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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den habe ich.“
    „Ist er nicht gegeben ganz und gar in deine Hände? Kannst du ihn nicht zwingen, zu machen alles, was du willst?“
    „Ich kann ihn zwingen. Aber was soll er machen?“
    „Ein anderes Herz, welches ist ähnlich dem richtigen.“
    „Gut! Ich werde ihm befehlen, es zu machen. Aber die Krone?“
    „Laß ihm machen eine Krone, welche ist auch ähnlich, aber nicht eine Adelskrone!“
    „Auch das soll er machen. Aber die Buchstaben?“
    „Er soll machen ganz dieselben zwei großen Buchstaben, damit es ist ganz ähnlich, aber er soll nicht machen zwischen sie hinein ein ‚v‘, sondern ein ‚u‘.“
    „Warum soll er machen ein ‚u‘?“
    „Das heißt ‚und‘. Dann steht nicht da ein adeliger Name, sondern es stehen da die Anfangsbuchstaben von zwei Namen. Das gibt eine ganz andere Bedeutung.“
    „Gott Israels! Habe ich doch nicht geahnt, welcher Scharfsinn wohnt in dem Kopf meiner Tochter.“
    „So tue, was ich dir gesagt habe!“
    „Ich werde gehen morgen zu Jacob Simeon.“
    „Nein; du wirst gehen gleich heute noch. Wenn der Dichter sich verlobt mit der Tochter des Obersten, wird er gleich haben Geld und morgen schon kommen, zu bezahlen seine Schuld. Dann muß bereits fertig sein die Änderung.“
    „Schön! Ich werde gehen sofort und sogleich.“
    „Und ich werde eilen zu meiner Freundin Sarah Rubinenthal.“
    Sie ging und fand die Freundin daheim. Das Mädchen hatte ein eigenes Zimmer; dorthin zogen sich die beiden zurück. Von hier aus konnten sie, ganz wie der alte Jude gesagt hatte, grad in die Fenster des Obersten blicken.
    Judith machte die Freundin mit dem Zweck ihres Besuchs bekannt, und beide nahmen am Fenster Platz, um ihre Beobachtung zu beginnen.
    Drüben war alles hell erleuchtet. So kam es, daß die Mädchen bis in das Innere der Zimmer zu sehen vermochten. Sie ließen sich nichts entgehen.
    „Siehst du ihn?“ sagte Judith. „Siehst du, was er macht?“
    Die kleine Bucklige antwortete:
    „Ich sehe ihn. Er steht da und schlägt mit den Armen in die Luft.“
    „Er deklamiert. Er wird machen ein Gedicht gleich aus dem Kopf, wie er bei mir hat gleich gemacht das Gedicht von der Frau des Meeres.“
    Sie ließen den Deklamierenden nicht aus den Augen. Sie sahen, daß er dann an das Fenster trat, bald aber rasch in das Innere des Zimmers zurückkehrte. Einige Zeit später kam Fanny von Hellenbach an das Fenster. Sie stand halb gegen das Licht gewendet, so daß man ihre Gesichtszüge sehen konnte.
    „Das ist sie!“ stieß Judith hervor. „Kennst du sie?“
    „Ich sehe sie alle Tage.“
    „So sage einmal, ob sie schön ist, Sarahleben!“
    „Sie ist schön, sehr schön!“
    „Ja, sie ist schön; aber ist sie schöner als ich?“
    Die Gefragte kam in Verlegenheit. Sie antwortete:
    „Sie ist schön, und du bist schön. Die Schönheiten sind ja ganz verschiedener Art.“
    „Das will ich nicht wissen! Wenn du wärst dieser Robert Bertram, welche würdest du schöner finden, sie oder mich?“
    „Dich!“ antwortete Sarah.
    Sie konnte unter diesen Umständen ganz natürlich keine andere Antwort geben. Da aber stieß Judith einen scharfen, zischenden Laut aus wie eine Natter, die einen Feind sieht.
    „Ah, er kommt! Er stellt sich zu ihr!“ sagte sie. „Jetzt werden wir sehen, ob sie freundlich mit ihm ist. Siehst du seine Augen?“
    „Nein.“
    „Ich auch nicht. Gott meiner Väter! Seine Augen möchte ich sehen! An den Augen merkt man es, ob sie sich lieben. Aber jetzt, jetzt! Sie berührt ihn! Sie greift ihn an! Sie legt ihm den Arm auf die Schulter! Was sagst du dazu, Sarah Rubinenthal?“
    Judith befand sich in größter Aufregung. Sie stampfte mit dem Fuß, sie trommelte mit den Fingern an die Fensterscheibe. In ihren Adern rollte orientalisches Blut. Sie wäre am liebsten hinübergeeilt, um der Rivalin die Augen auszukratzen. Da die Freundin nicht antwortete, wiederholte sie:
    „Ob du es siehst, frage ich?“
    „Ja, ich sehe es!“
    „Was sagst du dazu? Jetzt wird sie ihm erklären ihre Liebe!“
    „Wird sie das wirklich? Kann sie das?“
    „Warum nicht? Du siehst es ja! Wenn sie wären allein miteinander, würde sie ihm legen die Arme um den Hals und ihn küssen mit den Lippen auf seinen Mund!“
    „Er geht!“
    „Ja, er geht, aber zu spät. Sie liebt ihn, und er liebt sie. Ich weiß, was ich zu tun habe!“
    Der Freundin wurde es angst und bange.
    „Was wirst du tun?“ fragte sie. „Du weißt ja kein Wort von dem, was die beiden miteinander

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