54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken
dir ja bereits gesagt habe.“
„Donnerwetter! Sollte es wirklich dein Ernst sein, Mädchen! Und warum denn nicht?“
Statt aller Antwort nahm Mila den Freier beim Arm und schob ihn zu dem Spiegel, der an der Wand hing. Er blickte hinein und schüttelte den Kopf.
„Was soll ich mich denn ansehen?“ fragt er.
„Um mir zu sagen, wie du dir gefällst.“
„Ganz gut natürlich.“
„So hast du einen sehr schlechten Geschmack. Du hast ein Gesicht, als ob es zehn Jahre lang in Sauerkraut gelegen hätte. Deine Gestalt ist wie gemacht, um die Krähen zu vertreiben. Deine Stimme klingt wie das Knarren eines Wagenrades, und deine – Hände! Da, schau sie nur einmal an! Das sind wahre Bärentatzen. Ohren hast du wie ein Elefant, dafür aber keine Zähne. Du bist der häßlichste Kerl, den ich nur kenne. Wie kannst du da denken, daß ich dich zum Mann haben will! Geh, und laß dich nicht auslachen! Da sieht doch ein jeder Tunguse hübscher aus als du!“
So etwas hatte noch niemand dem biederen Propow gesagt. Er war daher ganz steif vor Schreck und Entrüstung. Er wollte sprechen, brachte aber zunächst gar nichts hervor.
„Maria Petrowna, hört ihr es, was eure Tochter sagt?“ fragte er endlich.
„Wir hören es“, antwortete der Bauer.
„Und ihr duldet das?“
„Ich erlaube gern jedermann, ungescheut seine Meinung zu sagen. Ich habe es auch geduldet, als du uns vorhin die deinige mitteiltest.“
„Das ist etwas anderes! Das, was eure Tochter sagt, ist aber eine fürchterliche Beleidigung für mich, eine Beleidigung, die bestraft werden muß!“
„So!“ antwortete das Mädchen. „Und was haben denn deine Worte enthalten? Du glaubst, schön zu sein und bist häßlich. Du hältst dich für fromm und bist doch ein Heuchler! Du tust, als ob du Gottes bester Diener seist und hast doch alle Fehler in dir, die ein Mensch nur haben kann. Du verlangst, daß man dich fast wie ein höheres Wesen behandle und bist doch ein ganz ordinärer Kerl. So stolz du bist, so dumm bist du auch. Wie kannst du dir einbilden, daß ich dich zum Mann haben möchte! Lieber würde ich mich töten. Du würdest nur der Henker deines Weibes sein. Der ärmste Mensch ist mir tausendmal lieber als du. Wie du jetzt so vor mir stehst, wundert es mich eigentlich, daß man dich für einen Mann halten kann! Du siehst gerade aus wie ein Pavian. Gehe hin und heirate eine Meerkatze. Die paßt für dich. Aber ein junges, sauberes Mädchen, das bilde dir ja nicht ein! So, da hast du meine Antwort! Nun bin ich mit dir fertig! Lebe wohl, Dummkopf!“
Mila ging hinaus in die Nebenstube und riegelte die Tür hinter sich zu. Er aber machte ein Gesicht, das die Bezeichnung Dummkopf vollständig rechtfertigte.
Der abgewiesene Freier rang nach Atem und verdrehte die kleinen Augen, als ob er ermordet werden solle.
„O – heiliges – Himmeldonn –!“ stieß er hervor. „Mir das! Mir das! Habt ihr es gehört?“
„Natürlich haben wir's gehört“, antwortete der Bauer.
„Und ihr, ihr steht so ruhig dabei?“
„Was sollen wir denn sonst tun?“
„Sie bestrafen mit der Rute. Die Bibel sagt, daß ein Vater die Rute nicht schonen soll, wenn er sein Kind liebhat!“
„Dazu ist hier keine Veranlassung!“
„Was? Keine Veranlassung? Hat sie mich nicht einen Pavian, einen Dummkopf genannt?“
„Dem guten Kind ist wohl nicht gleich ein besseres Wort eingefallen. Du kannst es ihr nicht übelnehmen, denn dein Gesicht hat in der Tat eine große Ähnlichkeit mit dem eines Pavians.“
„Wie? Was? Wo befinde ich mich denn? Etwa in Sodom und Gomorrha? Dann werde ich sofort Feuer vom Himmel regnen lassen. Hast du schon einmal einen Pavian gesehen?“
„Nein.“
„Wie kannst du da wissen, daß ich einem solchen ähnlich sehe?“
„Ich kann mir nicht denken, daß ein solcher Kerl ein anderes Gesicht hat als du!“
„Mensch! Und du willst mein Nachbar sein! Ich habe euch für fromme und gottselige Menschen gehalten, aber – der Antichrist bist du, die Schlange, der ich den Kopf zertreten werde. Ihr habt mich beleidigt; aber ihr kennt mich noch nicht! Ich werde mich fürchterlich rächen.“
„Das ist wohl deine Frömmigkeit? Das ist wohl die Liebe, die du stets im Mund führst? Du bist ein Dummkopf sondergleichen! Aber trotzdem habe ich es nicht für möglich gehalten, daß du dir einbilden konntest, meine Tochter zu bekommen. Daß du aber sogar gemeint hast, sie soll das als eine große Ehre, ja als ein Himmelsglück betrachten, das
Weitere Kostenlose Bücher