Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
machte Brandt ein ernstes Gesicht und fragte:
    „Aber, Adolf, daß wir uns nicht etwa später Vorwürfe machen müssen! Ich liebe es nicht, mit Menschenherzen zu spielen!“
    Aus dem Auge des Dieners brach ein scharfer Blitz. Es war fast der Blick eines Hundes, der sich auf einen Wolf stürzt.
    „Der gnädige Herr haben recht, sehr recht“, sagte er, „aber wie nun, wenn der Mensch sich sein Herz aus dem Leib gerissen hat, um seine Mitbrüder nach Lust quälen zu können und ihre Schmerzen nicht mitzufühlen? Solche Menschen gibt es. Sie gleichen dem Raubzeug und müssen vertilgt werden, ohne Rücksicht, mit allen Mitteln, auf jede Art und Weise, mit List und mit Gewalt! Ich bin ein Polizist, das heißt ein Spürhund, ein Wächter von Beruf. Kommt mir ein Raubtier in den Weg, ein Iltis, ein Wiesel, ein Marder, ein Fuchs, ein Wolf, ich werfe mich auf ihn und frage nicht, ob es ihm weh tut.“
    „Ja, das ist die rechte Art und Weise, das Haus seines Herrn zu beschützen. Wirst du mir Neues bringen?“
    „Ich hoffe es!“
    „Dann gut für jetzt!“
    Er entließ den Diener, und dieser ging. –
    Einige Zeit vorher hatte sich die bereits erwähnte hintere Tür am Palais des Barons von Helfenstein geöffnet, und es war ein Mann herausgetreten, welcher rotes Haar, einen roten Vollbart und dazu eine blaue Schutzbrille trug. Seine Kleidung war nicht im geringsten elegant, aber auch nicht grad schäbig zu nennen. Er trug sich wie einer, der bessere Tage gesehen hat und davon die Erinnerung noch im Gewand an seinem Leib trägt.
    Er verschloß die Türe, steckte den Schlüssel ein und wendete sich dem Fluß zu, und zwar demjenigen Teil desselben, an welchem die Armut ihre Hütten aufgeschlagen hat. Dort betrat er ein kleines, einstöckiges Häuschen und klopfte an die wackelige Tür des Hinterstübchens.
    Es regte sich nichts. Er klopfte abermals, und zwar jetzt auf eine eigentümliche Weise, die fast wie ein Erkennungszeichen klang. Sofort regte sich's im Innern.
    „Gleich!“ grölte eine tiefe Baßstimme.
    Die Tür wurde geöffnet. Ein langer, riesenhaft stark gebauter Mann blickte heraus. Sein Gesicht war wohl weniger ein verschlafenes, als ein versoffenes. Er sagte:
    „Wer sind Sie? Ich kenne Sie nicht!“
    Der Rote fuhr sich mit der Hand nach dem rechten Auge, als ob er dasselbe auswischen wolle.
    „Ach so!“ meinte der Riese, jetzt in bedeutend freundlicherem Ton. „Ein Eingeweihter! Kommen Sie herein!“
    Er ließ den andern eintreten und schloß dann die Tür hinter ihm zu, indem er auf einen Schemel deutete:
    „Setzen Sie sich!“
    Dieser Schemel, ein alter Tisch und ein noch älterer Stuhl, nebst einem Strohbund in der Ecke, das war die ganze Möblierung des armseligen Raums. Der Rote nahm auf dem Schemel Platz und deutete nach dem Tisch, auf welchem eine fast ganz geleerte Schnapsflasche stand.
    „So fleißig beschäftigt?“
    „Fleißig? Woher soll die Arbeit kommen? Es ist ja kein einziger Tropfen mehr drin!“
    Damit nahm er die Flasche und leerte den Rest mit einem Zug. Der Rote lächelte und sagte:
    „So müssen Sie wieder füllen!“
    „Wovon?“ lachte der andere höhnisch.
    „Sind Sie so sehr ausgebrannt?“
    „Vollständig!“
    „Wo ist Ihre Frau?“
    „Betteln. Aber sie ist seit vier Tagen nicht nach Hause gekommen. Sie lebt in Florio da draußen herum; ich aber sitze hier und verdurste, indem ich auf sie warte. Wenn sie kommt, so schlage ich ihr die Knochen entzwei!“
    „Gibt es denn keine Arbeit?“
    „Arbeit?“ fuhr der Riese auf. „Wollen Sie mich beleidigen?“
    „Fällt mir gar nicht ein!“
    „So kennen Sie mich nicht!“
    „Sehr gut sogar!“
    „So? Nun, wer bin ich denn?“
    „Der Tausendkünstler Bormann!“
    „Hol's der Teufel, er kennt mich! Wer sind denn Sie?“
    „Das ist Nebensache. Der Hauptmann sendet mich.“
    „Donnerwetter! Ist's wahr?“
    „Ja.“
    „Da hat die Not ein Ende; da regnet es Geld!“
    „Gemach, gemach!“
    „Etwa nicht, he? Da können Sie nur wieder gehen! Wer zu mir kommt, muß Geld haben, um bezahlen zu können.“
    „Wenn er etwas von Ihnen verlangt!“
    „Sie verlangen wohl nichts? So verschwinden Sie schleunigst! Ich lasse mich nicht ungestraft nutzloserweise stören!“
    Der andere nickte ihm behaglich zu, griff in die Tasche und klimperte mit dem darin befindlichen Geld.
    „Alle Teufel!“ rief Bormann. „Das hat einen verdammt guten Klang! Heraus damit, heraus!“
    „Oho! Nur langsam! Erst das Geschäft und dann der

Weitere Kostenlose Bücher