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58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Geräusch.“
    Sie erreichten die Türspalte. Müller blickte hinein. Er stand am Eingang eines ziemlich großen Gemachs, in welchem sich ein Bett, ein Tisch und ein Stuhl befanden. Eine sehr einfache Öllampe hing an einem Draht von der Decke herab und beleuchtete eine weiß gekleidete weibliche Gestalt, welche am Boden saß und damit beschäftigt war, Maiskörner auf einem Stein zu zerklopfen. Dieses Klopfen geschah im Takt und dazu erklangen aus dem Mund dieser Gestalt die Worte:
    „Im Namen Gottes, des Allbarmherzigen! – Der Klopfende! Wer ist der Klopfende? Wer lehrt dich begreifen, was der Klopfende ist? An jenem Tag werden die Menschen sein wie umhergestreute Motten und die Berge wie verschiedenfarbige gekämmte Wolle. Der nun, dessen Waagschale mit guten Werken schwer beladen ist, der wird ein Leben lang in Vergnügen führen, und der, dessen Waagschale zu leicht befunden wird, dessen Wohnung wird der Abgrund der Hölle sein. Wer aber lehrt dich begreifen, was der Abgrund der Hölle ist? Es ist das glühendste Feuer!“
    Diese Worte waren die einhundertunderste Sure des Korans, welche die mohammedanischen Frauen beim Klopfen der Fruchtkörper abzusingen pflegen.
    Auch Fritz betrachtete die Arbeitende.
    „Kennst du sie?“ fragte Müller.
    „Es ist dieselbe, welche uns erschien, als wir das Grab geöffnet hatten.“
    „Also Liama. Auch ich erkenne sie wieder.“
    „Welch eigentümliche Kleidung.“
    „Es ist diejenige der Beduinenfrauen.“
    „Dieses Weib muß einst schön, sehr schön gewesen sein.“
    „Ja; es besitzt die Züge Marions, seiner Tochter.“
    „Was tun wir, treten wir ein?“
    „Wir erschrecken sie.“
    „Hm. Aber unbenutzt können wir diese Entdeckung doch nicht lassen.“
    „Keineswegs. Gehen wir eine Strecke zurück. Dann kommen wir mit lauten Schritten näher.“
    Sie taten das; sobald ihre Schritte hörbar wurden, öffnete sich die Tür, und Liama erschien unter derselben.
    „Kommst du heute schon wieder?“ fragte sie. „Laß mich doch ruhig weinen und in Frieden beten.“
    „Sallam aaleïkum – Friede sei mit dir!“ antwortete Müller.
    „Aaleïkum sallam – mit dir sei Friede“, entgegnete sie. „Aber wessen Stimme ist das? Ich habe sie noch nie gehört.“
    „Es ist die Stimme deines Erretters, welcher dich der Freiheit und dem Licht der Sonne wiedergeben will.“
    „Tritt näher!“
    Sie trat in das erleuchtete Gemach zurück, und Müller folgte ihr. Fritz blieb noch draußen im Gang stehen. Sie betrachtete ihn aufmerksam und sagte dann:
    „Deine Augen sind die Augen der Güte, und in deinem Gesicht steht geschrieben das Wort von der Wahrheit. Dein Herz kennt nicht die Täuschung, und dein Mund redet keine Lüge. Was bringst du mir?“
    „Die Freiheit.“
    „Behalte sie für dich.“
    „Das Glück.“
    „Liama kann nie wieder glücklich sein.“
    „Die Seligkeit.“
    „Die Seligkeit wird Liama nicht hier auf Erden finden, sondern erst nach dem Tod. Bist du von ihm gesandt?“
    „Wen meinst du?“
    „Den alten Weißbart, dem alle gehorchen müssen.“
    „Nein, er ist es nicht, der mich sendet.“
    „Weiß er, daß du dich hier befindest?“
    „Nein.“
    „So fliehe eilends von hier, sonst bist du verloren. Er ist voller Macht und Grausamkeit.“
    „Ich fürchte ihn nicht.“
    „Und ich ermahne dich, ihn zu fürchten, sonst wird er dich verschlingen, wie der Panther das unschuldige Lamm.“
    Sie winkte ihm, fortzugehen. Er aber trat näher und sagte:
    „Du bist Liama, die Tochter des Beni Hassan?“
    „Ich bin nicht Liama, sondern ihr Geist.“
    „Dein Vater war Menalek, der Scheik eures Stammes?“
    „Er war es.“
    „Hast du gekannt Saadi, den Liebling Allahs und seines Propheten?“
    Da richtete sie sich auf und antwortete:
    „Ob ich ihn gekannt habe! Er war meine Seligkeit, und ich ging in die Hölle, um ihn zu retten.“
    „Er ist tot!“
    „Nein, er lebt. Saadi kann nicht sterben.“
    „Und kennst du Marion, die Enkelin des Beni Hassan?“
    „Marion? Ja, ich kenne sie!“
    Sie faltete die Hände, blickte flehend zu Müller herüber und fragte:
    „Hast du sie gesehen?“
    „Ja, ich sehe sie täglich.“
    „Spricht sie auch mit dir?“
    „Wir sprechen oft, sehr oft miteinander.“
    „Kennt sie noch den Namen ihrer Mutter?“
    „Sie kennt ihn und spricht ihn stündlich aus.“
    „Sie sollte sterben. Um sie zu retten, ist Liama ein Geist geworden. Liama lebt nicht mehr; sie ist tot. Aber ihre Tochter lebt und wird glücklich

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