57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris
Da gilt es, aufmerksam zu bedienen.“
„Gerade deshalb kann ich abkommen. Heute gibt es viel Trinkgeld; da sieht es Betty gern, wenn ich ihr allein die Gäste überlasse.“
„Viel Trinkgeld? Was ist denn los?“
„Es werden Rekruten für die Franctireurs gemacht. Man trinkt nur Wein.“
„Gibt es denn Leute, welche sich anwerben lassen?“
„Ja. Der Emissär des alten Kapitäns ist tagsüber sehr tätig gewesen. Jetzt nun kommen sie nach und nach herbei. Der letzte kam vor kaum einer Viertelstunde und sitzt nun auch bereits bei ihnen.“
„Kennst du ihn?“
„Nein. Er wurde gefragt. Es ist ein relegierter Student der Weltweisheit aus Tours. Er hat bereits mit allen Brüderschaft getrunken und zu diesem Zweck ein ganzes Dutzend Wein gegeben. Bei jedem Schluck singt er eine lateinische Strophe. Horch, da wieder!“
Der Changeur lauschte und hörte die Worte:
„Bos bos dice tur, terris abicunque videtur.“
„Was heißt das?“ fragte das Mädchen.
„Kommt ein Ochs in fremdes Land, wird er gleich als Rind erkannt.“
„Sonderbar! Diese Studenten sind eigentümliche Menschen. Er ist überhaupt ein hübscher, allerliebster Junge!“
Der Changeur hatte die Stimme Martins erkannt. Dieser wollte ihn jedenfalls hören lassen, wo er sich eben befinde.
„Gefällt er dir?“
„Nicht so, wie du“, antwortete sie.
„Schmeichelkätzchen! Wo ist der Wirt?“
„In der Seitenstube. Brecheisen, Dietrich und noch drei sitzen bei ihm. Sie trinken schweren Wein und scheinen über außerordentliche Geheimnisse zu verhandeln. Vater Main bedient selbst. Weder ich noch Betty darf hinein.“
„Hat man gestern oben noch gespielt?“
„Nein. Aber bemerkt habe ich, daß man irgend etwas durch das Hoftor gebracht hat.“
„Jedenfalls Ware!“
„Hm!“ brummte das Mädchen nachdenklich.
„Nicht?“ fragte er so unbefangen wie möglich.
„Ich darf nichts sagen.“
„Pah! Wer zwingt dich zum Schweigen?“
„Der Wirt.“
„Ich denke, du willst fort von hier?“
„Kann ich denn bei den Schulden, die ich vorher an Vater Main zu bezahlen hätte? Fortzukommen wäre mir nur dann möglich, wenn du es gestern ernst gemeint hättest.“
„Ich habe es ernst gemeint, Sally. In solchen Sachen treibe ich niemals Scherz.“
„Mein Gott! Wie glücklich würde ich sein!“ flüsterte sie, indem ihre Augen aufleuchteten. „Bist du denn wohlhabend?“
„Hm, für eine gute Freundin habe ich immer einige Franken übrig.“
„Oh, es ist mehr als nur einige Franken!“
„Wieviel bist du schuldig?“
„Über dreihundert. Und wenn ich zu meinem Bruder will, brauche ich doch auch noch einiges Geld. Also vierhundert Franken. Hätte ich sie, so könnte ich ein braves, ehrliches Mädchen werden. Nun aber ist dies doch unmöglich.“
„Man darf nicht verzweifeln. Vierhundert Franken würde ich wohl noch für dich zusammenbringen.“
Dann fuhr sie schnell nach seiner Hand, faßte dieselbe und sagte:
„Ist's wahr, ist's wahr? Oh, welch ein Glück! Ich wollte Tag und Nacht arbeiten, um dir diese Summe einst zurückgeben zu können.“
„Ich schenke sie dir – oder vielmehr, du könntest unter Umständen noch mehr erhalten.“
Sie blickte ihn ganz erstaunt an.
„Noch mehr? Das ist doch ein Scherz. Sei aufrichtig mit mir, lieber Arthur.“
Er ließ ihr seine Hand, rückte ein wenig näher an sie heran und antwortete:
„Ich will aufrichtig sein. Ich habe einen Freund, einen reichen, sehr reichen Mann, der sich freuen würde, wenn du ein gutes Mädchen werden wolltest. Er würde dir geben, was du zum Eintritt in ein besseres Leben bedarfst, nur aber müßtest du ihm beweisen, daß es dir wirklicher, voller Ernst ist.“
„Wie gern, wie gern würde ich ihm das beweisen. Aber wie soll ich dies anfangen?“
„Das möchte ich dir gern sagen, wenn ich nur wüßte, ob ich mich auf dich verlassen kann.“
„Ist es etwas Unrechtes?“
„O nein, sondern im Gegenteil etwas sehr Lobenswertes.“
„So werde ich es tun.“
„Ich bezweifle es noch, obgleich es dir vielleicht tausend Franken einbringen könnte.“
Sie legte die Hände zusammen wie jemand, dem man etwas Erstaunliches, Unbegreifliches gesagt hat.
„Tausend Franken! Ist das wahr?“
„Ja, gewiß!“
„So sage mir schnell, was ich machen soll!“
„Hast du heute die Zeitung gelesen?“
„Nein. Vater Main leidet das nicht.“
„Hast du auch nicht gehört, was in den Zeitungen gestanden hat?“
„Nein.“
„Nun, ich will dir
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