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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht!“
    „Soll ich mich etwa freuen, wenn ich so weit herkomme und finde den richtigen nicht?“
    „Es ist nicht zu ändern. Können Sie nicht morgen wiederkommen?“
    „Das läßt sich noch nicht sagen.“
    „Oder übermorgen?“
    „Dann ist es fast zu spät.“
    „Also ist es wirklich eilig?“
    „Natürlich! Zumal Sie gestern eine solche Schlappe erhalten haben. Da werden die Grenzer es für ganz unmöglich halten, daß wir sofort wieder eine solche Summe wagen.“
    „So machen Sie es doch möglich, morgen zu kommen!“
    „Ich werde sehen.“
    „Sagen Sie dem Wächter, daß er fünfmal klingeln soll, anstatt nur viermal, wie gewöhnlich!“
    „Warum?“
    „Dann wissen wir sofort, daß Sie es sind, und lassen Sie nicht lange warten. Wir haben fast eine Viertelstunde zu laufen, ehe wir durch den alten Stollen kommen.“
    „Gut! Werde mir's merken! Sonst noch etwas?“
    „Nein. Sie?“
    „Auch nicht. Gute Nacht!“
    „Gute Nacht!“
    Arndt trat aus dem Schuppen heraus und verließ den Schacht, ohne sich ein einziges Mal umzusehen. Er war außerordentlich zufrieden über den Erfolg, den er errungen hatte.
    Vorhin, als er Eduard verlassen hatte, war dieser in die Stube zu den Seinen zurückgekehrt, um das Mal fortzusetzen. Sein Vater fragte ihn nicht, was er draußen gewollt hatte. Der alte Weber wußte, daß sein Sohn jetzt irgendein Geheimnis mit sich herumtrug; aber er war auch überzeugt, daß dieses Geheimnis nichts Böses sein werde.
    Eben als das Mahl beendet war und die Mutter die Schüsseln und Teller forttrug, hörte man draußen das Schellengeläut von Schlitten, welche vorüberfuhren.
    „Da kommen die Städter!“ meinte der Weber.
    „Das Kasino!“ fügte seine Frau hinzu.
    Bei diesen Worten warf sie einen besorgten Blick auf ihren Sohn, welcher sich Mühe gab, möglichst unbefangen auszusehen.
    „Wird Engelchen wirklich gehen?“ fügte sie hinzu.
    „Das wird Eduard wissen“, sagte der Vater.
    „Sie geht“, antwortete der Sohn.
    „Hast du mit ihr gesprochen?“
    „Ja.“
    „Auch heute?“
    „Ja. Ich gab ihr gute Worte.“
    „Was antwortete sie?“
    „Ich solle nach der Maskerade mit ihr sprechen.“
    „Die Verblendete! Gott möge sie schützen! Aber wir haben unser Tischgebet vergessen!“
    Er erhob sich, faltete die Hände und sprach, nachdem auch die anderen aufgestanden waren, das gewöhnliche Gebet. Als er fertig war, wollten sich die anderen wieder setzen; er aber sagte:
    „Laßt uns auch für das Kind des Nachbars beten, damit Engelchen nicht von den Versuchungen umstrickt werde, denen sie entgegengeht.“
    Er griff in den Spulkorb seines Arbeitsstuhls, nahm das alte Gesangbuch zur Hand, welches dort stets aufbewahrt wurde, schlug es auf und las:
    „Oft klagt das Herz, wie schwer es sei,
Den Weg des Herrn zu wandeln,
Und täglich, seinem Worte treu,
Zu denken und zu handeln.
Wahr ist's: die Tugend kostet Müh;
Sie ist der Sieg der Lüste;
Doch richte selbst: Was wäre sie,
Wenn sie nicht kämpfen müßte?“
    In diesem Augenblick hörte man, daß draußen die Haustür geöffnet wurde; der Weber aber fuhr ungestört fort:
    „Des Lasters Bahn ist anfangs zwar
Ein breiter Weg durch Auen;
Allein, sein Fortgang bringt Gefahr,
Sein Ende Nacht und Grauen.
Der Tugend Pfad ist anfangs steil,
Läßt nichts als Mühe blicken;
Doch weiter führet er zum Heil
Und endlich zum Entzücken!“
    Jetzt war die Stubentür aufgegangen. Es trat jemand ein, auf den sich aller Blicke richteten, nur derjenige des Vaters nicht. Dieser letztere fuhr vielmehr unbeirrt fort:
    „Lern nur Geschmack am Wort des Herrn
Und seiner Gnade finden,
Und übe dich, getreu und gern,
Dein Herz zu überwinden!
Wer Kräfte hat, wird durch Gebrauch
Von Gott noch mehr bekommen;
Wer aber nicht hat, dem wird auch
Das, was er hat, genommen.
Gib Kraft, Gott, da, wo keine ist,
Gibt Kraft, das Fleisch zu dämpfen!
Gib Kraft, wenn Satans Macht und List
Uns schwächen will im Kämpfen!
Wenn uns die Welt viel Anstoß stellt,
Gib Kraft, sie zu vernichten!
So wird in Not, ja, selbst im Tod,
Uns deine Kraft aufrichten!“
    Jetzt erst machte er das Gesangbuch zu und warf einen Blick nach der Stubentür. Dort stand – Nachbar Hofmann.
    „Guten Abend!“ sagte dieser, aber nicht etwa in einem sehr freundlichen Ton.
    „Guten Abend!“ antworteten alle.
    Selbst die Kleinen, auch die Kinder des toten Schreibers, die sich ja hier in Pflege befanden, stimmten mit ein. Der alte Hauser schob einen Stuhl an den Tisch und

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