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59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan

59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan

Titel: 59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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von seiner Reise heimkehrte, log ihm der Vater vor, daß sein Weib ihm untreu gewesen sei und mit einem anderen die Flucht ergriffen habe. Der Sohn nahm sich dies zu Herzen und ist seitdem verschwunden. Man hat nichts wieder von ihm gehört.“
    „Verschwunden – verschwunden!“ ächzte der Alte.
    „Was haben Sie, tut Ihnen etwas weh?“
    „Nein; aber Ihre Erzählung greift mich an.“
    „Die geht Sie doch gar nichts an.“
    „Nein; aber man hat doch Mitgefühl.“
    „Ja. Sie sind ein edler Mensch; so wie Sie hätte der alte Baron sein sollen, dann wäre die arme Frau nicht verstoßen und verjagt worden, die arme, gute, süße becque fleur!“
    Da fuhr der Alte auf und rief:
    „Was sagen Sie da für ein Wort, Herr!“
    „Becque fleur, zu Deutsch Kolibri.“
    „Ich mag dieses Wort nicht leiden. Wissen Sie, was es zu bedeuten hat?“
    „Ja.“
    „Nun?“
    „Es war der Kosename für die arme Frau. Der junge Baron hat sie stets sein kleines, liebes, gutes, süßes becque fleur genannt. Er muß sie sehr lieb gehabt haben.“
    „Ah. Oh!“ stöhnte der Alte, indem er den Kopf in die beiden Hände legte.
    „Was ist Ihnen denn?“
    „Nichts. Sie verstehen es, so herzzerreißend zu erzählen.“
    „Meinen Sie? Ja, die arme Frau tut mir wirklich herzlich leid. Sie hat sterben müssen, vereinsamt, verstoßen, verkannt und verurteilt. Wissen Sie, wie ich sie mir vorstelle?“
    „Nun, wie?“
    „Darf ich mir hier dieses Papierblatt nehmen?“
    „Nehmen Sie es.“
    Der Maler setzte sich an den Tisch, zog die Lampe näher, griff zu Stift und Papier und begann zu zeichnen. Der Alte sah ihm mit Spannung zu. Es dauerte kaum zwei Minuten, so hielt ihm der erstere das Blatt hin.
    „Sehen Sie, Herr Untersberg, so stelle ich mir diese Frau vor. So muß sie gewesen sein, als sie noch glücklich war und kaum zwanzig Jahre zählte.“
    Untersberg blickte auf die Zeichnung. Sie war ganz genau nach dem Porträt gehalten, welcher der Maler in dem Kolibribild gefunden hatte.
    „Herr, mein Heiland! Das ist sie; das ist sie!“ rief der Alte. „So, ja, so war sie!“
    „Wie?“ fragte Schneffke. „Haben Sie denn vielleicht diese Frau gekannt?“
    „Nein.“
    „Aber Sie sagen ja, daß sie es sei!“
    „Nun, Sie sind ja ein tüchtiger Maler und müssen sie also getroffen haben.“
    „Ah, so meinen Sie es!“
    „Ja, anders natürlich nicht! Haben Sie sie denn gesehen?“
    „Nein.“
    „Und treffen sie so vorzüglich!“
    „Das ist kein Wunder. Ich habe mir von ihr erzählen lassen, ich kenne ihren Charakter, ihr Temperament, ihre Tugenden, nach denen ich mir ihre Physiognomie ausbilde.“
    Da erhob sich der Alte rasch von seinem Stuhl und fragte:
    „Gelingt das immer?“
    „Wenigstens mir.“
    „Also wenn man Ihnen einen Menschen beschreibt, können Sie sein Gesicht zeichnen?“
    „Ja.“
    „Auch wenn es kein Weib, sondern ein Mann ist?“
    „Gewiß.“
    „Hat man Ihnen vielleicht den Baron Gaston beschrieben?“
    „So ziemlich.“
    „Getrauen Sie sich, ihn zu treffen?“
    „Ja, doch vielleicht nicht mit einem Mal!“
    „Wollen Sie es nicht einmal versuchen?“
    „Wozu?“
    „Es macht mir Vergnügen. Sie haben ja bemerkt, wie sehr ich mich für diese Sache interessiere.“
    „Sie scheint Ihnen nicht so unbekannt zu sein, wie Sie sich stellen, Herr Untersberg.“
    „Wie kommen Sie auf den Gedanken?“
    „Infolge meiner Beobachtung. Habe ich nicht recht?“
    „Nein.“
    „So habe ich mich getäuscht.“
    „Nun, wollen Sie den Kopf versuchen?“
    „Danke! Ich habe Sie bereits zu lange belästigt.“
    „Oh, das war keine Belästigung.“
    „O doch. Ich habe heute mit Ihnen über Dinge gesprochen, wegen derer Sie mich früher mit dem Hund fortgehetzt hätten. Ich darf Ihre große Güte nicht mißbrauchen.“
    „Das Gespräch war mir interessant.“
    „Aber früher durfte ich manches nicht erwähnen, was ich heute erwähnt habe.“
    „Das liegt in der Stimmung des Augenblicks. Ich bitte Sie wirklich, den Kopf zu versuchen.“
    „Ich könnte nicht, selbst wenn ich wollte.“
    „Warum nicht?“
    „Wenn mir dieser Kopf gelingen soll, so muß ich ihn mit Buntstift zeichnen. Haben Sie vielleicht solche Stifte hier?“
    „Nein.“
    „So sehen Sie, daß es nicht geht.“
    „Es geht, es geht! Ich lasse welche holen. Welche Farben brauchen Sie?“
    Er war ganz geschäftig und beweglich geworden. Schneffke wehrte ab und sagte:
    „Holen lassen! Ich danke. Ein guter Zeichner besorgt sich seine Stifte

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