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55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

Titel: 55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Herr“, sagte einer von den Leuten, „sondern nur ohnmächtig. Der Fremde sagte es, der ihn untersucht hatte.“
    „Welcher Fremde?“
    „Der ihn vom Wagen riß, als das Pferd durchgegangen war und mit dem Wagen in den Steinbruch stürzte.“
    Des Alten äußere Augenwinkel legten sich nach den Schläfen hin in tiefe Falten, dies war das einzige Zeichen seines Schrecks. Er drehte sich zu einem der dabei stehenden Reitknechte und befahl diesem:
    „Anspannen! Im Galopp nach Thionville, um Doktor Bertrand zu holen!“
    Dann ließ er sich den Fall ausführlich erzählen. Er fragte, wer der Fremde gewesen sei, konnte aber keine Auskunft erhalten. Die Leute hatten den Mann, um nur mit dem jungen Herrn so eilig wie möglich fort zu kommen, gar nicht so genau betrachtet.
    „Er wird sich jedenfalls melden“, brummte der Kapitän. „Eine Belohnung läßt sich keiner entgehen. Folgt mir!“
    Er ließ Alexander einstweilen nach dem nächsten Raum tragen. Es war der Empfangssalon. Dann kehrte er nach dem Speisesaal zurück und sagte in gleichgültigem Ton:
    „Alexander ist unwohl.“
    „Unwohl?“ fragte die Baronin schnell. „Was fehlt ihm?“
    „Er hat ein kleines Malheur gehabt. Das Pferd ist ihm durchgegangen.“
    „Oh, mein Gott!“ rief die Dame, vor Schreck emporspringend.
    „Und in den tiefen Steinbruch da unten gestürzt. Jedenfalls sind Pferd und Wagen vollständig zerschmettert“, fuhr er fort.
    Sie mußte sich am Tisch anhalten, sonst wäre sie vor Schreck umgesunken.
    „Und Alexander, mein Kind, mein Sohn?“ fragte sie todesbleich.
    „Er ist gerettet. Leute brachten ihn. Er liegt im Empfangszimmer.“
    Sie nahm sich zusammen und wankte nach der Tür. Der Alte folgte ihr. Auch der Baron verließ seinen Sessel, strich sich über die wächserne Stirn, als ob er sich erst besinnen müsse, wer dieser Alexander eigentlich sei, und ging den Vorausgegangenen dann langsamen Schrittes nach.
    Der Knabe lag ausgestreckt auf dem Diwan. Er hielt die Augen geöffnet. Die Besinnung schien ihm zurückzukehren. Die Feldarbeiter standen noch an der Tür. Der Kapitän entließ sie, nachdem er sie beschenkt hatte.
    Die Baronin kniete vor dem Diwan nieder, nahm den Kopf ihres Sohnes in den Arm und betrachtete den Ohnmächtigen schluchzend. Der Alte ergriff ihn bei der Hand, um nach dem Puls zu fühlen, und Herr de Sainte-Marie stand vor einem Bild und hielt den Blick so starr und nachhaltig auf dasselbe gerichtet, als ob es sonst keinen Gegenstand geben könne, der seine Aufmerksamkeit in Anspruch nähme. Es war sicher, daß er geistig gestört war.
    „Mama, liebe Mama!“ flüsterte da endlich die Stimme des Erwachenden.
    „Mein Sohn, mein Alexander!“ rief sie. „Wie befindest du dich?“
    „Ich bin sehr matt; aber es war auch gar zu schrecklich!“
    „Wir werden dich nach deinem Zimmer schaffen.“
    „Nein“, bat er. „Ich will nicht fort; ich bin müde; ich muß schlafen!“
    Er schloß die Augen wieder. Die Baronin erhob den tränenvollen Blick und sah den Kapitän fragend an. Dieser nickte zustimmend, daß der Knabe liegen bleiben solle. Der Baron trat jetzt langsam hinzu, ließ seine Augen irr über den Daliegenden schweifen und sagte dann mit einem matten Lächeln:
    „Alexander!“
    Dann drehte er sich um und schritt zur Tür hinaus. Die beiden anderen setzten sich an dem Diwan nieder, um die Ankunft des Arztes zu erwarten. Sie liebten den Knaben, dies war aber auch die einzige Harmonie, welche es zwischen ihnen gab. Sie haßte den Kapitän, und er verachtete sie. Sie wußten dies gegenseitig, sie verhehlten es sich nicht. Der in Apathie versunkene Baron, der sein Sohn und ihr Gemahl war, konnte nicht als aussöhnendes Medium gelten, und da die Dienerschaft dies ebensogut wußte, wie die Herrschaft selbst, so war es allen ein Rätsel, aus welchem Grund der Alte eigentlich zugegeben hatte, daß die Baronin Gemahlin seines Sohnes werde.
    Endlich nahten Schritte, und der Arzt trat ein; aber es war nicht Doktor Bertrand, sondern ein anderer, den der Kapitän wohl kannte, aber noch nicht bei sich gesehen hatte.
    „Warum kommen Sie?“ fragte der Alte im rücksichtslosen Ton. „Ich habe nicht nach Ihnen, sondern nach unserem Hausarzte geschickt.“
    „Verzeihung, Herr Kapitän, gnädige Frau“, entschuldigte sich der Arzt. „Doktor Bertrand ist verreist und hat mich gebeten, ihn nötigenfalls zu vertreten.“
    „Wann kommt er zurück!“
    Der Gefragte zuckte die Achseln und antwortete:
    „Es fragt sich

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