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62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

Titel: 62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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„Kam er denn?“
    „Ja, und zwar nicht allein, sondern sogar mit seinem Sohn.“
    „Ah! diese beiden sprachen miteinander?“
    „Natürlich!“
    „Und Sie haben alles gehört?“
    „Jedes Wort.“
    „Mein Herr, ich gestehe ihnen gern und willig, daß ich noch nie einen Mann gefunden habe, der in so horrender Weise für das Polizeifach prädestiniert ist wie Sie!“
    „Ja, ein Saukerl ist er!“ fiel der Förster ein. „Nehmen Sie es mir nicht übel, Vetter, daß ich Sie so nenne, aber es ist wirklich nicht anders, Sie sind ein verfluchter Saukerl! Wenn ich ein Spitzbube wäre, so kriegte ich, sobald ich Sie nur erblickte, die Cholerine vor Angst und Bangigkeit!“
    Die beiden anderen lachten herzlich über diese drastische Weise, seine Bewunderung auszudrücken, und der Amtmann erkundigte sich weiter:
    „Bitte, was haben Sie von ihnen gehört? Ich bin auf das äußerste gespannt darauf.“
    „Ich auch“, meinte Wunderlich. „Diese beiden Kerls kennen mich nämlich. Da sie gesehen haben, daß ich mit dabei bin, so werden sie mich mit den lieblichsten Zärtlichkeiten bedacht haben. Hole sie der Kuckuck!“
    „Das ist richtig! Sie meinten, daß sie Ihnen schon noch etwas auswischen würden.“
    „Sapperment! Da hat man sich also vorzusehen!“
    „Keine Sorge! Diese beiden Menschen werden sehr bald unschädlich gemacht sein. Sie haben den Entschluß gefaßt, heute bis Mitternacht eine Leiche in das Grab zulegen.“
    „Das also war es! Verwegene Menschen! Aber woher wollen sie die Leiche nehmen?“
    „Aus dem alten Gottesacker in der Nähe der Stadt.“
    „Wie klug! Dort verkehrt niemand mehr, das würde unentdeckt bleiben. Aber ich werde sie dabei fassen lassen.“
    „Bitte, dabei nicht! Mein Plan ist vielmehr, daß wir ihnen auf dem alten Gottesacker gar nichts in den Weg legen und sie vielmehr erst hier ergreifen. Man muß ihnen Gelegenheit geben, die Tat vollständig zu vollbringen, dann hat man sie am festesten.“
    „Ich muß Ihnen da allerdings beistimmen und bitte Sie nur, Ihre Verfügungen zu treffen.“
    „Nicht hier. Es bleibt uns noch genügsam Zeit dazu. Gehen wir jetzt nach der Schenke.“
    „Sie auch mit?“
    „Ja. Der Wirt hat jedenfalls erfahren, daß noch einer hier ist. Komme ich nicht mit, so könnte er Verdacht schöpfen. Übrigens war ich bereits vorhin bei ihm.“
    „So kennt er sie bereits?“
    „Ja, doch in anderer Gestalt. Auch jetzt habe ich Ursache, mich ein klein wenig zu verändern.“
    An der Wand hing ein kleiner Spiegel. Arndt trat vor denselben hin und zog einen Bart und ein Fläschchen nebst Pinsel aus der Tasche. Als er sich wieder zu ihnen wendete, fuhr der Amtmann zurück.
    „Mein Gott! Ist das möglich?“ fragte er.
    „Ja, dieser Vetter hat den wahren Teufel!“ lachte der Förster. „Jetzt ist er ein alter Knabe von über sechzig Jahren. Den Bart hinan und die Augenbrauen gefärbt. Und dazu hat der Mensch seine Züge, daß heißt seine Gesichtshaut, sein Physiognomieleder so in der Gewalt, daß er zwischen den Falten, die er zieht, Fliegen und Hornissen totquetschen kann wie ein alter Marketenderschimmel.“
    Der Beamte betrachtete Arndt noch eine ganze Weile mit nicht enden wollendem Kopfschütteln. Endlich beruhigte er sich und fragte:
    „Und was wird mit diesem Haus?“
    „Sie nehmen den Schlüssel zu sich und geben ihn dem Totengräber bei seiner Entlassung wieder. In der Schenke trinken wir einen Grog und fahren dann ab.“
    Das Haus wurde zugeschlossen. Als sie nach der Schenke kamen, saß der Schmied mit seinem Sohn und ihren beiden Frauen in einem ernsten Gespräch am Tisch. Sie erhoben sich, um die Herren zu bedienen. Der Alte flüsterte seinem Sohn gelegentlich zu:
    „Sollte das der Fremde sein?“
    „Jedenfalls.“
    „Der sieht mir gar nicht so gefährlich aus, wie ihn der Totengräber machte!“
    „Nein. Und von den Polizei- und Gendarmenaugen bemerkt man auch nichts. Er sieht ganz so aus wie ein alter Advokatenschreiber oder ein Schulmeister.“
    „Na, vielleicht läuft alles gut ab!“
    Nach kurzer Zeit bezahlten die Gäste, und der Förster, welcher getan hatte, als ob er den Schmied nicht kenne, fuhr vor. Sie stiegen ein, kutschierten zum Dorf hinaus, gemeinschaftlich nach der Stadt, wie der Amtmann glaubte. Aber kaum hatten sie das Dorf im Rücken, so ließ Arndt halten. Er hob den Sitz in die Höhe, unter welchem sich ein hohler Raum befand, und zog einen anderen Bart nebst Rock, Schal und Hut daraus hervor.
    „Wie?“ fragte

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