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55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

Titel: 55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gnädiger Herr. Sie haben sich dadurch sehr schnell meine Liebe erworben, und ich werde gern mein möglichstes tun, auch die Ihrige zu erhalten, so daß wir Erfolge erringen, welche eines Sainte-Marie würdig sind.“
    Er verbeugte sich vor den beiden anderen Anwesenden und entfernte sich. Der Kapitän blicke ihm nach und sagte dann im Ton halber Verwunderung:
    „Das war sehr schön gesprochen; das hat noch keiner gesagt. Er scheint sehr gut zu wissen, was man einem hervorragenden Namen schuldig ist.“
    Und die Baronin antwortete:
    „Seine Verbeugung war höchst elegant, zwar ein wenig selbstbewußt, aber dennoch ehrerbietig und völlig tadellos. Man wird ihn kennen lernen, um zu sehen, ob er, trotz seiner Mißgestalt, zu brauchen ist.“ –
    Müller ließ sich zu dem Hausmeister weisen. Er erkannte in demselben auf den ersten Blick den echten, eingefleischten Franzosen. Er trug schwarzen Frack nebst ebensolcher Hose, weißseidene Weste und ein weißes, hoch emporgehendes Halstuch. Seine breiten, kurzen Füße staken in so engen Lackstiefeln, daß sein Gang und seine Haltung in Folge des Drucks etwas Unsicheres zeigten.
    „Ah, Sie? Sie sind der neue Gouverneur?“ fragte er in hochmütigem Ton. Und mit einem vielsagenden Lächeln fügte er hinzu:
    „Ist diese Gestalt in Deutschland vielleicht einheimisch?“
    „Wohl nicht“, antwortete Müller gleichmütig, „ich bin glücklicherweise eine Ausnahme und hoffe, daß Sie gewandt genug sind, mit dem, was Ihnen an meinem Körper zu viel erscheint, nicht allzu oft zu karambolieren. Ich komme, Sie zu bitten, mir mein Zimmer anzuweisen.“
    „Das werde ich tun. Im übrigen jedoch mache ich Sie darauf aufmerksam, daß ich nicht vorhanden bin, Sie zu bedienen. Als Hausmeister bin ich Ihr Vorgesetzter.“
    „Das ist mir ganz und gar nicht unangenehm, und ich ersuche Sie, sich bei mir nach Kräften in Respekt zu setzen. In meiner Heimat pflegt man nur diejenigen als Obere anzuerkennen, welche es auch wirklich verstehen, sich Hochachtung zu erwerben. Darf ich bitten, monsieur le concierge?“
    Er wandte sich, um voranzuschreiten; der Franzose aber fiel schnell ein:
    „Sie sprechen ein sehr schlechtes Französisch, Herr Müller. Concierge bedeutet mehr Türhüter, als Hausmeister. Sie haben mich Intendant zu nennen!“
    „Sehr wohl, Herr Intendant. Also bitte, mein Zimmer.“
    Sie schritten an mehreren dienstbaren Geistern vorüber, welche beim Anblick des Lehrers mit echt französischer Ungeniertheit die Nasen rümpften, worauf jedoch Müller nicht im geringsten achtete. Er wurde mehrere Treppen emporgeführt, und der Hausmeister öffnete ihm ein Zimmer, welches hoch oben in einem der Türmchen lag, von denen die Front des Schlosses flankiert wurde. Es war mit der größten Einfachheit möbliert.
    „So, hier wohnen Sie“, meinte der Hausmeister schadenfroh. „Tisch, zwei Stühle, Feldbett, Waschzeug, Bücherregal; eine Taschenuhr besitzen Sie wohl selbst. Das ist mehr als genug, um sich komfortabel zu fühlen.“
    „Wo wohnt der junge Herr?“ fragte Müller.
    „In der Hauptetage neben der gnädigen Frau.“
    „Man pflegt sonst doch den Erzieher in die unmittelbare Nähe seines Zöglings zu plazieren, Herr Intendant!“
    „Das ist hier nie der Fall gewesen. Der Lehrer rangiert hier erst nach dem Koch, und da ist leicht einzusehen, daß er dementsprechend einlogiert werden muß. Der Koch wohnt gerade unter Ihnen, nicht aber in der unmittelbaren Nähe der Herrschaft.“
    „Es ist gut, Herr Intendant!“
    Mit diesen Worten drehte er sich ab, und der Hausmeister zog sich zurück, sehr zufrieden mit sich, daß er diesem Deutschen gleich im ersten Augenblick klargemacht habe, welchen Rang er hier einnehme.
    Müller warf keinen Blick auf das armselige Meublement. Er trat an eines der drei Fenster und blickte hinaus. Ein leises Lächeln schwebte um seine Lippen. Er war mit dem ihm gewordenen Empfang nicht unzufrieden. Das Glück hatte ihm beigestanden, und er hoffte, daß es ihm auch treu bleiben werde. Die Arroganz des Dienstpersonals konnte ihn nicht beleidigen, und als Retter Alexanders hatte er sich die Dankbarkeit der Herrschaft gesichert. Diese Dankbarkeit mußte sich bei der Ankunft Marions steigern. Was aber dann? Er machte sich keine Grillen über diese Frage und blickte wohlgemut hinaus auf das Bild, welches sich vor seinem Auge ausbreitete.
    Fern im Westen erhoben sich die Höhen der Meuse, überragt von den duftumhauchten Bergen des Argonner Waldes.

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