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58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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war beinahe starr vor Erstaunen.
    „Mädchen“, knirschte er, „bist du verrückt?“
    Sie wendete sich mit einer unbeschreiblichen Handbewegung ab und sagte:
    „Brechen wir ab. Ich sehe, daß du nicht einmal weißt, in welcher Weise man mit einer Dame zu verkehren hat. Du gefällst dir seit einiger Zeit ganz in dem Betragen eines Plebejers, den man nur bemitleiden kann.“
    Da ergriff er sie beim Arm und sagte in einem Ton, welcher beinahe pfeifend erklang:
    „Ja, ja, du bist verrückt, sonst könntest du so etwas nicht wagen. Aber ich bin der Mann, dich zu zähmen! Also du sagst nicht, wo du gewesen bist?“
    „Nein.“
    „Dein Bräutigam wird es wissen.“
    „Ich habe keinen Bräutigam. Nimm deine Hand von meinem Arm!“
    „Oh, nicht doch! Ich werde dich festhalten und sogar züchtigen, wenn du bei diesem Ton bleibst!“
    „Gut, schlagen wir einen anderen Ton an!“
    Ehe er es zu verhindern vermochte, ergriff sie den Glockenzug und läutete, daß man es fast durch alle Korridore zu hören vermochte. Man hörte sofort Türen öffnen.
    „Ah, dieses Mal gelingt es dir noch“, sagte er. „Ich will den Eklat vermeiden, darum gehe ich; das nächste Mal aber bin ich der Sieger. Richte dich darauf ein!“
    Er ging.
    „Es ist nichts. Packt euch zum Teufel!“ herrschte er der durch das Läuten herbeigerufenen Dienerschaft entgegen.
    Dann begab er sich nach seinem Zimmer, in einer Aufregung, welche er kaum zu meistern vermochte.
    Unterdessen hatte Müller seine Arbeit beendet. Er war noch über dem Einsiegeln derselben, als sein Blick zufällig durch das Fenster fiel. Er gewahrte draußen an der Linde das mit dem Wachtmeister verabredete Zeichen.
    „Fritz ist wieder da“, sagte er erfreut. „Er hat mit mir zu sprechen. Das ist schön. Er kann mir gleich diese Arbeit nach der Post bringen.“
    Sein Auge glitt von der Linde nach dem Schloß zurück. Da gewahrte er einen Wagen, welcher sich dem Tor näherte. In demselben saßen Madelon und Nanon, die beiden Schwestern.
    „Da kommen sie“, dachte er. „Die Gegenwart von dieser Madelon kann mir von Nachteil sein. Ich werde mich vorerst gar nicht von ihr sehen lassen.“
    Er wartete, bis die beiden ausgestiegen und in das Gebäude getreten waren; dann begab er sich durch den Park in den Wald. An der verabredeten Stelle trat ihm Fritz entgegen.
    „Grüß Gott, Herr Doktor!“ sagte er. „Ich komme, meine Wiederkehr pflichtschuldigst zu melden.“
    „Schön. Ich dachte, du würdest länger bleiben. Wie ist es dir ergangen?“
    „Sehr gut, mit Abenteuern.“
    „Abenteuer? Das klingt verheißungsvoll. Komm und erzähle mir.“
    Sie schritten miteinander tiefer in den Wald hinein, und Fritz berichtete seine Erlebnisse. Am Schluß langte er in die Tasche und zog einige Papiere hervor.
    „Hier sind die Notizen, welche ich mir in der Pulvermühle bei Schloß Malineau gemacht habe.“
    „Danke. Du denkst also, daß sie für uns wichtig sind?“
    „Jedenfalls. Ich habe zum Beispiel daraus ersehen, daß es die letzte Pulverladung ist, welche der Kapitän empfängt.“
    „Das beweist, daß er mit seinem Arrangement fast zu Ende ist. Wir müssen uns also sputen.“
    „Gewiß. Ist er gesund?“
    Der Sprecher blinzelte bei dieser Frage sehr bezeichnend mit den Augen.
    „Ich habe nicht gehört, daß er sich unwohl fühlt.“
    „Dann haben Sie Ihr Versprechen gehalten.“
    „Natürlich. Ich wollte diese unterirdischen Gänge nicht vor deiner Rückkehr untersuchen. Nun aber werde ich nicht länger zögern. Der Alte soll schon heute die Tropfen erhalten.“
    „Ist das nicht schwierig?“
    „Nein. Er pflegt sich nach Tisch ein Glas Absinth kommen zu lassen. Er erhält dabei immer ganz dasselbe Glas, welches auf dem Büffet steht. Die Tropfen sind ihm also gewiß.“
    „Ob sie wohl heute noch wirken werden?“
    „Das werden wir erfahren. Komm nach elf Uhr wieder hierher an diese Stelle. Du wirst mich treffen.“
    Er kehrte nach dem Schloß zurück. Dort erfuhr er, daß der Kapitän heute, wie so oft, in seinem Zimmer speisen werde. Als Müller sich nach dem Speisesaal begab, tat er das um einige Minuten früher als gewöhnlich. Nanon und Madelon befanden sich bereits dort. Die erstere kam ihm freudig entgegen und sagte:
    „Sie sehen, daß ich wieder eingetroffen bin, Herr Doktor. Hier meine Schwester, die Sie ja an der Unglücksstelle bereits gesehen haben.“
    Er und Madelon verbeugten sich sehr förmlich voreinander, ganz so, als ob sie sich im Leben noch nie

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