55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
wegen hatten sie ihn nicht kommen gehört. Sobald sie ihn aber erblickten, riefen sie ihn an:
„Wer da?“
„Preußischer Husarenoffizier“, antwortete er. „Seit wann steht ihr hier?“
„Nicht ganz eine Stunde.“
„Wurden euch keine Stiefel übergeben?“
„Nein.“
„Wurde auch nicht der Name eines Offiziers genannt?“
„O ja, Herr Lieutenant, den habe ich gehört.“
„Welcher?“
„Lieutenant von Königsau.“
„Gut, ich bin es.“
„Herr Lieutenant sollen sofort zum Marschall kommen.“
„So spät?“
„Sofort. Sie sollen gar nicht erst nach Ihrer Wohnung gehen.“
„Sapperlot! Ich habe ja keine Stiefel an!“
„Die haben Exzellenz mit hinaufgenommen.“
„Alle Teufel! Konfisziert?“
„Ich weiß nicht. Wir sollen aber sagen, daß der Herr Lieutenant sofort erscheinen sollen, und zwar in Strümpfen.“
„Na, da muß ich es wohl oder übel tun.“
Er trat ein und stieg die Treppe empor. Droben im Vorsaal stand der Unteroffizier von der Wache.
„Was tun Sie so spät hier?“ fragte der Lieutenant.
„Ich habe den Herrn Lieutenant anzumelden.“
„Ah, so werde ich erwartet.“
„Ja.“
„Na, melden Sie!“
Der Unteroffizier verschwand hinter der Tür, und es dauerte eine ganze Weile, ehe er wiederkam, um Königsau zu sagen, daß er eintreten könne. Diese Zeit hatte nämlich Blücher gebraucht, um Margot zu verstecken, die auch bei ihm war.
Als der Lieutenant die Tür hinter sich zugezogen hatte, trat er drei Schritte vor und machte sein Honneur. Blücher hatte die Pfeife im Mund, und in der Stube gab es fürchterlichen Tabaksqualm. Auf dem Tisch stand eine kostbare japanische Schale, welche der Marschall benutzt hatte, um die ausgerauchten Pfeifen auszuputzen. Schwefelfaden und Zunder lagen in einem silbernen Fruchtkörbchen.
„Ach, was ist denn das?“ fragte Blücher in erstauntem Ton. „Sie kommen ja so leise wie ein Spitzbube herein. Das klingt gerade, als ob kein Geldbeutel vor ihren Fingern sicher wäre. Ach Teufel noch einmal! Sie haben keine Stiefel!“
„Zu Befehl, Exzellenz!“
„Nun, wo stecken denn diese Stibbeln?“
„Sie sind nicht sicher gewesen vor den Fingern Eurer Exzellenz!“
Blücher schmunzelte und sagte, die Hand drohend erhebend:
„Junge, mache keine guten Witze! Du weißt, die schlechten verzeihe ich, aber die guten bestrafe ich mit Lattenarrest!“ Und einen ernsten Ton aufschlagend, fuhr er fort: „Es ist mir noch nie vorgekommen, daß ein Lieutenant sich in Strümpfen bei mir gemeldet hat! Das ist unbegreiflich!“
„Desto begreiflicher ist es, wenn Ew. Exzellenz einem Lieutenant befehlen, in Strümpfen zu erscheinen.“
„Du, das ist ein schlechter Witz; den rechne ich dir nicht an. Bilde dir also nichts auf ihn ein! Übrigens wärst du bald schrecklich blamiert gewesen. Es war jemand da, der schöne Augen über deine Strümpfe gemacht haben würde. Gucke sie dir mal an, mein Sohn! Sie sind ja dreckiger wie ein Paar Pferdehändlerstiefel. Und die Zehen gucken wohl – ach, zeige doch her! Na, sie stecken noch drin; da geht es! Gehe dort hin in den Silberschrank, und fahre in deine Feueressen!“
Königsau gehorchte und öffnete den Schrank. Da, wahrhaftig standen seine Stiefel mitten unter dem funkelnden Gold- und Silbergeschirr. Er nahm sie heraus und zog sie vor den Augen des Marschalls an.
„So“, sagte dieser. „Jetzt bist du wieder der Hugo, der sich sehen lassen kann. Gehe doch mal hin an die Tür, und klopfe an!“
Königsau tat es. Sofort öffnete sich die Tür.
„Margot!“
„Hugo!“
Sie lagen sich in den Armen, ohne sich durch die Gegenwart des Marschalls stören zu lassen. Dieser zupfte an seinem Schnurrbart herum, zog allerlei glückliche und verdrießliche Gesichter und sagte schließlich:
„Ja, die haben sich beim Kopf! Wo aber bleibt der alte Gebhard Leberecht von Blücher? Den nimmt niemand bei den Ohren!“
„O doch!“ antwortete Margot.
Sie trat auf ihn zu, legte ihm die Arme furchtlos um den Hals und küßte ihn recht herzhaft auf die Wange.
„Mädel“, sagte er, „das ist die falsche Adresse: hat dir's der Hugo denn nicht besser beigebracht? Komm her!“
Er nahm sie beim Kopf und küßte sie auf den Mund; dann sagte er zu Königsau:
„Wenn du es nicht leiden willst, so verklage mich oder hau mich! Aber ich habe mit der Hexe jetzt stundenlang beisammengesessen; sie hat mir's angetan, und wir sind so hübsch einig geworden, daß ich wollte, du wärst der General und ich der
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