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58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ich Marion hätte retten sollen?“
    „Das ist allerdings meine Ansicht. Sie hatten ja den Kahn.“
    „Es gab aber keine Zeit, die Dame zu holen.“
    „Sie hätten diese Zeit haben können, wenn Sie sich beeilt hätten.“
    „O nein! Ehe ich Marion aus der Kajüte gebracht hätte, wäre der Kahn bereits von anderen weggenommen worden.“
    „Nun, dann gab es immer noch einen Rettungsweg.“
    „Noch einen? Welchen?“
    „Das Schwimmen!“
    „Brrr! Das macht naß!“
    „Ich denke, Sie haben das Schwimmen gelernt?“
    „Allerdings! Aber mit einer solchen Last – bei solchem Wetter – bei diesem Aufruhr aller Elemente – kein Mensch hätte das fertiggebracht.“
    Der Alte zog eine etwas verächtliche Miene bei der Entschuldigung Rallions, die dessen Feigheit bemänteln sollte.
    „Pah!“ sagte ersterer. „So hat es doch einer fertiggebracht.“
    „Sie meinen diesen Menschen, diesen Schulmeister Müller? Bei ihm ist das etwas anderes. Er ist buckelig, er hat den Sicherheitsapparat auf dem Rücken; dieses Subjekt kann ja niemals untergehen.“
    „Sie vergessen, daß noch ein anderer mit Nanon in die Flut gesprungen ist. Er hat sie gerettet, ohne buckelig zu sein.“
    Der Graf machte eine ungeduldige Handbewegung und antwortete:
    „Sind Sie etwa gekommen, um mich mit diesen Beispielen des Heldenmuts zu langweilen?“
    „Nein. Ich wollte Ihnen nur beweisen, daß Sie selbst versäumt haben, sich Marion zu gewinnen.“
    „Es handelte sich um Leben und Tod. Ein Kahn war in diesen Augenblicken der Gefahr mehr wert als das schönste Mädchen der ganzen Welt.“
    „In denke, Sie lieben Marion.“
    „Zweifeln Sie daran?“
    „Fast möchte ich.“
    „Unsinn! Sie ist eine Schönheit allerersten Ranges. Und Sie muß meine Frau werden.“
    „Und doch war Ihnen ein Kahn lieber als sie.“
    „Hören Sie, Kapitän: das Leben geht noch über die Liebe. Ich glaube nicht, daß Sie mir da Unrecht geben werden.“
    „Die kalte Berechnung sagt allerdings, daß Sie da recht haben; aber es gibt auch Charaktere, welche für ihre Liebe in den Tod gehen können.“
    „Zu diesen Leuten gehöre ich nicht. Ich bin weder ein Dichter, noch sonst ein Schwärmer. Es mag romantisch sein, für die Geliebte zu sterben; für sie zu leben, ist aber jedenfalls vernünftiger und vorteilhafter.“
    „Vorausgesetzt, daß die Geliebte einwilligt. Aber gerade das tut Marion nicht.“
    „Das läßt mich kalt. Auf ihre Einwilligung kommt ja nicht das Geringste an.“
    „Sie meinen, daß mein Befehl ausreichend ist?“
    „Ich hoffe es.“
    „Aber sie weigert sich, mir zu gehorchen.“
    „Wirklich! Das ist fatal, aber mehr für Sie, als für mich. Sie haben uns Ihr Wort gegeben und müssen es halten.“
    „Das versteht sich ganz von selbst. Aber lieber wäre es mir gewesen, Marion hätte freiwillig eingewilligt. Ich glaube, sie hält Sie für feig.“
    „Donnerwetter. Ich feig?“ fragte Rallion.
    „Ja“, antwortete der Alte ruhig.
    Rallion fuhr sich mit der Hand nach dem blessierten Gesicht und sagte:
    „Feig? Mit dieser Wunde?“
    „Meinen Sie, daß Ihre gegenwärtige Verwundung ein Beweis Ihres Mutes ist?“
    „Ganz gewiß.“
    „Sie haben den Schnitt nicht im offenen, kühnen Kampf bekommen.“
    „Aber doch im Kampf. Ich habe den Menschen, welcher sich eingeschlichen hatte, festhalten wollen. Haben Sie etwa die Absicht, dies eine Feigheit zu nennen?“
    „Eine außerordentliche Verwegenheit gehört nicht dazu. Übrigens dürfen wir nicht vergessen, was Marion über Ihre Wunde denken muß.“
    „Nun was?“
    „Daß sie von einer Sense herrührt, auf welche Sie in der Dunkelheit getreten sind.“
    „Verdammte Sense! Hätte es denn keine bessere Erklärung oder Ausrede gegeben?“
    „Nein. Junge Mädchen schwärmen gern für Helden. Hätten Sie sich mit Marion in das Wasser gestürzt, so wäre sie in diesem Augenblick die Ihrige.“
    „Oder wir wären beide elend ertrunken.“
    „Andere sind auch nicht ertrunken.“
    „Sie reden verteufelt eigentümlich. Also Marion wäre heute mein, wenn ich sie gerettet hätte?“
    „Ich bin davon überzeugt.“
    „Alle Teufel. Dann müßte sie ja diesen buckeligen Schulmeister lieben.“
    „Unsinn!“
    „Er hat sie ja gerettet.“
    „Und abermals Unsinn! Marion ist ein hocharistokratischer Charakter. Sie – und ein Hauslehrer; sie, eine Französin von reinsten Wasser – und er, ein Deutscher.“
    „Gut! Sie sehen also, daß Ihre Prämissen sehr falsch sind. Und außerdem

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