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58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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denn meine Augen gar so lieb und gut?“ fragte sie.
    „Ganz und gar!“
    „Und so ein Kuß ist wohl etwas sehr Wertvolles?“
    „Ungeheuer“, nickte er.
    „Hm! Das habe ich bisher noch gar nicht gewußt.“
    „Herrgott von Mannheim. Wenn ich es Ihnen doch einmal beweisen könnte!“
    „Wozu? Ich müßte es bereits längst schon wissen.“
    Er fuhr doch ein wenig zurück.
    „Bereits wissen? Wieso? Haben Sie einen Schatz?“
    „Nein.“
    „Aber gehabt?“
    „Auch nicht, wie ich Ihnen bereits gesagt habe.“
    „Aber wie können Sie da sagen, daß Sie es längst wissen müßten, daß ein Kuß so kostbar ist?“
    „Weil ich schon geküßt habe.“
    „Alle Wetter! Keinen Geliebten und doch geküßt?“
    „Ja.“
    „Aber wen denn in aller Welt?“
    „Na, den Vater und die Mutter!“
    Er holte tief Atem, schlug die Hände zusammen und sagte:
    „Ich Esel! Das konnte ich mir doch gleich denken. Aber, Mademoiselle, das ist nichts; das ist ganz und gar nichts. Was man dem Vater oder der Mutter, dem Bruder oder der Schwester gibt, das ist niemals ein Kuß zu nennen.“
    „Nicht? Wie soll man es denn nennen?“
    „Hm! Es heißt auch ein Kuß; aber es ist keiner.“
    „Das begreife ich nicht.“
    „Wenn ich es Ihnen nur begreiflich machen könnte. Aber mit Worten geht das nicht.“
    „Auch nicht mit dem Pastellstift?“
    „Nein.“
    „Oder dem Pinsel?“
    „Vollends gar nicht.“
    „So werde ich wohl darauf verzichten müssen.“
    „Das ist schade, jammerschade.“
    Er warf dabei einen so sehnsüchtigen Blick auf ihre vollen, roten Lippen, daß sie sich diesesmal wirklich von ihm abwendete. Sie setzte sich; er zog sich einen Stuhl in ihre Nähe und betrachtete sie, wie ihre kleinen, dicken Fingerchen so gewandt mit der Häkelnadel umgingen. Es kamen ihm da allerlei Gedanken, welche aber alle auf nur eins hinausliefen. Und da entfuhr es ihm ganz unwillkürlich:
    „Es müßte herrlich sein!“
    Sie hatte es doch gehört. Sie erhob das Köpfchen und fragte:
    „Was müßte herrlich sein?“
    Er errötete wie ein Knabe, den man auf einer unrechten Tat ertappt hat. Es dauerte eine ganze Weile, eher er antwortete:
    „Hm! Es entfuhr mir nur so.“
    „Aber an etwas haben Sie doch dabei gedacht.“
    „Gewiß.“
    „Nun, was war denn das Herrliche?“
    „Na, Mademoiselle, ich dachte mir eine Stube –“
    „So, so“, lachte sie.
    „Ja, das wäre nun ganz und gar nichts? Aber in dieser Stube stand ich –“
    „Standen Sie“, wiederholte sie, als er abermals zögernd innehielt.
    „An der Staffelei. Ich malte.“
    „Was denn?“
    „Hm! So einen allerliebsten, quatschigen, kleinen Buben, der in der Wiege lag.“
    „Mit dem Zulp im Munde?“ fragte sie lachend.
    „Nein“, antwortete er. „Einen Zulp würde ich als Vater niemals erlauben.“
    „Ach so! Sie waren der Vater des kleinen, quatschigen Buben?“
    „Ja.“
    „Malten Sie weiter nichts?“
    „Und doch, nämlich die Mutter.“
    „Auch ohne Zulp?“
    Er machte eine Bewegung der Ungeduld und sagte:
    „Machen Sie mich nicht irre, Mademoiselle. Das Bild war so schön und wenn Sie mir einen Witz darüber werfen, dann male ich es gar nicht zu Ende.“
    „Gut. Malen Sie weiter.“
    „Also die Mutter. Sie saß auf dem Stuhl – und – raten Sie, was sie machte?“
    „Sie strickte?“
    „Nein, sie häkelte, gerade so wie Sie.“
    „Das ist interessant.“
    „Soll ich sie Ihnen beschreiben?“
    „Ja. Ich möchte die Dame doch zu gern kennenlernen, welche die Mutter eines Wesens ist, der Ihr kleiner, quatschiger Bube genannt wird.“
    „Sie ist blond.“
    „Ah! Blond?“
    „Gerade wie Sie. Nicht hoch und nicht schlank.“
    „Also kurz und beleibt.“
    „Ja, gerade wie Sie. Sie hat ein Paar Wangen, gerade wie die Äpfel.“
    „Borsdorfer oder Reinetten?“
    „Ein paar Augen wie Himmel und Karfunkel.“
    „Ah, sie muß sehr schön sein.“
    „Nein. Eine Schönheit ist sie nicht, aber häßlich sieht sie auch nicht aus und gut ist sie, seelensgut. Und Lippen hat sie, Sapperment, Lippen. Die möchte man –“
    „Nun, was denn?“
    „Küssen natürlich.“
    „Sie haben heute, wie es scheint, eine wirkliche Passion gerade für das Küssen.“
    „Allerdings. Es ist das um so eigentümlicher, als ich sonst gar nicht dafür eingenommen bin.“
    „Wirklich?“
    „Gewiß!“
    Sie erhob den Finger drohend und sagte:
    „Monsieur, Monsieur! Wer so ein Frau und so einen quatschigen Buben hat, der hat gewiß schon sehr viel

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