Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
sah er sie noch immer an, und dabei lag ein leises freundliches Lächeln auf seinem Gesicht.
    „Ich habe ihm gefallen!“ dachte sie. „Was mag er sein?“
    Sie beobachtete ihn heimlich und bemerkte, daß sein Auge wieder und immer wieder zu ihr zurückkehrte. Endlich nickte er ihr gar zu, leise zwar, daß kein anderer es bemerken konnte, aber doch so, daß sie sah, er meine sie. Sie erglühte von neuem. Hatte er bemerkt, daß auch sie ihn beobachtete?
    Da, jetzt fühlte sie, daß ihr das Herz laut unter dem Mieder zu klopfen begann. Er hatte seinen Platz verlassen und schritt langsam, wie prominierend, an der Seite des Saales entlang, wo die Mädchen saßen, und die Burschen, welche ihm jetzt während der Pause im Weg standen, machten ihm ehrerbietig Platz.
    Er kam näher und näher. Jetzt war er da. Sie senkte die Augen. Sie fühlte eine peinigende Angst. Worüber? Ob er vorüber gehen, oder ob er sie anreden werde? Er war bei ihr stehen geblieben, denn jetzt hörte sie seine Stimme.
    „So allein und abgesondert von den andern, Mademoiselle!“
    Sollte sie ihm antworten? Jedenfalls. Das Gegenteil wäre ja unhöflich gewesen. Sie war also gezwungen, den Blick zu erheben. Sie sah aller Augen auf sich und ihn gerichtet. Sie sah die freundliche Miene, mit welcher er sie anblickte, und da antwortete sie:
    „Ich bin stets allein, Monsieur.“
    „Warum, mein Kind?“
    „Die andern sind reich, ich aber bin arm.“
    „Was tut das! Sind die andern denn so stolz?“
    „Ja, sehr stolz!“
    „Lächerlich! Worauf kann so ein Bauernknabe oder so eine Bauerndirne denn stolz sein? Auf Bildung und Kenntnisse jedenfalls nicht!“
    Wie wohl taten ihr diese Worte! Und wie schade, daß nur sie allein dieselben gehört hatte! Er fuhr fort:
    „So tanzen Sie wohl gar nicht?“
    „Nein.“
    Das war ein Geständnis, welches ihr die Schamröte in das Gesicht trieb. Er aber schien ihr die Zurücksetzung gar nicht entgelten zu lassen, denn er sagte:
    „Daran tun Sie recht. Aber Sie tanzen wohl gern?“
    „Ich habe noch nicht viel getanzt, aber ich tanze nicht ungern.“
    „Dürfen auch Fremde an diesem Vergnügen teilnehmen?“
    „Wer wollte es ihnen untersagen, Monsieur?“
    „Nun wohl! Werden Sie mir die Erlaubnis erteilen, die nächste Tour mit Ihnen zu versuchen?“
    Das Herz wollte ihr vor Freude zerspringen. Sie mußte die Hand auf den vollen Busen legen, damit derselbe nicht so unruhig woge und vielleicht gar das Mieder zersprenge.
    „Sie scherzen!“ hauchte sie.
    „O nein, ich scherze nicht! Auch ich tanze gern; aber ich war lange Zeit nicht in Frankreich, sondern in einem Land, wo man nicht tanzt. Werden Sie mir die Erlaubnis verweigern?“
    „O nein!“
    „So bitte, kommen Sie! Die Musik beginnt!“
    Es wurde ein Walzer gespielt. Der Fremde legte den Arm um sie, ergriff mit der Linken ihre rechte Hand und begann.
    Sie war so glücklich. Sie ließ sich von ihm willenlos dirigieren. Sie hielt die Augen geschlossen, und darum bemerkte sie nicht, daß kein anderes Paar an diesem Tanz teilnahm. Man fürchtete, den fremden Herrn zu verletzen, wenn man ihm in den Weg tanze. Aber als er ruhend mit ihr stehenblieb, ergriffen einige Burschen ihre Mädchen und schwenkten in die Reihe.
    Noch zweimal kam an die beiden die Reihenfolge, dann schwieg die Musik. Und während der augenblicklichen Stille, welche da eintrat, kam ein dritter Fremder in den Saal, schritt auf ihren Tänzer zu und sagte laut, daß alle es hörten:
    „Herr Baron, der Herr Kapitän läßt fragen, ob Sie jetzt mit zu Abend speisen werden?“
    „Nein“, antwortete er. „Sage ihm, daß er nicht auf mich warten möge. Ich esse später.“
    Der Bote – es war der Diener, der Knecht aus Jeannette – kehrte nach der Gaststube zurück.
    „Nun?“ fragte Richemonte, welcher bereits an dem einfach gedeckten Tisch saß.
    „Der Herr Baron bittet, nicht auf ihn zu warten.“
    „Ah! Wie kommt das? Amüsiert er sich denn da oben?“
    „Er scheint“, meinte der Diener zögernd, „soeben einen Tanz versucht zu haben.“
    „Donnerwetter! Wirklich?“
    „Ja. Der Walzer war zu Ende, und der Herr Baron hatte noch sein Mädchen am Arm.“
    Das Gesicht Richemontes verzog sich zu einem ironischen Lachen, und dann sagte er:
    „Was war es denn für eine Nymphe? Hübsch oder häßlich, lang oder kurz, dick oder dünn?“
    „Sie war sehr hübsch.“
    „Hm. Wir sind hier nicht bekannt; da mag es gehen. Er mag also in seinem Spaß ungestört bleiben. Ich gehe nach

Weitere Kostenlose Bücher