und erfuhr auf ihre Frage von denselben, daß sie zu ihrem Sohn wollten.
    „Der ist nicht zu sprechen“, sagte sie.
    „Ist er fort?“
    „Nein. Er schläft.“
    „So muß ich sehr bitten, ihn sofort aus den Federn zu holen.“
    „Er liegt nicht im Bett, sondern auf dem Sofa. Dennoch aber darf ich es unmöglich wagen, ihn zu stören. Er würde mich –“
    „Was denn!“ donnerte Sam sie an. „Etwa fressen? Dazu siehst du mir doch nicht appetitlich genug aus.“
    So etwas war der Frau Kreishauptmännin denn doch noch niemals passiert! Das mußte gerächt werden. Sie stemmte daher beide Hände in die Hüften, pflanzte sich vor Sam auf und öffnete die Schleusen der Beredsamkeit. Ihre Strafrede floß so laut und ununterbrochen wie ein Platzregen. Die drei Männer aber lachten aus vollem Hals. Das verzehnfachte ihren Grimm und verwandelte den Platzregen in ein schauerliches Hagelwetter. Das prasselte, dröhnte, zischte, schnatterte, kreischte und donnerte so laut, daß es durch das ganze Haus zu hören war. Daher war es nicht zu verwundern, daß plötzlich die Tür aufgerissen wurde und der Kreishauptmann ganz erschrocken hervorstürzte.
    „Was ist denn los?“ rief er. „Das ist ja ein – ah, diese drei wieder!“
    Er machte Augen, als ob er die drei Freunde mit einem einzigen Blick erstechen wollte. Der dicke Sam aber sagte, laut lachend:
    „Höre, Väterchen, gibt es vielleicht einen tüchtigen Arzt hier in Platowa?“
    „Warum?“
    „Schick sofort zu ihm. Es ist deinem Mütterchen auf die Sprache gefallen. Wenn du nicht schnell Hilfe holst, wird sie nie wieder reden können.“
    Das war zu viel. Die Schleusen öffneten sich abermals. Der Beamte aber unterbrach seine Frau, indem er ihr Ruhe gebot, und schrie voller Wut den Dicken an:
    „Eine solche Frechheit ist geradezu unerhört! Was wollt ihr denn wieder bei mir?“
    „Bei dir? Oh, auf dich haben wir es dieses Mal gar nicht abgesehen; das kommt später. Wir wollen zu deinem Sohn.“
    „Der ist für euch nicht zu sprechen. Er schläft.“
    „Na, wenn er bei diesem Skandal schlafen kann, so muß ihn die Teufelsgeschichte heute nacht sehr kaputt gemacht haben. Er schläft dann so fest, daß zu befürchten ist, er werde nie wieder aufwachen. Darum muß er

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