55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
jeden Arm einen und sagte, nachdem er zurückgekehrt war:
„Der Lieutenant von Königsau wird jedenfalls wiederkommen und nach seinen Sauerkrautröhren fragen. Sagt ihm, daß sie bei mir sind. Er soll sofort kommen und sich melden, auch wenn ich schlafe; aber in den Strümpfen. Er darf beileibe nicht erst nach Hause gehen. Habt ihr's verstanden?“
„Zu Befehl.“
„Und solltet ihr abgelöst werden, ehe er kommt, so übergebt ihr diesen Befehl euren Nachmännern, die ihn auszurichten haben.“
„Zu Befehl, Exzellenz!“
„Gute Nacht, lieber August!“
„Gute Nacht, Exzellenz!“ –
ACHTES KAPITEL
Die Entführung
Als Blücher vorhin zu so später Nachtstunde zu Margot gekommen war, hatte diese sich höchlichst verwundert über diesen Besuch. Als sie aber seine Worte hörte, war eine fürchterliche Angst über sie gekommen, deren sie nicht Herr werden konnte.
„Donnerwetter! Jetzt kriegt ihn diese Bande! Gute Nacht!“ hatte er gesagt; dann war er gegangen. Gegangen? Nein, er war förmlich die Treppe hinabgesprungen, als ob es sich um eine große Gefahr handle.
Wen betraf die Gefahr? Jedenfalls den, den er hier gesucht hatte, also Königsau. Und worin bestand diese Gefahr? Wer war die ‚Bande‘, von welcher der Marschall gesprochen hatte? Bereits einmal war der Geliebte heute in Lebensgefahr gewesen; jetzt vielleicht wieder.
Sollte sie die Mutter und das Dienstmädchen wecken, welche beide bereits schliefen? Nein, diese konnten auch nicht helfen. Sie hätten nur die Angst mit gehabt.
So ging Margot im Zimmer auf und ab. Es wurde ihr zu eng, zu heiß. Sie konnte es nicht länger aushalten. Sie mußte hinaus in die freie Luft. Sie wollte nach der Wohnung des Geliebten gehen, um nachzusehen, ob sein Fenster erleuchtet sei. Sie war zwar noch nicht dort gewesen, aber er hatte sie ihr so deutlich beschrieben, daß sie gar nicht irren konnte.
Sie setzte also das Capuchon auf, schlang sich ein Tuch um die Schulter, nachdem sie schnell ein Oberkleid übergeworfen hatte, und ging.
Der Portier wunderte sich nicht wenig, als er bemerkte, wer es war, dem er abermals zu öffnen hatte.
„Um Gottes willen, Mademoiselle, was ist passiert, daß Sie wieder gehen?“ fragte er.
„Nichts, öffnen Sie nur schnell.“
Er sah beim Schein seiner Lampe ihre Blässe und fragte weiter:
„Wer war der Herr, der vorhin bei Ihnen klingelte und dann so stürmisch das Haus verließ? Ich konnte ihm gar nicht schnell genug öffnen.“
„Es war der Feldmarschall Blücher.“
„Mein Gott, da muß es sich um höchst wichtige Dinge handeln. Gehen Sie!“
Er ließ sie hinaus.
Sie wußte, daß der Geliebte die Richtung nach rechts eingeschlagen habe, und folgte derselben. Sie hatte kaum einige Schritte getan, so war es ihr, als ob sie in weiter Ferne zwei Schüsse schnell hintereinander fallen höre. Wem galten dieselben? Hingen sie im Zusammenhange mit der Gefahr, welche Blücher angedeutet hatte? Sie ertönten aus der Gegend, in welcher Königsau wohnte.
Es erfaßte sie eine unendliche Angst. Sie ging eiligen Schritts die Straße hinab und bog dann links um die Ecke. Dann ging es weiter. Sie sah in der Ferne Laternen, weit, weit unten. Sie eilte weiter, immer weiter. Die Laternen verschwanden wieder und nachher kam sie an das Haus, welches nach der erhaltenen Beschreibung von Königsau mit bewohnt wurde. Sie sah an keinem einzigen Fenster Licht. Wäre der Geliebte nach Hause gekommen, so hätte er sich sicher wenigstens eine Kerze angebrannt. Ihre Angst wuchs.
Da vernahm sie weiter unten Stimmen; sie ging darauf zu. Vielleicht konnte sie hier Etwas hören. Sie kam näher und näher. Da hörte sie die lauten Worte:
„Gute Nacht, lieber August!“
Sie erkannte sofort die Stimme, welche diese Worte gesprochen hatte. Es war diejenige des Feldmarschalls, und wenn sie ja geglaubt hätte, sich zu irren, so erhielt sie den Beweis, daß sie recht gehört hatte, durch die darauf folgende Antwort:
„Gute Nacht, Exzellenz!“
Sie eilte auf die Stelle zu und kam an dem Tor an. Sie sah die beiden Posten.
„War der Feldmarschall hier?“ fragte sie.
„Ja,“ wurde ihr geantwortet.
„So muß ich zu ihm!“
Sie wollte in das Tor treten; da aber hielt ihr der eine Posten das Gewehr quer vor und sagte:
„Hier darf niemand passieren!“
„Aber ich muß zu ihm!“
„Kommen Sie am Tag wieder.“
Blücher hatte bereits den Anfang der Treppe erreicht, als er draußen noch lautes Reden hörte. Er blieb stehen und horchte.
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