61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig
schlauer Patron!“
Einige Sekunden später kam Adolf über die Mauer gesprungen; der Fürst folgte ihm. Beide entfernten sich vorsichtig nach dem Gebäude zu.
„Zwei!“ meinte der Baron. „Er hat noch einen mit. Ich hatte also recht: Er arbeitet nicht allein und auf sein eigenes Risiko. Man kann sie von hier aus sehr gut sehen.“
„Ja. Ich habe diesen Lauscherposten so angelegt, daß man alles beobachten kann. Sehen Sie, daß der eine jetzt durch das Fenster steigt?“
„Ja. Der andere folgt.“
„Sie werden sehr enttäuscht sein, wenn sie sich in einem Loch sehen, zu welchem es keinen anderen Aus- und Eingang als durch eben das Fenster gibt.“
„Welch ein Glück, daß unser Posten diesen Kerl beobachtete. Wäre das nicht gewesen, so würden diese beiden jetzt die Treppe und das Katheder finden, und eines schönen Tages würde die Polizei über uns herfallen. Sehen Sie, daß sie Licht gemacht haben?“
„Ja. Sie suchen. Na, gratuliere!“
Nach längerer Zeit verlöschte das Licht, und die beiden kamen wieder zurück. Hart neben dem Versteck blieben sie stehen. Die beiden Lauscher hörten folgendes:
„Ich glaube es nicht. Das Loch muß weiterführen.“
„Mir scheint es auch so. Du mußt deinen Posten wieder einnehmen und dem Hauptmann auf dem Fuß folgen, sobald er über die Mauer kommt. Nur auf diese Weise ist es zu entdecken. Was sollte dieser Baron in dem Loch wollen, wenn es eben nur – ein leeres Loch ist! Doch, vorwärts jetzt! Hinüber!“
Sie stiegen über die Mauer. Der Baron stieß seinen Nachbarn an und flüsterte:
„Haben Sie es gehört?“
„Jedes Wort.“
„Auch das vom Hauptmann?“
„Ja.“
„Und vom Baron?“
„Ja.“
„Donnerwetter! Wissen Sie, was das zu bedeuten hat?“
„Hm! Fast scheint es, als wenn –“
Er stockte verlegen.
„Nun, weiter! Als wenn –?“
„Als wenn dieser Mensch ahnte, daß der geheimnisvolle Hauptmann eigentlich ein Baron ist.“
„So ist es! Es ist wirklich so! Er ist mir auf der Spur.“
„Das wäre allerdings schlimm!“
„Gut, daß wir es erfahren haben! Es bleibt dabei: Morgen wird hier ausgeräumt, und in der Residenz halten wir für einige Monate Ferien.“
„Hm! Schade um das herrliche Geschäft!“
„Was wir hier verlieren, werden wir mit der Schmuggelei einbringen. Ich werde diese letztere ganz anders einrichten. Es muß mehr Schwung hineinkommen. Glauben Sie, daß man sich auf Ihren Bruder auch verlassen kann?“
„Auf ihn und seinen Sohn? Vollständig! Ich übernehme für beide die vollste Garantie!“
„Gut! So wird sich etwas machen lassen. Übrigens, wenn wir hier nichts tun, so haben wir Zeit, nach diesem Fürsten des Elends zu forschen. Es müßte denn geradezu mit dem Teufel zugehen, wenn wir nicht erführen, wer er ist.“
„Und dann?“
„Und dann? Nun, dann soll er uns alles bezahlen. Alles, was er an uns verschuldet hat! Jetzt sind die beiden fort, und ich denke, daß wir nun auch gehen können!“ –
Als Robert Bertram heute das Krankenhaus verlassen hatte, war nur sehr kurze Zeit vergangen, so stellte sich Judith Levi dort ein. Sie war fast täglich gekommen, hatte aber den Erfolg nicht erreicht, den sie beabsichtigte. Heute traf sie zufälligerweise auf die Wärterin, welche Bertram gepflegt hatte. Von ihr erfuhr sie, daß er nicht mehr da sei. Sie freute sich, daß er genesen war, erschrak aber auch zugleich darüber. Dann fragte sie rasch:
„Wissen Sie vielleicht, wo er wohnt?“
„Nein, mein Fräulein.“
„Vielleicht könnte man es erfahren.“
„Jedenfalls. Man müßte sich an Seine Durchlaucht den Fürsten von Befour wenden.“
„Warum an diesen?“
„Der Fürst ist es, der ihn abgeholt hat, noch dazu in seiner eigenen Equipage.“
„So hat er ihn mit sich genommen!“
„Zunächst nicht. Ich erfuhr durch den Diener, daß der Fürst Herrn Bertram zu dem Obersten von Hellenbach bringen wollte.“
„Hellenbach?“ Judith erbleichte. „Wissen Sie das genau?“
„Ja. Es wird heute abend dort Bescherung sein.“
„Ich danke! Gute Nacht!“
Sie eilte davon. Sie hatte am Begräbnistage Fanny von Hellenbach gesehen; sie wußte, welch ein schönes Mädchen diese war. Die Eifersucht flammte in ihr auf. Sie ging nicht, sondern sie rannte förmlich nach Hause. Dort trat sie, rot und erhitzt vom schnellen Gehen, vor ihre Eltern.
„Er ist fort!“ rief sie erregt.
„Fort? Wer?“ fragte der alte Jude.
„Wer? Wer denn anders als Bertram!“
„Bertram der
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