58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien
gehabt, und zwar höchst bedeutende. Der Deutsche wird bezahlen müssen, und zwar nicht nur mit hundert Prozent! Ich wollte, daß in diesem verdammten Germanien nicht ein Stein auf dem andern bliebe! Ich habe allen Grund, die Rasse zu hassen!“
„Aber man sagt, daß Preußen jetzt sehr stark sei!“
„Wer das sagt, ist ein Dummkopf!“
„Aber die Ulanen!“
„Die Ulanen? Pah! Die haben wir nun erst recht nicht zu fürchten! Der Preuße hat sie von den Russen geborgt.“
„Wieso?“
„Die Ulanen sind die Nachkommen von den asiatischen Reitern, welche sich Anno Vierzehn und Fünfzehn bis an die Seine wagen konnten, weil das Glück zufälligerweise den großen Kaiser verlassen hatte. Ihr habt doch von ihnen gehört?“
„Ja. Es sind kleine Kerls mit großen Bärten.“
Der dritte, welcher bisher geschwiegen hatte, wollte auch etwas sagen; er ließ also sein Licht leuchten, indem er hinzufügte:
„Sie haben kleine Pferde mit großen Mähnen und Schwänzen.“
„Sie stinken nach Talg und stecken voll Ungeziefer!“
„Sie fressen Pfeffer und saufen Schwefelsäure!“
„Ihre Hosen und Röcke sind aus Schweinsleder!“
„Ihre Lanzen gebrauchen sie nur, um Kinder damit aufzuspießen und in das kochende Wasser zu halten!“
„Ja, es ist ein grausames, gottvergessenes Volk; aber es ist dem Aussterben nahe. Das Lazarettfieber hat die meisten hinweggerafft, im Krieg von Schleswig-Holstein sind sie massenhaft erfroren, und Anno Sechsundsechzig haben die Österreicher jämmerlich unter ihnen aufgeräumt.“
„So hätten wir sie ja gar nicht zu fürchten!“
„Nicht im geringsten! Es sind ihrer bloß noch einige Hundert vorhanden, die in der Zeit von einigen Minuten von unseren Mitrailleusen niedergeschmettert werden. Es ist geradezu lächerlich von dem König von Preußen, sich auf dieses Gezücht zu verlassen!“
„Aber tüchtige Artillerie soll er haben!“
„Pah! Eine einzige Mitrailleuse bringt drei oder vier ganze Batterien zum Schweigen!“
„Und die Zündnadel!“
„Die ist zum Totlachen! Hat man je gehört, daß man mit Nadeln Krieg führt?“
„Das ist wahr!“
„Und unser Chassepot! Dem ist kein Gewehr gewachsen!“
„Aber ich las da vor kurzen in der Zeitung, daß der König von Preußen große Generäle habe!“
„So? Wen denn zum Beispiel?“ fragte der Kapitän im verächtlichsten Ton.
„Steinmetz!“
„Der ist altersschwach geworden. Er ist bereits achtundneunzig Jahre alt und kann nur noch mittels Ziegenmilch am Leben erhalten werden.“
„Sodann Seidlitz!“
„Seidlitz ist ein ganz junger, unerfahrener Oberst der Artillerie. Mit dem schießt jeder französische Kanonier um die Wette!“
„Und Ziethen!“
„Ziethen! Was ihr euch einbildet! Sollen wir uns vor Ziethen fürchten! Ihr wißt wohl gar nicht, was er ist?“
„Nun, ein berühmter Husarengeneral. Er soll bereits sehr alt sein und bei dem König von Preußen in großer Gunst stehen. Er hat sogar die Erlaubnis erhalten, an der königlichen Tafel zu schlafen.“
„Das ist wahr; das steht in allen Büchern. Aber ein Husarengeneral ist er nicht, obgleich man es euch weisgemacht hat. Er stammt aus Roßbach und ist Marinelieutenant. Weiter hat er es trotz seines Alters nicht gebracht. Überhaupt braucht man nur zu hören, daß preußische Offiziere an der Tafel schlafen dürfen, so weiß man sofort, was man von der ganzen Armee zu halten hat. Wie soll das während eines Feldzugs werden, wo es ja noch größere Anstrengungen gibt als Essen und Trinken.“
„Aber Moreau soll sehr berühmt und tapfer sein!“
„Das ist er auch. Er ist ein geborener Franzose; aber er ist abtrünnig geworden und zu den Preußen übergegangen. Die Österreicher haben ihm bei Königsgrätz die beiden Beine weggeschossen. Nun könnt ihr euch denken, ob wir diesen Krüppel zu fürchten haben.“
„Und der Generalstabschef der Preußen!“
„Moltke? Der ist ein Phantast und Träumer. Er soll nicht einmal einen Bart haben! Der ist am allerwenigsten schuld, daß die Österreicher in der Schlacht an der Alma geschlagen worden sind. Daß die Österreicher verloren, daran waren nur die Russen schuld, welche es nicht litten, daß die Österreicher durch Rußland in Preußen einfielen.“
„Und sodann sagt man, daß wir es nicht mit Preußen allein zu tun haben werden!“
„Mit wem noch?“
„Sachsen, Bayern –“
„Unsinn!“ fiel der Alte ein. „Das kenne ich besser! Die Sachsen sind stets unsere Verbündeten
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