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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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genug gehen.“
    „Aber eine Leiter von außen? Verdammte Geschichte!“
    „Das ist wahr! Der Hauptmann hatte eine Leiter konstruiert, welche von Eisen war, zusammengelegt werden konnte und dennoch bis in das dritte Stockwerk reichte; die ist aber mit Ihrem Bruder in die Hände der Polizei gefallen.“
    „Dieser Kerl ist wirklich Prügel wert. Aber ich kenne das hiesige Gefangenenhaus auch ziemlich genau. Wo liegt mein Bruder?“
    „Nach dem Hof zu.“
    „Wieviel Treppen?“
    „Drei. Im Parterre gibt es keine Zellen. Drei Treppen, das zweite Fenster von der Ecke aus.“
    „So, so! Hm, hm! Ah, da fällt mir etwas ein!“
    „Was?“
    „Geht keine Steigleiter der Feuerwehr an?“
    „Nicht gut.“
    „Warum nicht?“
    „Erstens ist keine so schnell zu bekommen –“
    „Oh, sehr schnell! Da in der Nähe hat die freiwillige Feuerwehr dieses Bezirkes ihren Übungsplatz im Garten des Gasthofs. In einem Schuppen befinden sich die Leitern.“
    „Das wäre günstig. Aber Sie müssen ja die Leiter in dem unteren Zellenfenster einhaken!“
    „Was tut das?“
    „Der, welcher in der Zelle sitzt, kann alles verraten.“
    „Unsinn! Kein Gefangener wird so schlecht sein, den anderen zu verraten. Übrigens kann ich dem Mann ja etwas mitnehmen, um ihn zum Schweigen zu bewegen, etwas zu essen oder zu trinken.“
    „Und wenn er dennoch nach der Wache ruft?“
    „Pah! Bis die kommt, bin ich lange wieder herunter und über die Hofmauer weg! Nimmt die Medizin viel Platz weg?“
    „Nein.“
    „Nun, so ist die Sache viel leichter, als ich es mir dachte. Also abgemacht! Ich übernehme den Streich.“
    „Wie viele Leute brauchen Sie?“
    Der Riese blickte ihn eine Weile an, brach dann in ein schallendes Gelächter aus und fragte, noch immer lachend:
    „Wie viele Leute?“
    „Ja.“
    „Meinen Sie etwa, daß ich ein Bataillon Husaren mitnehmen soll?“
    „Das nicht, aber –“
    „Was, hm! Ich brauche keinen Menschen! Ich habe zwei Leitern nötig: eine bis zum Fenster des zweiten und eine bis zu demjenigen des dritten Stocks. Diese Feuerwehrleitern sind sehr leicht. Ich trage zwei Dutzend und noch mehr.“
    „Aber wenn etwas passiert!“
    „Was soll passieren? Denken Sie, daß ich so dumm bin wie mein Bruder, der sich erwischen läßt? Höchstens einen Mann Wache könnte ich gebrauchen, der draußen vor der Hofmauer stehen bleibt und aufpaßt, daß ich nicht unversehens überrascht werde.“
    „Gut! Das ist mir lieb! Ich möchte doch gerne gewiß sein, daß alles ohne Hinderung verläuft.“
    „So wollen Sie selbst mitgehen?“
    „Ja.“
    „Mir auch recht. Wann?“
    „Nicht zu früh. Möglichst gegen Morgen, da um diese Zeit die Leute am tiefsten schlafen.“
    „Wo treffen wir uns?“
    „Soll ich Sie hier abholen?“
    „Ich bin es zufrieden. Haben wir noch etwas zu besprechen?“
    „Wohl nicht. Ich denke, daß wir fertig sein werden.“
    „Sie irren sich“, meinte der Riese lächelnd.
    „Nun, was noch?“
    „Das Geld!“
    „Ach ja! Das ist für Sie doch die Hauptsache. Oder nicht?“
    „Das will ich meinen! Donnerwetter, ohne Geld würde ich nicht ein einziges Fingerglied bewegen! Also zweihundert Gulden!“
    „Ja.“
    „Heraus damit!“
    „Oho! So schnell geht das nicht! Meinen Sie, daß man eine Arbeit bezahlt, noch ehe sie begonnen worden ist?“
    „Ich betrüge Sie nicht!“
    „Das weiß ich; auch bin ich gar nicht der Mann, der sich so leicht betrügen läßt!“
    „Wollen Sie etwa erst nach Schluß der Oper bezahlen?“
    „Eigentlich sollte ich es; denn man kann nicht genug vorsichtig sein!“
    „Sapperment! Geht das auf mich?“
    „Ja.“
    „Das will ich mir verbitten! Ich wiederhole, daß ich Sie nicht betrüge!“
    „Und ich wiederhole, daß ich das weiß. In Geschäften sind Sie ehrlich, aber wie steht es denn mit der Zuverlässigkeit?“
    „Was meinen Sie?“
    Der Rote deutete auf die leere Schnapsflasche und antwortete:
    „Hier! Wenn ich Ihnen Geld gebe, so werden Sie so lange trinken, bis Sie nicht mehr können. Komme ich dann, so kann ich Sie nicht mehr gebrauchen.“
    Der Riese blickte eine Weile vor sich nieder; dann sagte er:
    „Hm! So ganz unrecht haben Sie freilich nicht!“
    „Nicht wahr?“
    „Ja. Ich bin ein verfluchter Kerl! Die Bulle hat es mir nun einmal angetan. Ich möchte gern wieder zu einer Künstlertruppe kommen; aber wenn ich heute trinke, so wird nichts daraus.“
    „Also ist es besser, ich zahle nichts aus.“
    „Gut! Der Gulden reicht bis heute

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