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62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

Titel: 62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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der Amtmann. „Abermals eine Maskerade? Wozu denn?“
    „Ich muß noch kurze Zeit hier bleiben, um meine Beobachtungen fortzusetzen. Fahren Sie weiter; ich werde Ihnen dann zu Fuß folgen.“
    Er legte die Sachen an, nachdem er sich überzeugt hatte, daß kein Lauscher in der Nähe sei. Der Beamte begann sein Kopfschütteln von neuem.
    „Erstaunlich!“ sagte er. „Sie sind ein vollständig anderer! Sie sind außer allem anderen auch ein Mimiker, der Vorstellungen geben könnte. Wenn es Ihre Absicht sein sollte, in die Schmiede zurückzukehren, so bin ich fest überzeugt, daß man Sie dort nicht erkennen wird.“
    „Ja; es ist völlig gefährlich, einen solchen Verwandten zu haben“, lachte der Förster. „Es kann ja vorkommen, daß ich ihn für mich selbst halte. Und wer von beiden soll dann meine alte Barbara beim Kopf nehmen? Ich mag gar nichts mehr sehen!“
    Er griff zur Peitsche und fuhr weiter. Arndt ging um das Dorf herum, so daß er von der anderen Seite die Schenke erreichte, vor deren Tür der Wirt stand. Dieser begrüßte den fremden Gast und fragte nach seinem Begehr, worauf dieser ein Glas Bier verlangte.
    Der Schmied besorgte das Getränk und musterte den Neuangekommenen neugierig. Fremde waren in dem weit abgelegenen Dorf selten. Er schien befriedigt zu sein, denn er setzte sich zu Arndt und fragte:
    „Ist's recht, das Bier?“
    „Nicht übel!“ lautete die Antwort, indem der Trinker mit der Zunge schnalzte.
    „Ja, wir schenken hier noch direkt aus dem Faß; da läßt es sich eher trinken, als aus den Röhren und Gummischläuchen, durch die es anderwärts zu laufen hat, ehe es in die Kehle kommt. Sie sind hier fremd, wie es scheint? Wenigstens habe ich Sie noch nicht gesehen.“
    „Möglich, obgleich ich weit umherkomme.“
    „Was für ein Landsmann sind sie denn?“
    „Aus der Hauptstadt.“
    „So? Aus der Residenz? Das hätte ich nicht erraten.“
    „Warum nicht?“
    „Sie sehen mehr nach dem Land aus.“
    „Das ist sehr leicht möglich, denn mit was man umgeht, das pflegt einem anzuhängen.“
    „Was sind Sie denn?“
    „Holzhändler.“
    „So, so! Da kommen Sie wohl in Geschäften in diese Gegend?“
    „Ja. Die Gebirgswaldungen sind holzreich; da gibt es eher einmal einen guten Kauf als bei uns in der Nähe der großen Städte, wo die Wälder selten sind.“
    „Es ist auch nicht mehr wie früher. Der Staat kauft nach und nach alle Privatwaldungen an sich, und die Regierung forstet anders, viel sparsamer als der Private.“
    „Das ist wahr. Aber grad mit der Regierung habe ich sehr gern zu tun. Kauft man von ihr, so weiß man genau, was man bekommt. Da gibt es keinen Schwindel.“
    „Möglich, obgleich es viele gibt, die nicht an diese Solidität glauben wollen, zum Beispiel die Demokraten.“
    „Meinetwegen! Ich lasse jedem seine Meinung.“
    „Das ist das richtige. Da kommt man niemals in Konflikt. Aber da muß ich sie einmal etwas fragen. Wir leben hier so abgeschieden. Fremde kommen selten, und in unsern kleinen Zeitungsblättern steht auch nicht viel. Da ist man froh, wenn man einmal einen trifft, der auch andere Gegenden gesehen hat.“
    „Fragen Sie nur! Ich stehe zu Diensten!“
    Die beiden Frauen hatten sich in die Küche zurückgezogen, der Sohn aber war geblieben. Er merkte, daß der Vater das Gespräch auf ein für sie beide wichtiges Thema bringen wollte, und trat daher näher herbei.
    „Da war vor einiger Zeit“, sagte der Schmied, „ein Handelsmann bei uns, auch aus der Residenz, er erzählte von einem – einem – na, wie nannte er ihn nur? Von einem Manne, der ein wahrer Schinderhannes sein soll.“
    „In der Hauptstadt?“
    „Ja. Sie wollten ihn fangen, kriegten ihn aber nicht.“
    „Also ein Spitzbube? Ein Räuber?“
    „Ja.“
    „Er wird den Riesen Bormann gemeint haben.“
    „Nein. Der Name war anders.“
    „So hat er am Ende gar von dem Hauptmann gesprochen.“
    „Hauptmann? Hauptmann? Ja, so hat er ihn genannt, wie ich glaube. Nicht? Du hast's doch auch gehört.“
    „Ja“, nickte der Sohn. „Hauptmann nannte er ihn.“
    „Nun, was ist denn das eigentlich für ein Kerl?“
    „Hm! Wer das wüßte!“ antwortete Arndt. „Aber kein Mensch weiß es ja!“
    „Ist er denn wirklich so ein verwegener Kerl?“
    „Ja. Er scheint eine sehr zahlreiche Bande zu besitzen, denn es vergeht fast kein Tag, an welchem nicht irgendeine Schlechtigkeit von ihm begangen wird.“
    „So mag man ihn doch fassen!“
    „Wo denn? Die Polizei mag sich

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