58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien
haben ja hier gewohnt. Sie werden es wissen.“
„Entgegengesetzt der Durchfahrt. Sie werden also nicht in unserer Nähe sein?“
„Haben Sie keine Sorge. Ich werde auf jeden Fall bei Ihnen sein, sobald Sie meiner bedürfen. Also, wollen Sie sich mir anvertrauen?“
Sie zögerten mit der Antwort. Dann fragte Nanon:
„Also Sie geben uns Ihr Wort, daß Sie uns beschützen werden?“
„Mein festes Wort. Es soll Ihnen kein Mensch ein Haar krümmen.“
„Nun, so fahre ich sogar gern mit, um diesen beiden Menschen zu sagen, wie sehr ich sie verachte. Die Gefahr scheint mir allerdings nicht sehr groß, seit wir die Revolver haben. Brechen wir also auf, Monsieur Schneeberg.“
Fritz stieg wieder auf, lenkte um, kehrte auf der Dorfstraße zurück und lenkte dann in den nach der Mühle führenden Fahrweg ein. Er war am Tag hier gewesen und hatte sich bei dieser Gelegenheit genügsam orientiert. Als er das Gebäude erreichte, so daß die Pferde mit ihren Köpfen beinahe an das Tor stießen, klatschte er einige Male mit der Peitsche.
„Heda! Holla! Wohnt hier jemand?“ rief er dann.
Erst als er diesen Ruf, natürlich mit verstellter Stimme, wiederholt hatte, ließ sich im Inneren des Gebäudes eine Bewegung vernehmen. Dann wurde das Tor ein wenig geöffnet und man fragte:
„Wer ist denn hier draußen?“
„Verirrte. Wo befinden wir uns hier?“
„Alle Teufel! Verirrte! Und zwar mit einer Equipage! Wohin wollen Sie denn?“
„Nach Etain.“
„Und woher kommen Sie?“
„Von Schloß Malineau.“
„Da sind Sie allerdings bedeutend abseits geraten. Wenn Sie für eine Viertelstunde absteigen wollen, werde ich mich nachher gern auf den Bock setzen, um Sie auf den richtigen Weg zu bringen.“
„Das werden wir tun. Die Damen werden es erlauben.“
„Ah, Damen sind es! Um so mehr ist der kleine Unfall zu bedauern. Bitte, fahren Sie herein. Wir haben leider hier kein Licht; aber wir werden die Damen führen, nachdem sie ausgestiegen sind.“
Diese Verhandlung zwischen Ribeau und Fritz, denn jene waren die Sprecher, waren natürlich beiderseits mit verstellter Stimme geführt worden. Jetzt wurde das Tor weit geöffnet, dann aber, nachdem Fritz eingefahren war, sogleich hinter dem Wagen wieder verschlossen.
Die beiden Damen stiegen aus, jedenfalls jetzt mit dem innigen Wunsch, daß sie sich doch lieber nicht in diese Gefahr begeben haben möchten. Jede von ihnen fühlte sich bei der Hand ergriffen und durch eine Tür gezogen.
Fritz blieb scheinbar auf dem Bock sitzen. Aber als er die Schritte der sich Entfernenden nicht mehr hörte, stieg er ab, band die Zügel fest und zog dann das Licht hervor, um es anzubrennen. Beim Schein desselben bemerkte er, daß das Tor durch einen langen, hölzernen Riegel verschlossen war, den er leicht entfernen konnte.
Nun trat er durch die Tür, durch welche die Damen geführt worden waren. Er befand sich in dem eigentlichen Mühlenraum; er durchschritt denselben der Länge nach und vernahm sehr laute männliche und weibliche Stimmen, welche auf einen sehr ernsten Wortwechsel deuteten. Als er die Tür erreichte, hinter welcher sich die sprechenden Personen befanden, verlöschte er sein Licht und begann zu lauschen. –
Als vorhin nach der Unterredung Berteus mit seinem Kutscher der letztere sich entfernt hatte, war der erstere zu seinen Gästen zurückgekehrt. Unter diesen befand sich ein junger Mann, der sich eigentlich durch seine Figur und die Regelmäßigkeit seiner Gesichtszüge vorteilhaft auszeichnete, wenn nicht darin die verheerenden Spuren schlimmer Leidenschaften zu finden gewesen wären. Er hatte sich etwas abseits der übrigen Anwesenden gehalten um – Madelon beobachten zu können, welche seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte.
Sie hatte dies gar wohl bemerkt, aber doch so getan, als ob sie von derselben nicht die geringste Notiz nehme. Sie hatte es auch so eingerichtet, daß er stets von Nanon bedient wurde; einmal aber konnte sie es doch nicht vermeiden, daß er ihr sein leeres Glas entgegenhielt, um es sich von ihr füllen zu lassen.
Dieser junge Mann war Ribeau, von dem Berteu zu seinem Kutscher gesprochen hatte.
„Mademoiselle“, sagte er, indem sie ihm den Wein eingoß, „wissen Sie, daß Sie ein reizendes Wesen sind?“
„Soll das ein Kompliment sein?“ fragte sie frostig.
„Nein, es ist die reine Wahrheit. Werden Sie länger hier bleiben?“
„Ich reise bereits heute wieder ab.“
„Wie schade!“
„Wie gut!“
Sie hätte
Weitere Kostenlose Bücher