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57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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er ja überhaupt gar kein Gewissen besaß; aber er überlegte sich, daß dies nur heiße, einen sehr dummen Streich zu begehen. Starb der Baron de Sainte-Marie, so gab es keine anderen Erben als die Familie Königsau, welcher dann Jeannette wieder zufiel. Darum mußte der Kranke weiter leben.
    Richemonte beschloß, mit ihm eine Fußreise zu unternehmen, und zwar in das Gebirge, da eine Gebirgsreise ja anstrengender ist als jede andere. Er wollte nach den Argonnen hinauf und dann in den Argonner Wald.
    Die Vorbereitungen machten nicht viel Umstände. Ein junger starker Knecht wurde als Diener mitgenommen, um bei der Bewältigung des Kranken behilflich zu sein, wenn sich bei demselben je ein Anfall von Tobsucht einstellen sollte. Dann ging es fort.
    Erst mit der Post nach Chalons und hierauf in den Argonner Wald, welcher von Bar le Duc bis nach Launay durchwandert wurde. Diese anstrengende Fußtour war von ganz ausgezeichneter Wirkung auf den Baron. Einige leichtere Anfälle in den ersten Tagen abgerechnet, war über ihn nicht zu klagen gewesen, und selbst sein Trübsinn, welcher ihn seit Jahren nicht verlassen hatte, schien nach und nach einer anderen Stimmung Platz zu geben. Er wurde von Tag zu Tag heiterer und gesprächiger und begann sich für alles, was er erblickte, immer lebhafter zu interessieren. Nur von der Vergangenheit zu sprechen, mußte Richemonte streng vermeiden. Selbst wenn der Kranke nur an dieselbe dachte, stellte sich sofort die frühere trübe Stimmung wieder ein.
    Zwischen Launay und Signy le Grand liegt ein allerliebstes kleines Dörfchen, in welchem lauter gutsituierte Landleute wohnen. Es gab nur eine einzige Familie, welche wirklich arm genannt werden konnte, nämlich diejenige des Hirten, welcher Verdy hieß. Er bewohnte eine kleine Hütte, welche nur einen Raum bildete und Mensch und Vieh zu gleicher Zeit beherbergte. Er besaß nichts, als was er auf dem Leib trug, und da sein Einkommen ein außerordentlich spärliches war, so hätte er wohl Hunger leiden müssen, wenn seine Familie eine zahlreiche gewesen wäre. Glücklicherweise aber bestand dieselbe nur aus drei Personen, aus ihm, seinem Weib und einer Tochter.
    Diese letztere war sein Augapfel, machte ihm aber fast mehr zu schaffen als der sämtliche Tierbestand des Dorfes, über welchen er auf der Weide die Aufsicht zu führen hatte.
    Die Tochter führte den für ein Hirtenkind nicht ganz passenden Namen Adeline. Sie war als Kind von den Sprößlingen der reichen Bauern verachtet und zurückgesetzt worden; darum hatte sie sich an die Einsamkeit gewöhnt. Aber sie wäre gar so gern auch reich gewesen und hätte sich ebenso gern hübsch gekleidet wie die anderen.
    Sie war eitel. Je älter sie wurde, desto mehr wuchs diese Eitelkeit. Sie sah sich im Spiegel; sie verglich sich mit den anderen Mädchen, und sie kam zu der Überzeugung, daß sie unter ihnen allen die Schönste sei.
    Nun wollte sie sich putzen. Dazu fehlte ihr nicht mehr als alles, und so sann sie nach, ob sie nicht etwas verdienen könne. Als Magd vermieten wollte sie sich nicht; sie wollte sich nicht von denen befehlen lassen, welche nicht so schön waren wie sie.
    Da kam ihr ein anderer Gedanke. Ihr Vater hatte einige Erfahrung in der Behandlung kranker Tiere. Sie hatte oft für ihn hinaus auf das Feld und in den Wald gehen müssen, um heilsame Pflanzen zu holen. Sie wußte, daß die Apotheker solche Kräuter brauchen und von Sammlern kaufen müsse. Darum begann sie, Teepflanzen zu holen und an die Apotheker zu verkaufen. Das war eine leichte, sogar hübsche Arbeit und brachte Geld ein, viel zwar nicht, aber doch immer so viel, wie sie für sich brauchte.
    Es dauerte nicht lange, so hatte sie Schuhe und Strümpfe, einen hübschen Rock und eine weiße Schürze. Einige Bänder und Schleifen kamen dazu, und nun begannen auch die Burschen, ihre Blicke auf sie zu richten. Aber sie wollte nichts von denen wissen, von welchen sie zuvor nicht beachtet worden war.
    Während ihres einsamen Aufenthalts in Wald und Feld gab sie allerlei Gedanken Audienz, guten und schlimmen, und da sie verachtet worden war und sich darüber verbittert fühlte, so war es kein Wunder, daß sie mehr schlimme, als gute Gedanken hatte. Vor allen Dingen wollte sie sich rächen. Aber wie?
    Sie sann lange Zeit darüber nach, bis ihr endlich die Überzeugung kam, daß die eklatanteste Rache darin bestehe, den Mädchen den vornehmsten Burschen des Dorfes wegzuangeln. Dies war natürlich der Sohn des Maire.
    Von

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