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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Engelchen mit dir verkehrt. Gute Nacht!“
    Er bückte sich am Ofen nieder, nahm einige Scheite Holz auf und ging. Frau Hauser schlug die Hände zusammen und sagte:
    „Haben wir schon einmal so etwas erlebt, Vater?“
    „Noch nicht, Mutter. Der Teufel des Hochmuts hat ihn ergriffen. Aber laß das gut sein. Wir wollen noch nicht richten!“
    Im Inneren Eduards gab es eine große Unruhe. Er hatte sich in den letzten Tagen alle Mühe gegeben, sie nicht bemerken zu lassen. Sie wurde gesteigert durch das, was er jetzt gehört hatte. Es litt ihn nicht in der Stube. Er ging hinaus, um kühle Luft einatmen zu können.
    Er schritt langsam die Gasse hinauf, bis er die Schenke erreichte. In dieser ging es gar lustig her. Der Saal war hell erleuchtet. Musik erschallte. Und auch die untere Gaststube schien bereits ziemlich gefüllt zu sein.
    Er holte tief Atem und kehrte zurück. Eine Gestalt kam ihm entgegen, eine weibliche Gestalt, tief in ein Tuch gehüllt. Sie wollte schnell an ihm vorüber; aber er erkannte sie doch. Sollte er sie anreden oder nicht? Sein Zorn sagte ‚Nein‘, sein Herz aber gebot ihm das erstere.
    „Engelchen!“ sagte er.
    Sie ging weiter, ohne zu antworten.
    „Engelchen!“
    Auch hierauf hörte sie nicht. Da eilte er ihr nach, ergriff sie am Arme und fragte:
    „Sag mir das eine! Wirst du wirklich zu Seidelmanns ziehen?“
    Das hielt sie fest.
    „Zu Seidelmanns?“ fragte sie schnell. „Was soll ich dort?“
    „Eine Stelle sollst du haben.“
    „Als was?“
    „Als Stütze der Frau.“
    „Und wer hat das gesagt?“
    „Dein Vater. Weißt du nicht, daß er jetzt bei uns war?“
    „Nein. Er ist am Nachmittage bei Seidelmanns gewesen und hat Garn zu Schuß und Kette geholt.“
    „Da werden sie von dieser Stelle gesprochen haben. Er kam zu uns, holte sich das Holz, welches er uns geborgt hat, und verbot mir, jemals wieder mit dir zu sprechen.“
    „Davon weiß ich wirklich kein Wort.“
    „Nun, so weißt du es jetzt. Also, ich darf nicht mehr mit dir reden. Dir ist das natürlich recht. Gute Nacht, Engelchen!“
    Er wollte gehen. Jetzt aber hielt sie ihn zurück und fragte:
    „Hat er das wirklich gesagt, wirklich?“
    „Ja.“
    „Und du willst – willst ihm gehorchen?“
    „Natürlich! Du willst doch auch nichts mehr von mir wissen!“
    „Wer hat das gesagt?“
    „Das braucht gar niemand zu sagen; das bemerke ich schon ohnedies. Was hast du hier unter dem Umschlagtuch, Engelchen? Nicht wahr, den italienischen Anzug?“
    „Ja“, antwortete sie leise und zögernd.
    „Du gehst auf das Maskenfest?“
    „Ja; ich kann nicht anders.“
    „Und wenn ich dich nun abermals bitte, zum letzten Mal bitte, es nicht zu tun?“
    „Der Vater hat's befohlen!“
    „Kann er dich dazu zwingen?“
    „Er ist jetzt so streng, und ich – ich – ich habe mich selbst sogar sehr darauf gefreut. Du darfst nicht zuviel verlangen.“
    „Engelchen, ein braves Mädchen geht nur dahin, wohin sie gehört!“
    Da hob sie schnell das Köpfchen und sagte:
    „Meinst du etwa, daß ich nicht im Kasino verkomme?“
    „Warum nicht! Aber du findest dort deine Gesellschaft nicht!“
    „Wenn sie es nicht ist, so kann sie es noch werden. Gute Nacht!“
    Sie eilte fort. Er hatte wieder jenen Punkt berührt, an welchem sie so empfindlich war. Um diese wunde Stelle zu heilen, mußte die Sonde des Schmerzes oder der Enttäuschung angesetzt werden. Engelchen hatte einen Teil des väterlichen Hochmuts geerbt.
    Als sie die Schenke erreichte, zog sie ihre seidene Halbmaske, welche sie mit dem Anzug erhalten hatte, aus der Tasche und befestigte sie vor dem Gesicht. Dann stieg sie die Treppe empor.
    Oben an der Tür stand die Magd des Wirts, um die Überkleider in Empfang zu nehmen. Engelchen wurde von ihr nicht erkannt. Sie gab ihr Tuch ab und trat in den Saal.
    Es war doch ein eigenes Gefühl, mit welchem sie diesen Schritt tat. Fast war es ihr, als ob sie wieder umkehren solle. Es war ihr jetzt beinahe ängstlich zumute. Aber zum Umkehren gab es keine Zeit mehr, denn aller Augen waren auf sie gerichtet.
    In demselben Augenblick begannen die Musikanten einen flotten Walzer. Eine männliche Maske kam auf Engelchen zu, verbeugte sich und sagte:
    „Endlich, endlich! Ich habe mit herzlicher Sehnsucht auf dich gewartet, schöne Italienerin. Bitte, diesen Walzer!“
    Er legte den Arm um sie, und sie flog mit ihm durch den Saal. Während sie dann ruhten, nahm er den Arm gar nicht von ihrer Taille. Er flüsterte ihr zu:
    „Sie

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