62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen
vollen Karriere davonflogen.
Die beiden Schmiede stießen sich heimlich an. Sie merkten, daß es in ihm koche, und daß er jetzt mit sich zu Rate gehe, wie er sich am besten gegen sie zu verhalten habe.
Nach einer längeren Weile ließ er die Pferde wieder langsamer gehen und drehte sich zu ihnen um. Beim Schein des Schnees sahen sie, daß er leichenblaß war, und daß seine Augen tief in den Höhlen lagen. Er war von dem, was er gehört hatte, bis ins tiefste Leben getroffen worden. Seine Stimme zitterte und klang heiser, als er fragte:
„Robert ist damals nicht verbrannt?“
„Nein“, antwortete der Sohn.
„Lebt er noch?“
„Ja.“
„Wo?“
„Hm! Vielleicht kommt die Zeit, in der Sie das erfahren!“
„Oho! Ich muß es erfahren, und zwar sogleich!“
„Oho!“ klang es als Echo zurück. „Soll das etwa gar eine Drohung sein?“
„Ja.“
„So sehen Sie her! Ich habe das Messer noch in der Hand!“
„Pah! Ich fürchte mich vor euch nicht!“
„Wir vor Ihnen auch nicht!“
„Ihr seid Lügner und Verräter!“
„Sie wohl nicht?“
„Donnerwetter! Mir das?“
„Ja. Wir haben den Mord verheimlicht. Sie versprachen uns eine Summe dafür. Sie haben uns nur die Hälfte gegeben. Dann, als wir uns mit Ihnen in Pascherei einließen, hatten Sie uns in der Hand; wenigstens glaubten Sie das, weil Sie dachten, uns zu Mordbrennern gemacht zu haben. Aber wir waren klug gewesen, wir hatten nicht gemordet!“
„Aber doch das Schloß weggebrannt.“
„Auf Ihren Befehl! Sie sind nicht nur unser Mitschuldiger, sondern sogar der Anstifter. Wir verschonten den Knaben. Wir waren Menschen und hatten Mitleid mit ihm. Wir verbrannten lieber eine Leiche. Das war zwar auch strafbar, aber doch kein Mord. Und noch aus einem anderen Grund ließen wir den kleinen, unschuldigen Knaben leben.“
„Aus welchem Grund?“
„Wir hatten Sie kennengelernt, wir wußten, daß Ihnen nicht zu trauen sei. Wenn es sich um Ihren Vorteil handelt, gilt Ihnen ein Menschenleben nichts. Wenn Sie einen nicht mehr brauchen, so ist es aus mit ihm, damit Sie keinen Verrat zu befürchten haben!“
„Ah! Das meint Ihr! Das wißt ihr?“ stieß er hervor.
„Ja, wir haben es erlebt. Darum mußten wir ein Mittel haben, Sie in unserer Hand zu behalten. Und dieses Mittel ist – nun, raten Sie!“
„Der Knabe!“ zischte er.
„Ja, der Knabe, der Baron Robert von Helfenstein.“
„Halunken!“
„Schön! Halunken mögen wir sein, doch Sie sind es, der uns dazu gemacht hat. Vorher waren wir ehrliche Schmuggler.“
Er kämpfte mit sich. Es verging wohl über eine Viertelstunde.
Er sagte sich, daß es klug sei, sich scheinbar in das Unvermeidliche zu finden. Darum sagte er endlich:
„Ihr habt schlecht und treulos gegen mich gehandelt, ihr Kerls, ganz außerordentlich treulos!“
„Oh, nicht schlecht, sondern nur klug.“
„Also, ich soll nicht erfahren, wo dieser Robert sich befindet?“
„Nein.“
„Oho! Warum nicht?“
„Weil Sie ihn aus der Welt schaffen würden!“
„Das fällt mir gar nicht ein.“
„Oh, wir kennen Sie!“
„Nein. Es würde mir genügen, wenn ihr mir versprecht, daß er nie erfahren soll, wer er ist.“
„Wir würden dabei unsern besten Trumpf aus der Hand geben.“
„Ich bezahle ihn euch.“
„Womit?“
„Mit Geld.“
„Das werden Sie bleibenlassen. Eine Kugel bekämen wir, aber kein Geld!“
„Seid nicht so unsinnig! Sagtet ihr nicht, daß ihr nie wieder nach Helfenstein zurück dürftet?“
„Ja, das ist sicher.“
„Nun, so seid ihr ja verloren, wenn ich mich eurer nicht annehme. Ihr seid flüchtig, vogelfrei und mittellos!“
„Sie auch, sobald man uns erwischt.“
„Pah! Noch gebe ich nicht das geringste auf. Ich werde euch mit Geld versehen, um euch fortzuhelfen. Ihr sollt euch in der Fremde eine Existenz gründen.“
„Das klingt schön, doch müssen wir erst sehen, ob das wahr ist, ob Sie auch Wort halten!“
„Ich halte Wort!“
„Das würde für beide Teile gut sein!“
„Noch glaube ich nicht, daß eure Lage so sehr bedrängt ist. Erzählt mir einmal, wie alles gekommen ist. Ich werde dann klar sehen und wissen, was zu tun ist. Also, wie war es damals in jener Nacht, in welcher das Schloß wegbrannte?“
Der junge Schmied erzählte alles, nur nicht, was sie dann mit dem kleinen Robert angefangen hatten.
„Wie treulos und – wie dumm!“ sagte der Baron, als der Erzähler geendet hatte. „Wohin habt ihr den Knaben getan?“
„Davon
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