57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris
unter sicherem Schutz.“
„Das beruhigt mich. Also, ich bin in dieser Kellerkneipe noch niemals gewesen. Darf ich um eine Beschreibung der Räumlichkeiten bitten, damit ich weiß, woran ich bin.“
„Sobald du die Stufen hinabkommst, trittst du in das eigentliche Schanklokal. Dort kann ein jeder verkehren. Durch eine Tür kommt man dann in einen zweiten Raum, wo sich Stammgäste und andere Bevorzugte aufhalten dürfen. Daran stößt linkerhand ein kleines Seitenkabinett, in welches sich der Wirt mit seinen Vertrauten zurückzuziehen pflegt, wenn er mit ihnen eine wichtige, heimliche Besprechung vorzunehmen hat. Von da aus liegt weiter nach hinten ein Raum, in welchem allerhand Gerätschaften und leere Fässer aufbewahrt werden, und aus welchem eine steinerne Treppe nach dem Hof und nach dem Inneren des Hauses emporführt. Hier führt nun auch eine starke, mit Eisen beschlagene Tür in den tiefen Hinterkeller hinab.“
„Schön. Und das Innere des Hauses?“
„Ist mir unbekannt. Ich kenne nur ein Zimmer des ersten Stockwerks, welches nach dem Hof hinaus liegt, und in dem wir zu spielen pflegen.“
„Schön. Wir werden jedenfalls die Laterne mitnehmen müssen.“
„Allerdings. Weiter läßt sich nichts vorbereiten. Wir müssen uns nach dem Augenblick richten.“
„Und wann brechen wir auf?“
„Sofort.“
„Teilen wir die Revolver?“
„Natürlich. Jeder zwei.“
„Ah! Da fällt mir ein, daß wir doch die Hauptsache vergessen haben. Wenn man mich nun fragt, wer ich bin?“
„Wirklich, wirklich! Daran dachte ich nicht, das ist allerdings ein höchst kitzliger Punkt. Für einen ehrlichen Kerl darfst du dich nicht ausgeben.“
„Das ist mir Wurst wie Haut. Ich habe heute all mein Ehrgefühl verloren und will ein Spitzbube werden.“
„Aber was für einer.“
„Wie wäre es, wenn ich mütterlicherseits ein Urenkel vom Schinderhannes und väterlicherseits ein Großonkel des Bayrischen Hiasel wäre?“
„Laß das Scherzen.“
„Ein Paletotmarder?“
„Ist nichts.“
„Ein ausgewiesener Sozialdemokrat aus Sibirien?“
„Unsinn! Du gibst dir irgendwelchen Namen und bist nach der Hauptstadt gekommen, weil du –“
„Weil – ah, da fällt mir es ein“, unterbrach ihn der Diener. „Sie erzählten ja, daß Franctireurs angeworben werden sollen! Ich bin also nach Paris gekommen, weil ich munkeln gehört habe, daß man hier Leute sucht, welche zu diesem Geschäft passen.“
„Das mag gehen.“
„Gut, so gehe ich auch! Adieu, Monsieur Belmonte.“
Er ging zur Tür hinaus, wohlgemut und trällernd, als ob es sich darum handle, eine Vergnügungspartie anzutreten.
Sein Herr folgte ihm bald. Er hatte die Revolver eingesteckt, den Totschläger und das Laternchen ebenso. Er begab sich zunächst nach seiner zweiten Wohnung, in deren Nähe er die Haartour anlegte und den tänzelnden Schritt annahm.
Als er stolz an dem Portier vorüberging, murmelte dieser ärgerlich in den Bart:
„Dieser Mensch kann nicht grüßen! Gestern abend fort und jetzt erst wieder zurück! Wo mag sich der Kerl herumtreiben. Da lobe ich mir seinen Nachbarn welcher seit gestern abend noch nicht ausgegangen ist. Jetzt nun wird er wohl ein wenig Luft schöpfen. Es ist ihm zu gönnen.“
Wirklich kam dieser scheinbare Nachbar, in seine Bluse gekleidet, bereits nach einigen Minuten herab.
„Spazieren, Monsieur?“ fragte der Portier freundlich.
„Ja, mein Lieber. Aber nicht lange. Man hat zu arbeiten.“
„Sie scheinen mit Ihrem Nachbar gar nicht zu sympathisieren?“
„Wieso?“
„Wenn er kommt, so gehen Sie, und wenn Sie kommen, so geht er.“
„Wir sprechen allerdings gar nicht miteinander. Auf Wiedersehen.“
„Wiedersehn!“
Als Belmonte, denn dieser war es wirklich, in den Schankkeller trat, saßen nur zwei Gäste in dem vorderen Raum. Er kannte sie nicht. Sollte Martin so zuversichtlich gewesen sein und sogleich in die nächste Abteilung getreten sein, aus welcher ein wüstes Schreien und Lachen herausscholl?
Eine Kellnerin war auch nicht vorhanden. Beide waren wohl augenblicklich beschäftigt. Bald aber trat Sally ein, welche sich außerordentlich freute, als sie ihn erblickte. Er hatte sich in die Ecke zurückgezogen, in welcher er gestern mit ihr gespielt hatte und verlangte eine Flasche Wein. Nachdem sie ihm dieselbe gebracht hatte, nahm sie an seiner Seite Platz.
„Hast du denn Zeit, heute hier zu sitzen?“ fragte er.
„Warum nicht?“
„Weil darin viele Gäste zu sein scheinen.
Weitere Kostenlose Bücher