Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Maria Petrowna. Du hast mich beleidigt, gröblich beleidigt, ja, so sehr beleidigt, daß ich es dir gar nie vergeben könnte, wenn mir nicht die ewige Liebe geböte, Barmherzigkeit zu üben. Du hast mich nicht empfangen.“
    „Ich konnte nicht. Wir hatten viel zu tun und haben deine Ankunft nicht bemerkt.“
    „So etwas sieht man ganz unwillkürlich. Ich bin ein sehr treuer Freund von euch, aber wenn solche Dinge geschehen, dann schüttelt man den Staub von den Füßen und geht weiter.“
    „Du bist sehr streng, Sergius Propow! Wir können unmöglich wissen, wann es dir beliebt, zu uns zu kommen. Wie kannst du von uns verlangen, daß wir uns aufs Geratewohl an das Fenster stellen sollen, um aufzupassen, wenn du uns deinen Besuch machen wirst. Dazu haben wir keine Zeit. Wir müßten täglich von früh bis spät am Fenster stehen, und du mußt ja wissen, daß wir mehr zu tun haben.“
    Diese Worte waren in einem ziemlich unwilligen Ton gesprochen. Anstatt aber zuzugeben, daß sie recht habe, nahm Propow den Einwurf übel, zog seine Dose hervor, nahm höchst geräuschvoll eine gewaltige Prise, zog die Stirn in tiefe Falten und erwiderte:
    „Maria Petrowna, es ziemt sich nicht für ein Weib, zu einem Mann in dieser Weise zu sprechen. Ein Weib muß stets bescheiden und höflich sein, aber beides bist du jetzt nicht gewesen. Ich habe also große Ursache, mich über dich zu beklagen.“
    „So kann ich es nicht ändern und bin wirklich neugierig, zu erfahren, bei wem du dich über mich beklagen willst.“
    „Bei deinem Mann natürlich.“
    „Daran will ich dich nicht hindern. Hier kommt mein Mann, du kannst also deine Beschwerde gleich anbringen.“
    Dobronitsch war eingetreten. Er sagte dem Besuch einen freundlichen Gruß und bot ihm die Hand. Propow aber ergriff dieselbe nicht, machte eine sehr gemessene Verbeugung und antwortete auf die freundliche Anrede des Bauern in strengem Ton:
    „Peter Dobronitsch, du kennst mich. Du weißt, daß ich einer der wohlhabendsten und geachtetsten Bewohner dieser Gegend bin; außerdem bin ich dein nächster Nachbar. Ich habe also zu verlangen, daß ich mit Achtung behandelt werde. Warum ist das nicht geschehen?“
    „Hat man dich denn mißachtet?“ fragte der Bauer ruhig.
    „Ja. Ich habe geklopft, und niemand war in der Stube, um mich zu empfangen. Man muß Achtung vor mir haben, wenn ich komme!“
    Da war es mit dem Gleichmut des Bauern zu Ende, und er sagte:
    „Du tust ganz so, als ob du Generalgouverneur von Sibirien wärst. Selbst der Zar wird nicht verlangen, daß wir für ihn bereitstehen. Wir sind nicht nur für dich allein vorhanden. Dein Verhalten ist nicht höflich, sondern grob und rücksichtslos. Ich hoffe, daß du das in Zukunft ändern wirst.“
    Propow machte ein Gesicht, als ob er etwas ganz Unbegreifliches vernommen habe, starrte den Bauern mit großen Augen an und fragte:
    „Das – das ist – dein Ernst? So hast du gar keine Ahnung, was ich eigentlich bei dir will?“
    „Wie könnte ich das wissen!“
    „Die Angelegenheit, in der ich komme, ist eine sehr glückbringende für euch.“
    „So! Das soll mich freuen. Darf ich also erfahren, was dich zu uns führt?“
    Propow setzte sich langsam und gravitätisch nieder, allerdings nur auf die äußerste Ecke des Stuhls, um dadurch anzudeuten, daß er sich beleidigt fühle und eigentlich mit solchen Leuten keine innige Freundschaft zu hegen brauche.
    Dann zog er seine Dose heraus, wirbelte dieselbe zwischen seinen steifen Fingern, machte eine sehr feierliche Miene und begann:
    „Weißt du, was im ersten Buch Moses zu lesen ist?“
    „Die Schöpfungsgeschichte.“
    „Richtig. Man kann da lesen, daß Gott den Menschen erschaffen hat, den Mann natürlich zuerst. Dann sah Gott ein, daß es nicht gut sei, daß der Mensch allein sei; er schuf auch die Frau, nachträglich nur, woraus eine jede Frau deutlich ersehen kann, daß der Mann weit höher steht als sie. Trotzdem ist es wirklich wahr, daß der Mann, bei Licht besehen, eine Frau braucht. Meinst du nicht auch?“
    „Einverstanden!“
    „Ich habe das auch eingesehen und bin entschlossen, mir ein Weib zu nehmen.“
    „Daran tust du sehr recht.“
    „Ich habe nun meine Wahl nicht etwa aus Rücksichten getroffen, wie man sie bei den Kindern der Welt findet. Ich will ein gottseliges Leben führen und mit meiner Frau den Herrn loben mit Harfen, Zimbeln und Psalter. Aber dennoch will ich auch meine Augenweide an ihr haben. Darum bin ich besorgt gewesen, mir

Weitere Kostenlose Bücher