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62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

Titel: 62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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später!“
    „Meinetwegen! Hat denn jemand etwas gemerkt?“
    „Nein.“
    „Auch der Totengräber nicht?“
    „Die alte, ehrliche Haut? Hätte der nur das geringste gemerkt, so wäre der Leichendiebstahl sicherlich verhindert worden.“
    „Ich glaube selbst auch, daß alles unbemerkt abgegangen ist, denn sonst hätte man die Sache nicht erst heute untersucht. Es bleibt also nur eins zu vermuten. Hm!“
    „Was?“
    „Daß man erst kürzlich entdeckt hat, daß Robert noch lebt. Vielleicht eine Familienähnlichkeit oder etwas Derartiges! Aber, da kommt mir ein Gedanke! Wie war der Junge gekleidet?“
    „In sein Nachthabitchen!“
    „Hat er das behalten?“
    „Nein.“
    „Also doch nicht, was ich vermutete. Ich hielt es nämlich für möglich, daß er vielleicht etwas an sich getragen hätte, was als Kennzeichen dienen könnte.“
    Da gab der Alte dem Jungen einen Stoß.
    „Du!“ sagte er.
    „Was?“
    „Sollte etwa die Kette –“
    „Donnerwetter! Ja, die Kette!“
    „Welche Kette?“ fragte der Baron schnell.
    „Er trug eine Kette am Hals; die wollten wir dem armen Kerl nicht nehmen. Wir hätten für das Ding doch nicht viel bekommen, sie hätte uns vielmehr verraten können.“
    „Oh, ihr Toren, ihr Esel! Nun hat sie es doch verraten! Ja, so ist es, anders nicht! Was war es denn für eine Kette?“
    „Sie war dünn und von Gold.“
    „Nichts daran? Kein Medaillon?“
    „Es hing so etwas wie ein Herz daran.“
    „Ging es zu öffnen?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Waren Buchstaben darauf?“
    „Ja drei; nämlich R.v.H.“
    „Da sollen tausend Teufel dreinschlagen! Und diese Kette habt ihr ihm gelassen?“
    „Ja. Wir haben uns nichts dabei gedacht.“
    „Das war mehr als unvorsichtig; das war wahnsinnig oder gar verrückt. Nun ist freilich alles verraten. Man hat die Kette beobachtet; man hat geforscht – ah, wußte der Fürst des Elends von ihr?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Aber jedenfalls hat er sie gesehen. Er ist es; er allein ist es, der daraus Schlüsse gezogen hat. Die Kette muß her; ich muß sie haben! Sie ist der einzige Beweis, den man gegen uns hat. Wo aber befindet sie sich?“
    „Wie sollen wir das wissen?“
    „Ihr müßt doch wissen, wo der Knabe steckt!“
    „Hm! Wir haben ihn in das Findelhaus geschafft.“
    „Da ist er noch?“
    „Nein.“
    „Wo denn? Habt ihr ihn später im Auge behalten?“
    „Ja. Ein Musikant hat ihn aus dem Findelhaus geholt und als Kind angenommen, ein Musikant und Schneider.“
    „Wo denn? Welches Findelhaus war es?“
    „Es war in der – ah! Was denn?“
    Sein Sohn hatte ihm einen so derben Rippenstoß gegeben, daß er mitten in seiner Antwort inne hielt.
    „Ich glaube gar, du willst es ausplaudern!“ zürnte er. „Warte erst, ob wir bezahlt werden!“
    Aber der Baron beachtete diese Worte gar nicht. Er klatschte einige Male mit der Peitsche, als wolle er einem freudigen Gedanken Luft machen; dann sagte er, indem er die abgebrochenen Worte des Alten wiederholte:
    „Es war in der – nun, wo denn? Jedenfalls in der Residenz. Anders kann das Wort nicht sein, welches auf diese vier Worte folgen muß. Nicht?“
    Die beiden blieben stumm. Darum fuhr er fort:
    „Ihr seid auch heute noch so dumm wie damals! Mir könnt ihr nichts verschweigen. Also in das Findelhaus der Hauptstadt habt ihr ihn gebracht? Ein Musikant, der ein Schneider war, hat ihn angenommen? Vor zwanzig Jahren? Ah, das stimmt doch zu prächtig! Ihr habt gar nicht geahnt, daß ich diesen Schneidermusikanten kannte. Er wohnte in einem mir gehörigen Hause in der Wasserstraße und hieß Bertram. Habt ihr euch vielleicht das geistreiche Vergnügen gemacht, im Findelhaus wissen zu lassen, wie der Knabe heißt?“
    „Wir haben auf einem Zettel angegeben, daß er getauft ist und Robert heißt“, sagte der Alte.
    „Schön! Robert Bertram! Da haben wir ihn!“
    „Verdammt!“ stieß der junge Schmied hervor.
    „Nicht wahr? Nun ärgert ihr euch, mir so wohlfeil auf die Sprünge geholfen zu haben? Ich weiß nun das, was ich euch hätte teuer bezahlen müssen.“
    Er sah aber sofort ein, daß es besser sei, sie nicht unwillig zu machen; darum fügte er begütigend hinzu:
    „Na, euer Schaden soll es trotzdem nicht sein! Ich werde dafür sorgen, daß ihr mit mir zufrieden seid. Aber es ist sehr gut, daß ich nun klar sehe, euer Fehler läßt sich wiedergutmachen. Wißt ihr vielleicht, was jüngst mit dem Jungen geschehen ist?“
    „Nein.“
    „Auch nicht, daß er

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